Zu Fuß haben sich die Schüler einer Familienklasse der Alemannenschule Wutöschingen mit ihrem Lehrer Dominik Scherer auf den Weg zum Lindenhof gemacht. Erwartungsvoll und interessiert kommen sie auf dem Hof an. „Die Kinder“, so berichtet der Lehrer, „freuen sich sehr darauf, Tiere zu sehen, zu füttern und zu streicheln, aber auch ihr Wissen über Ernährung einzubringen und zu ergänzen.“

Aber warum sind die Kinder überhaupt hierher gekommen?

Hintergrund des Besuchs ist ein durchaus ernsthafter. Denn im Rahmen des Projekts „Lernort Bauernhof“ lernen die Schüler die Landwirtschaft sehr direkt kennen.

„Wir empfangen und unterrichten auf dem Lindenhof seit 14 Jahren Schulklassen“, so Christine Burkhard, die Bäuerin vom Lindenhof, die sich als Agraringeniuerin und Bauernhofpädagogin mit der Thematik auskennt. Die Schüleraufenthalte auf dem Bauernhof seien nach dem Konzept der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ strukturiert.

Schüler tauchen unmittelbar in die Lebensmittelproduktion ein, und mit spielerischem Mitarbeiten lernen sie den Wert von Lebensmitteln kennen. Sie erfahren, wie Pflanzen abhängig von Boden, Wetter und Landschaft wachsen, gegenüber Tiere Verantwortung zu zeigen und Achtsamkeit mit Lebendigem zu üben.

So läuft Bauernhofpädagogik in der Praxis

Zunächst bringen die Kinder, im Stuhlkreis auf Baumhockern sitzend, ihre Vorstellungen und Kenntnisse über Tiere und Pflanzen auf dem Bauernhof ein. Spielerisch, mit Accessoires aus einem zugedeckten Korb, aus dem jedes Kind ein Stück herausholen kann, erarbeiten sie mit Sabine Büche, einer ausgebildeten Bauernhofpädagogin, dass wir von Kühen und Ziegen Milch, Käse und Fleisch erhalten, von Hühnern und Gänsen Eier und Fleisch, während Hund und Katze eben Haustiere sind und Pferde heute eher der Freizeitbeschäftigung dienen.

Mit der Landwirtschaft auf Du und Du: Im Rahmen des Projekts „Lernort Bauernhof“ besuchen Schülergruppen auch den Lindenhof ...
Mit der Landwirtschaft auf Du und Du: Im Rahmen des Projekts „Lernort Bauernhof“ besuchen Schülergruppen auch den Lindenhof in Wutöschingen. Insgesamt sind im Kreis Waldshut 15 Bauernhöfe mit von der Partie. | Bild: Matthias Werner

Im Korb sind Honig, Mais, Getreide, Gras und Stroh, Käse und Wurst, sogar ein Kuhhorn, um den Kindern zu zeigen, wie vielfältig Landwirtschaft ist und wie unsere Nahrung hergestellt wird. Nach der Aufforderung, ganz still zu sein und ruhig zu sitzen, legt die Pädagogin jedem Kind einige Weizenkörner auf einen Schuh. Dann bringt sie ein Huhn in den Kreis, das unerschrocken nach und nach alle Körner von den Schuhen der Kinder wegpickt.

Nächste Station ist der Hühnerstall, wo, wer möchte und sich traut, ein Huhn auf den Arm nehmen kann. Mit Freude bringt Sabine Büche einige frisch gelegte Eier aus den Nestern. Mit kleinen Schubkarren für das Futter und viel Begeisterung ausgerüstet, geht es nun zu den Milchziegen und später zu den Eseln, denen die Kinder das aufgeladene Heu aus ihren Schubkarren reichen.

Im Ziegenstall müssen die Kinder die Hände auf dem Rücken halten, damit keine Krankheiten auf die empfindsamen Tiere übertragen werden können. Im Melkstand erfahren die Kinder, wie dieser funktioniert. Mit dem Besuch des streng riechenden Ziegenbocks endet der Rundgang auf dem Hof. In der Gesprächsrunde im Anschluss können die Kinder ihre Eindrücke schildern und Fragen stellen. Mit einer Spielrunde schließt der Besuch auf dem Lindenhof.

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Hintergründe des Angebots Bauernhofpädagogik

Die zunehmende Entfremdung von Erzeugern und Verbrauchern war Anlass für die Überlegungen der Landwirtschaft, eine Initiative zu starten, deren Zielsetzung die Intensivierung des verloren gegangenen Bezugs zur Landwirtschaft wieder herzustellen.

So wurde das Konzept Bauernhofpädagogik entwickelt. Die Idee für den „Lernort Bauernhof“ entstand, weil in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der Bauernhöfe rasant zurückgegangen ist, und die meisten Betriebe nicht mehr in den Ortschaften, sondern außerhalb liegen.

Dies führte dazu, dass die Bevölkerung die Arbeit der Bauern kaum mehr kennt und viele sich nicht mehr vorstellen können, was in den Ställen, auf Feldern und Äckern geschieht. In großen Städten meinen manche Kinder inzwischen, die Milch stamme aus Automaten und nicht von der Kuh.

Wissenswertes rund um den Bauernhof und Eintauchen in die Arbeit

Auf geschulten Betrieben lernen vorwiegend Kinder und Jugendliche, manchmal aber auch Erwachsene, wie Kälber und Kühe gehalten werden, warum Bienen wichtig für unsere Ernährung sind, wie aus Milch Käse wird, dass ein Huhn pro Tag nicht mehr als ein Ei legen kann und die Eierfarbe nur von der Rasse abhängt. Im Unterschied zu vielen Schulfächern wird dabei nachhaltiges und effizientes Lernen durch Sinneserfahrung ermöglicht.

Angebote von Schulbauernhöfen reichen von Hofführungen über Projekte zu Schwerpunktthemen bis hin zu mehrtägigen Aufenthalten, bei denen die Kinder aktiv auf dem Hof mitarbeiten. Unterschiedliche Schularten und Klassenstufen werden durch speziell auf sie angepasste Lernmöglichkeiten angesprochen.

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