In Werkstätten entsteht Kreatives. Dabei muss nicht immer gehämmert und gesägt werden. Werkzeug ist aber meist im Spiel. In einer Serie werfen wir einen Blick in verschiedene Werkstätten der Region und sind überrascht, was es alles zu finden gibt. Heute: Der Landschaftsarchitekt und passionierte Fotograf Roland Senger hat sich zuhause eine Dunkelkammer eingerichtet.
Mit einer alten Mittelformatkamera
Vor vier Jahren hat Roland Senger seine Leidenschaft für die klassische analoge Fotografie entdeckt. Seine Aufnahmen entstehen mit einer alten Mittelformatkamera und speziellen Objektiven, von denen eins aus dem Jahr 1936 stammt. „Das sind schwere Teile, da kommen schon mal zwei Kilo zusammen“, erzählt Senger über seine Ausrüstung, „es funktioniert alles rein mechanisch, das fasziniert mich.“
Er hat ein präzises Auge für die Natur
Das Fotografieren mit einem Film, auf dem nur zehn oder zwölf Bilder sind, findet er weitaus entspannender als das schnelle Klicken. „Wenn ich nur zwei Fotos in einer Stunde mache, ist das für mich wie eine Meditation und ermöglicht mir eine ganz andere Sicht auf die Natur“, sagt der 1963 geborene Rheinfelder, der schon von Berufs wegen als Landschaftsarchitekt ein präzises Auge für Natur hat.
Am liebsten in der Dämmerung unterwegs
Am liebsten ist er in der Abendstimmung und in der Dämmerung unterwegs, oft im Wald, wo er mystische Naturaufnahmen macht, von Pflanzen am Wegrand, von Bäumen, durch die diffuses Licht fällt, von Farnwedel, Brennnesseln, Blättern, Zweigen, Gras, filigranen Buchenknospen, bemoosten Steinen und Wasserspiegelungen am Bach: zarte Naturstrukturen und atmosphärische Stimmungen, die etwas Poetisches, Geheimnisvolles, auch Nostalgisches ausstrahlen.
Die spannende Arbeit danach
Nach den fotografischen Streifzügen in der Natur beginnt die Arbeit in der Dunkelkammer, die für Senger etwas besonders Spannendes hat, weil er bei diesem kreativen Prozess, wie er sagt, künstlerisch Einfluss nehmen kann auf die Bilder, auf die Kontraste von Licht und Schatten, auf die malerisch wirkenden Effekte.
Mit wenigen Handgriffen baut Senger einen separaten Raum zur Dunkelkammer um, in dem Rotlicht fest installiert ist, „damit man wenigstens ein bisschen etwas sieht, es aber den Fotos nichts ausmacht.“ Das Vergrößerungsgerät, das er verwendet, hat er über eine Anzeige bei Ebay von einem Kunststudenten in Freiburg ergattert.
Fingerspitzengefühl beim Einlegen
Zunächst werden die Negative in einer Entwicklerdose entwickelt, wobei das Einlegen gewisses Fingerspitzengefühl braucht. Senger verwendet dafür einen Dunkelsack. Die entwickelten Negative werden eingescannt, damit Senger eine Vorauswahl treffen kann, welche er in der Dunkelkammer bearbeitet. Dort hat er Entwickler- und Fixierbad sowie diverse Schalen parat und richtet alles her für die spezielle „Zwei-Bad-Lith-Entwickung“. Das heißt, bei dem Verfahren kommen zwei Entwicklungsbäder zum Einsatz. Die Negative werden am Vergrößerer eingelegt und auf das Fotopapier projiziert.
Die Belichtung bringt besondere Effekte
„Das muss in der Dunkelheit passieren. Es ist immer spannend, was herauskommt“, sagt der Fotograf über die Handabzüge der Schwarzweiß-Negative auf Barytpapier in Lithprint-Technik, in der ein stark überbelichtetes Fotopapier bei Dunkelkammerbeleuchtung entwickelt wird. Gerade durch die Belichtung lassen sich besondere Effekte herausholen, starke Kontraste von Licht und Schatten, kräftige Dunkel-Hell-Töne. Mit dem zweiten Bad kann Senger dann durch Brauntönungen und malerische nuancierte Töne die Kontraste abmildern.
Andere tun es mit dem Photoshop
Was er in langwierigem Prozess mittels Chemikalien erreicht, „machen andere am Computer mit Photoshop“. Nach dem Entwicklerbad muss das Papier ins Stopp-Bad, wo es drei Minuten lang bewegt wird, und dann ins Fixierbad. Schließlich muss das Papier gründlich gewässert werden, über 20 Minuten lang. Dann werden die Arbeiten auf Glasplatten aufgelegt und mit Papierklebeband fixiert. Der Trocknungsprozess auf den Glasplatten dauert eine ganze Nacht .
Das alles hat etwas Magisches
„Die Dunkelkammer hat auch etwas Mystisches“, sagt Senger. „Ich empfinde das aber nicht als Anstrengung, sondern als eine Art von entspannter Konzentration. Wenn auf dem weißen Fotopapier ganz langsam das Bild erscheint, erst schemenhaft, dann immer kräftiger, hat das schon etwas Magisches.“ Die so entwickelten Fotoarbeiten sind aufgrund des aufwändigen Verfahrens immer Unikate, betont Senger, der seine Aufnahmen maximal auf 40 mal 40 Zentimeter vergrößern kann. Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft analoge Fotografie Deutschland tauscht er sich gern mit Gleichgesinnten aus. Eine Auswahl seiner atmosphärischen Naturaufnahmen zeigt der Fotograf in seiner ersten Einzelausstellung bis zum 30. September im Hotel Eden am Park in Rheinfelden/Schweiz.