Wie massiv sind die Waldschäden im Landkreis?
Wie das Forstamt des Landkreises Waldshut auf Nachfrage unserer Zeitung darstellt, sind die Klimafolgeschäden in dieser Gegend „in besonderem Maße sicht- und spürbar“. Bis Ende August wurden demnach im gesamten Landkreis in allen Waldbesitzarten über 475.000 Festmeter Holz eingeschlagen.
Über 90 Prozent der Holzmenge seien laut Forstamt auf die Trockenheit und die damit einhergehenden Borkenkäferschäden sowie den Sturm „Sabine“ im Frühjahr 2020 zurückzuführen.
Welche Auswirkungen haben diese Schäden für die Wälder?
Die seit 2018 andauernde Trockenheit und die in der Folge dynamisch fortschreitende Käferkalamität verändern das gewohnte Landschaftsbild in einer nicht für möglich gehaltenen Geschwindigkeit. „Im Vergleich zum Jahrhundertsommer 2003 und den Folgejahren hat sich das jährlich Käferholzaufkommen um den Faktor zwei bis drei erhöht.“
Von den ursprünglich 31.900 Hektar Wald, in denen die Fichte dominierte, wurden in den vergangenen drei Jahren bereits 2.000 Hektar absterbende Waldbestände vorzeitig eingeschlagen, so das Forstamt. Weitere 2.000 Hektar ständen „weithin sichtbar als braune Dürrständer“ im Wald und warteten auf Einschlag. Allerdings seien auch Tannen und Laubbäume erheblich betroffen.
Nach Analysen der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg ist bei einer andauernden Klimaveränderung mit einer Halbierung der fichtendominierten Bestände auf rund 16.000 Hektar zu rechnen.
Gibt es Unterschiede zwischen Rheintal und Höhenlagen?
In den tieferen Lagen sind die Schäden wesentlich größer. So hat der Fichtenanteil in wenigen Jahren um geschätzt zehn Prozent abgenommen. Unter 500 Metern Höhe sei die Prognose für die Fichten ohnehin sehr schlecht. In den Lagen über 800 Metern Höhe, mit besser wasserversorgten Böden, seien derweil rechtzeitige Waldschutzmaßnahmen mit dem schnellen Einschlag und Abtransport käferbefallener Bäume noch immer erfolgsversprechend, so das Forstamt.
Inwieweit lässt sich der entstandene Schaden finanziell festlegen?
Bereits jetzt sei nach Einschätzung des Forstamts hinsichtlich des Wertverlustes beim Holzverkauf von einem finanziellen Schaden von mehr als 50 Millionen Euro auszugehen. „Die Auswirkungen auf das Ökosystem Wald sind beträchtlich und monetär nicht zu beziffern“, heißt es in einer entsprechenden Auskunft der Behörde. Hinzu kommen die Sorgen um die teure Wiederbewaldung.
Wie ist die Lage in der Region im Vergleich zur Bundes- und Landesebene?
In Deutschland treten in mehreren Bundesländern massive Waldschäden auf. Unter anderem seien in Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz „bereits ganze Landstriche entwaldet bzw. abgestorben“, so das Forstamt.
Was den Niedergang der Fichte in Baden-Württemberg anbelangt, sei die Lage im Landkreis Waldshut dagegen einmalig – zumindest bis jetzt. Ob die sicher geglaubten Fichtenbestände in den Hochlagen des Schwarzwaldes ebenfalls noch betroffen sein werden, hänge stark vom weiteren Witterungsverlauf ab.
Wie stark trifft die Entwicklung private Waldbesitzer?
Gravierend sind die Auswirkungen für Privatwaldbesitzer, gerade weil in privaten Wäldern der Fichtenanteil häufig überdurchschnittlich hoch sei, so das Forstamt. Hier seien teilweise Totalverluste zu beklagen: „Für sie ist das Absterben des eigenen Waldes sowohl als finanzieller Einschnitt als auch emotionaler Verlust zu sehen.“ Die strukturellen Probleme des Kleinprivatwaldes im Realteilungsgebiet wirken sich in dieser Krise sehr nachteilig für die Holzaufarbeitung, die Holzvermarktung und Wiederbewaldung aus.
Gibt es Unterstützung für Waldbesitzer?
Als finanziellen Ausgleich hat das Ministerium für ländlichen Raum kürzlich die stark erweiterte Förderrichtlinie Naturnahe Waldwirtschaft (NWW) herausgegeben. Mit ihrer Hilfe sollen die Folgen von Extremwetterereignissen abgemildert und die Wiederbewaldung und der klimabedingte Waldumbau zu einem klimastabileren Mischwald gelingen. Zu den Fördermöglichkeiten wird der Landkreis in Kürze ausführlicher informieren.