Dora Schöls

„Ernüchternd“ sind die Zahlen, stellte Bürgermeisterin Diana Stöcker in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses fest: Die Stadt braucht dringend mehr Betreuungsplätze für Kinder. Drei Erweiterungen hat die Stadt schon ins Auge gefasst, ohne weitere Maßnahmen fehlen im Jahr 2022 aber trotzdem noch 71 Plätze.

Wie viele Plätze fehlen der Stadt?

In diesem Jahr hat die Verwaltung erstmals selbst die Bedarfsplanung für die Kindertagesstätten erstellt und damit knapp 6000 Euro gespart, erklärte Simone Fuchs, Abteilungsleiterin für Frühkindliche Betreuung. Anders sind diesmal auch die Planbezirke: Statt sechs hat man die Stadt in drei Bezirke geteilt.

Zum Plangebiet Rheinfelden gehören nun auch Nollingen und Warmbach, Herten-Degerfelden und der Dinkelberg bleiben eigenständige Planungsgebiete. Denn: „Die Eltern entscheiden nicht nur nach dem Wohnort, sondern auch nach dem Betreuungsangebot, der Konfession oder der pädagogischen Ausrichtung.“

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Unter Einbeziehung verschiedener Faktoren wie der bisherigen Bevölkerungsentwicklung, Geburtenraten oder Wohnbaumaßnahmen hat die Stadt also ermittelt, wie viele Plätze künftig fehlen. Schon im kommenden Jahr sind es 167 Plätze, 75 davon im U3- und 92 im Ü3-Bereich. Wegen einer vergleichsweise hohen Spitze für 2022 fehlen in zehn Jahren zwar etwas weniger, aber immer noch 153 Plätze.

„Das muss man erstmal sacken lassen“, gab Fuchs zu. U3, Ü3, vor allem Ganztag, aber auch verlängerte Öffnungszeiten, überall fehlen Plätze. Auch mehr Inklusionsplätze muss die Stadt schaffen. Seit 2019 sinke die Geburtenrate zwar zum ersten Mal seit Jahren leicht – das könne aber an der Pandemie liegen.

Was kann die Stadt tun?

Da das Betreuungsangebot eine Pflichtaufgabe der Kommune ist, sei die Frage nicht, „ob wir das wollen, sondern wie schnell wir die Plätze schaffen können“, so Fuchs. Bereits geplant sind drei Maßnahmen, für die schon Geld im Haushalt eingestellt ist. Die städtische Kita Bienenkorb in Karsau soll von 85 Plätzen auf 110 Plätze ausgebaut werden, die evangelische Pauluskita soll von 60 auf 95 Plätze wachsen und in einem neuen Waldkindergarten sollen 20 Plätze entstehen.

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Zieht man diese Plätze ab, bleibt noch ein Minus von 71 Plätzen im Jahr 2022. Überprüft werden nun weitere sieben Ausbauoptionen. Die Alte Schule in Herten könnte man zu einer Kita mit 70 Plätzen umbauen. In der katholischen Kita Arche Noah in Nollingen könnten zehn Krippenplätze entstehen, in der St. Elisabethenkita in Minseln zwölf neue altersgemischte Plätze.

Den Kindergarten Sonnenschein könnte man um zehn Krippenplätze erweitern, das Kinderhaus Osypka um 20 Kita-Plätze. In Adelhausen sind bis zu neun Plätze in einer Tagespflege angedacht. Schließlich steht auch eine interkulturelle Einrichtung in der Römerstraße mit 80 Plätzen auf der Liste – als zwei Einrichtungen unter einem Dach. Sollten diese Optionen alle umgesetzt werden, hätte die Stadt 2026 laut Prognose 35 Plätze zu viel.

Wie gewinnt die Stadt Fachkräfte?

Neben den Kosten für den Ausbau der Einrichtungen ist auch der Fachkräftemangel ein Problem. Die Stadt hat deshalb ein Konzept entwickelt: Aktiv werden Praktikanten und Quereinsteiger angeworben, man bietet Erziehenden Unterstützung bei der Wohnungssuche und garantiert einen eigenen Kita-Platz, man stellt immer unbefristet ein. Es gibt Arbeitskleidung, Weiterbildung, kostenloses Obst und Getränke – und wo möglich auch flexible Arbeitszeitmodelle. Aber es bleibe schwierig: Auf eine bundesweite Anzeige in einer Fachzeitschrift habe sich niemand gemeldet, so Fuchs.

Was sagt der Ausschuss?

Angesichts der Prognose sahen die Ausschussmitglieder, dass Handlungsbedarf besteht – sie betonten aber, wie schwierig das angesichts der Haushaltslage ist. „Wir müssen da zugreifen, wo sich Möglichkeiten ergeben“, sagte Eveline Klein (SPD). Ob nicht auch die Schulentwicklungsplanung auf dem Dinkelberg neue Möglichkeiten biete, wollte sie wissen. Man habe auch neue Optionen im Blick, so Bürgermeisterin Stöcker. Beim Tagespflege-Projekt in Adelhausen sei das Problem, so Stöcker, dass die Wohnung, die dafür gedacht war, bewohnt sei. „Wir sind dran.“

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Auf Nachfrage von Rita Rübsam (Freie Wähler) zur Standortsuche für den Waldkindergarten in Nordschwaben, die sich als schwieriger als gedacht erweist, sagte Stöcker, es seien drei Standorte im Gespräch. Falls es in Nordschwaben nicht klappt, werde man anderswo suchen – „dann wird es dieses Jahr aber nichts mehr“. Sie könne bei dem Thema die Reaktion des Ortschaftsrates nicht nachvollziehen, sagte Anette Lohmann (Grüne). „Der Standort erfüllt alles.“

Die Diskussion um Kita-Plätze sei immer „mühsam“, gab Pfarrer Joachim Kruse zu, nicht nur beim Waldkindergarten, auch bei der interkulturellen Kita. Gleichzeitig seien auch die freien Träger „an der Grenze des Machbaren“, finanziell und personell. Kruse regte an, die Industrie stärker mit einzubinden. Der Ausschuss empfahl dem Gemeinderat einstimmig, weitere Ausbauoptionen zu prüfen.