Wer im Land keinen Kita-Platz für sein Kind bekommt, kann klagen. Denn seit über einem Jahrzehnt gibt es einen Rechtsanspruch, der Eltern einen Betreuungsplatz für ihre Kinder garantiert. Die Kommunen setzt dies freilich zusätzlich unter Druck. In den vergangenen Jahren sind auch im Landkreis Waldshut viele Millionen Euro in den Ausbau von Kindergartenplätzen gesteckt worden. Gleichzeitig drückt der Schuh vor allem beim Personal. Doch wie streitfreudig sind Eltern in der Region eigentlich, wenn es um den Kita-Platz geht? Wir haben nachgefragt.
Seit 2020 keine Klagen mehr
Für die Umsetzung der Rechtsansprüche verantwortlich ist der Landkreis Waldshut. Von dort fällt die Einschätzung eindeutig aus: „Die letzte Klage hatten wir 2020, außerdem wurden im selben Jahr auch zwei einstweilige Anordnungen auf Zuteilung eines Betreuungsplatzes beantragt“, schildert Susanna Heim, Sprecherin des Landratsamts Waldshut. Die Klage sowie ein Antrag auf einstweilige Anordnung seien abgewiesen gewiesen. Ein Antrag auf Zuweisung eines Platzes war erfolgreich.
Damit steht das Bild im Landkreis in einem eklatanten Gegensatz zur Gesamtlage im Land. Denn die Verwaltungsgerichte hatten jüngst berichtet, dass die Zahl der Klagen um Erteilung eines Kita-Platzes im vergangenen Jahr deutlich zugenommen habe. So wurden in Baden-Württemberg 222 Eilverfahren eingeleitet – 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Öffentliche Stellen bemühen sich um konstruktive Lösungen
Eine Erklärung, warum Eltern am Hochrhein beim Beschreiten des Klagewegs zurückhaltender sind, gibt es von der Landkreisbehörde nicht. Jugendamt und Kommunen seien allerdings sehr darum bemüht, „mit den Eltern in einem guten Austausch konstruktiv nach Lösungen zu suchen“, so Heim.
Das gravierendste Problem stelle dabei durchweg die Personalfrage dar, denn allenthalben mangle es an Fachkräften, während der Gesetzgeber einen bestimmten bestimmte Personalschlüssel für Betreuungsarten vorschreibe. Heim weiter: „Auf diesen Fachkräftemangel haben die Kommunen nur wenig Einfluss, tragen aber die volle Auswirkung davon.“
Die Folge sei, dass Betreuungsangebote an den Kitas eingeschränkt werden müssten. Derartige Einschnitte gebe es auch bei den Kommunen in der Region immer wieder.
Nachfrage in den Städten deutlich höher
Generell seien derweil durchaus Unterschiede bei der Nachfrage nach Plätzen zwischen Stadt und Land feststellbar: Städte müssten schon allein aufgrund eines zahlenmäßig höheren Anteils an Kindergartenkindern numerisch mehr Plätze vorhalten. Zudem fielen Zuzug und Wegzug stärker ins Gewicht, und es komme häufiger vor, dass beide Elternteile berufstätig seien, so Heim.
„In ländlichen Regionen kommen öfter noch familiäre Unterstützungsangebote hinzu – sprich Oma, Opa oder Tanten helfen bei der Betreuung.“ Der Druck, das Kind in eine Betreuungseinrichtung zu geben, sei folglich geringer.
Kommunen messen Betreuungsangeboten hohe Bedeutung bei
Tobias Gantert, Bürgermeister von Ühlingen-Birkendorf und Sprecher der Bürgermeister im Landkreis, hält derweil fest: „Allgemein ist sicherlich festzustellen, dass den Städten und Gemeinden die große Bedeutung eines guten Betreuungsangebotes sehr bewusst ist.“

Gerade deshalb tue jede Stadt und Gemeinde ihr Möglichstes dafür, den Bedarfen der Familien gerecht zu werden. Gantert weiter: „Die Betreuungskapazitäten wurden in den vergangenen Jahren flächendeckend massiv ausgebaut. Das war und ist eine große Herausforderung, gerade in finanzieller und personeller Hinsicht.“ Dass das Ganze in Form von „Rechtsansprüchen zementiert“ sei, vergrößere die Herausforderung.
„Kita-Plätze werden nicht zurückgehalten“
Vorwürfe, die Kommunen könnten Kita-Plätze bunkern, um für Klagen gewappnet zu sein, wie sie aus Kreisen von Rechtsanwälten klagender Eltern geäußert werden, weist das Landratsamt unterdessen entschieden zurück.
Das Zurückhalten von Betreuungsplätzen aus strategischen Erwägungen sei im Landkreis nicht bekannt, betont Heim. Es könne höchstens vorkommen, dass zum Beginn eines Kindergartenjahres nicht alle Plätze belegt seien. Denn der Rechtsanspruch sehe auch vor, dass Kinder aufgenommen werden müssen, die im Laufe des Jahres das entsprechende Alter erreichen.