Vor 62 Jahren war er schon einmal in Säckingen. Vor wenigen Tagen besuchte er die Stadt erneut – und erzählte von seinem spannenden Einsatz im bitterkalten Januar 1960. Paul Muser aus dem Elsass ist heute 81 Jahre. Er war Profitaucher. In jenem Winter vor 62 Jahren tauchte er drei Wochen lang jeden Tag in eiskalten Rhein. Was er und seine Kollegen als Industrier- und Bergungstaucher suchten: Blindgänger, Granaten, Munition, Panzerfäuste, Waffen – im Grunde alles, was in die Luft fliegen konnten, erinnert sich Paul Muser heute: „Es war richtig gefährlich.“

Paul Muser standen damals im Dienst der französischen Firma SoGeTram (Société Générale de Travaux Maritimes et Fluviaux). Zu dem Team gehörten vier Taucher, die den Rhein nach Explosivem absuchen sollten. Der Grund: Es gab Anfang der 60er Jahre konkrete Pläne für den Bau des Säckinger Rheinkraftwerkes. Baubeginn des Kraftwerks war 1961, Inbetriebnahme 1966.
Doch bevor irgendjemand eine Baggerschaufel in den Rheingrund rammen durfte, sollte der Boden über eine Länge von drei Kilometern sorgfältig abgesucht werden. Denn es war bekannt, dass viele Wehrmachtsangehörige beim Aufmarsch der Franzosen ihre Waffen und Munition schnell noch im Rhein entsorgt hatten. Auch französische Truppen sollen später deutsche Waffen in den Rhein geworfen haben. Außerdem hatte ein alliierter Bomber wenige Tage vor Kriegsende Fliegerbomben in den Rhein plumpsen lassen.

Die Taucher der französischen Spezialfirma waren jeden Tag auf Tauchgang. „Es hatte in jenem Januar minus zehn Grad und mehr“, erinnert sich Paul Muser. „Wenn wir rausgekommen sind, ist das Wasser auf unseren Tauchanzügen sofort zu Eis geworden.“ Es seien sehr schwierige Einsätze gewesen, berichte er. Auch das Rheinwasser müsse nahe null Grad gehabt haben, schätzt er. “Am Uferrand war es schon gefroren“.

Paul Muser war damals noch keine 20. Mit 17, so erzählt er, sei er zum Tauchen gekommen. Eigentlich war er gelernter Feinmechaniker und arbeitete im Rheinhafen von Straßburg. Der dortige Regionalchef der Spezialfirma Sogetram habe ihn angeworben. Und das Geld hat den jungen Mann gelockt. „Die haben richtig gut bezahlt“, erinnert sich Paul Muser.
Aber so einfach sei es nicht gewesen, denn erst mussten die Eltern überzeugt werden. Die waren gegen den gefährlichen Job. „Aber mein Vater sagte dann schließlich: Lassen wir ihn halt machen.“ 1959 absolvierte der 17-jährige Paul seinen ersten Tauchgang, wurde in der Tauchschule in Garennes-sur-Eure westlich von Paris ausgebildet und begann bei der Spezialfirma Sogetram als Profitaucher.

Die Firma wurden bei Unterwasser-Arbeiten aller Art eingesetzt. Paul Muser: „Betonieren, Ufersanierungen, Schleuseninspektionen, Reparaturen an Brückenpfeilern, alles, was anfiel – wir Taucher mussten jeden Tag drei Stunden unter Wasser arbeiten, und den restlichen Arbeitstag musste wir oben helfen.“
Aber der Einsatz im Rhein bei Säckingen, der war schon sehr speziell, weiß Paul Muser noch heute. „Man sieht die Hand vor Augen fast nicht“ – und das während man dabei ist, Bomben zu suchen. Das war selbst für die jungen Draufgänger nicht ganz ohne. Oft hätten sich Waffen auch in großen Kammern am Rheingrund gesammelt.
Aus dem Gedächtnis beschreibt er den Rheingrund so: Während an den Rädern Rheinkies lag, wurde es zur Mitte hin felsiger. In bestimmten Abständen seien riesige Löcher im Fels gewesen. „Groß wie ein Zimmer, ein richtiges Bassin, wenn man da drin stand war Ruhe, oben brauste der Rhein drüber.“ In solchen Schächten hätten sich immer wieder Munition und Waffen gefunden.

Manches hat er selber ans Tageslicht befördert, wie auch ein Bild aus 1960 beweist. „Bomben und Granaten aber nicht“, winkt er ab. Der Fundort wurde gekennzeichnet, den Rest besorgten dann spezielle Entschärfungskommandos.
Kurz nach seinem Einsatz in Säckingen absolvierte Paul Muser seinen Militärdienst in Algerien. Ab 1962 kehrte er zu seinem ersten Arbeitgeber, dem Hafen Straßburg, zurück. Dort war er weiter Taucher bis zur Pensionierung. Das Kuriose: „Eigentlich bin ich eher ein Bergmensch“, zuckt Muser die Achseln, privat habe es ihn immer mehr in die Alpen gezogen als zum Tauchen. „Tauchen war meine Arbeit, aber nicht mein Hobby“, denkt er zurück.

In unregelmäßigen Abständen kommt Paul Muser mit seiner Ehefrau Elfie noch immer gerne an den Hochrhein – quasi zu Familientreffen. Denn der deutschstämmige Muser hat noch Verwandte in Wehr.
Maria Denzinger, Ehefrau von Wehrs ehemaligen Bürgermeister Klaus Denzinger, ist eine geborene Muser, und Cousine von Paul. So wird er wohl auch künftig seinem früheren Einsatzort am Rhein bei Säckingen immer mal wieder einen Besuch abstatten und an früher denken.