Wegen massiver Gewaltausbrüche, Körperverletzungen und Handels mit Cannabis und Kokain hat das Jugendschöffengericht in Lörrach einen heute 22-Jährigen zu einem Jahr und acht Monaten Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Taten hatten sich in den Jahren 2018 und 2019 in der Rheinfelder Stadtmitte ereignet.
Die Polizei war aufmerksam geworden
Ende 2018, Anfang 2019 häuften sich in der Friedrichstraße Gewalt- und Drogendelikte, berichtete ein Kriminalbeamter vor Gericht. Sie setzte eine Ermittlungsgruppe darauf an. Ein Zeuge sagte aus, der Angeklagte handele, womöglich mit seinem in Rheinfelden drei Lokale betreibenden Vater, mit Cannabis, Kokain und Heroin. Der Freund der Schwester liefere die Drogen.
Voriges Ermittlungsverfahren
Bereits im Juli 2018 hatte es ein Ermittlungsverfahren gegeben, nachdem ein Mann in einer Seitenstraße der Friedrichstraße von mehreren Personen so schwer zusammengeschlagen worden war, dass seine Milz entfernt werden musste. Einer der Täter war der Angeklagte. Das Opfer war in Drogengeschäfte verstrickt und habe geschwiegen, sagte der Kriminalpolizist.
Überwachung
Die Polizei überwachte Telefone, die drei Lokale und den Wohnort des Lieferanten. Auch Informanten und verdeckte Ermittler waren im Einsatz. Sie bewiesen, dass der Angeklagte und der Freund der Schwester mit Kokain handelten. Einmal verkaufte der Angeklagte einem verdeckten Ermittler Drogen. Er habe einen Teil der Friedrichstraße als seinen Bereich angesehen, so der Beamte.
Als ein Mitglied einer mit ihnen verfeindeten Gruppe vorbeifuhr, hielt der Angeklagte ihn an, stritt mit ihm und schlug auf ihn ein. Der andere zog eine Schreckschusspistole, um sich zu verteidigen. Der Angeklagte holte ein Stuhlbein, schlug eine Scheibe am Auto des Kontrahenten ein und mit dem Freund der Schwester auf den Mann, bis dieser blutüberströmt am Boden lag.
Gewaltvideos
„Der Angeklagte neigte zu Gewaltexzessen und ist aus geringsten Anlässen explodiert“, so der Polizist. Zudem habe er die schwer verletzten Opfer gefilmt und sich mit den Taten gebrüstet. Durch Sicherstellung des Handys und von Videoaufzeichnungen aus den Bars kamen weitere Gewalttaten ans Licht.
Weitere Taten
So sprang der Angeklagte einen Mann, der in eine Auseinandersetzung verwickelt war, von hinten an und verletzte ihn mit Faustschlägen erheblich. In einem anderen Fall schlug er auf einen Mann, der an der Theke stand, ein und trat diesen, als er am Boden lag. Der Polizist berichtete außerdem, schon 2018 sei am Sportplatz in Rheinfelden ein Mann zusammengeschlagen worden und der Angeklagte habe auf Whatsapp geschrieben: „Hat Spaß gemacht.“
Drogenhandel
In Lokalen des Vaters sowie an öffentlichen Plätzen in Rheinfelden verkaufte der Angeklagte laut den Ermittlern Drogen. Demnach finanzierte er seinen Konsum und erhielt Taschengeld. Er habe auf der deutschen Seite der alten Rheinbrücke Schmiere gestanden, damit der Freund der Schwester Drogen aus der Schweiz transportieren konnte, die der Angeklagte in seinem Keller versteckte. Einmal habe er jemanden massiv unter Druck gesetzt, der bei ihm Schulden hatte.
Besserung
Am 26. August 2019 wurde der Angeklagte verhaftet und saß drei Monate in Untersuchungshaft. Seit seinem Hauptschulabschluss 2015 hatte er nichts mehr beruflich gemacht und sich nur in kriminellem Milieu herumgetrieben. Die Haft öffnete ihm die Augen, die Drogenabstinenz habe wie zu einer Wesensveränderung geführt, berichtete der Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe.
Die Gewalttätigkeit und Grenzenlosigkeit führte er auf die Drogen zurück. Seit fast einem Jahr geht der Angeklagte einer geregelten Arbeit nach, im September beginnt er eine Ausbildung. Zu neuen Straftaten kam es seit seiner Haftentlassung nicht. Alte Kontakte hat er abgebrochen, bei seinem Vater ist er ausgezogen. Der 22-Jährige gab alle Taten zu und ersparte dem Gericht so eine zeitaufwendige Beweisaufnahme.
Die Strafe
Der Staatsanwalt forderte eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Verteidigerin Anette Scharfenberg beantragte eine Jugendstrafe von 18 Monaten auf Bewährung. Das Jugendschöffengericht verhängte ein Jahr und acht Monate Jugendstrafe. Als Bewährungsauflage muss der Angeklagte 3000 Euro an den Arbeitskreis Rauschmittel zahlen.