Rheinfelden-Karsau – Der Narrenbaum in Karsau steht: eine rund 16 Meter hohe Fichte, entastet und geschält, im Wipfel mit bunten Bändern geschmückt, verankert auf einem Anwesen auf der sogenannten Kreuzgasse, der Kreuzung Kreisstraße und Karsauer Straße. Richtig deutlich sahen ihn die Karsauer erst am nächsten Morgen, denn im Rheinfelder Ortsteil mit der autonomen Fasnacht wird der Narrenbaum am Abend des Ersten Faißen, also im Dunkeln, gestellt.

Das Narrenbaumstellen begann mit einem Umzug durch die Forststraße zum Feuerwehrgerätehaus und zurück, die Moschtbiremusik mit Stirnlampen voran, gefolgt von närrischem Volk und allen Karsauer Cliquen, darunter die Füürgeischter mit Fackeln. Den Schluss bildete der Traktor mit dem Baum im Schlepptau, begleitet von der Michel-Clique, die den Baum im Karsauer Wald geschlagen hatte. Einen Schluck Hochprozentigen gab es auf halbem Weg vor einer Garage in der Forststraße.

Zurück auf der Kreuzgasse trugen die Michel den Baum mit vereinten Kräften an die Haltevorrichtung, die an einer Gartenmauer befestigt ist. Die Michel-Clique drückte von unten, während die Wilden-Clique den Baum an Seilen von oben vom Hochgarten aus zog. Laut Wilden-Mitglied Sandro stand der Narrenbaum noch nie so gerade wie in diesem Jahr.

Während der Baum in der Haltevorrichtung verkeilt wurde, hielt Zunftmeister Marcel Maienknecht seine kurze Ansprache, dankte den beteiligten Fasnächtlern und den Feuerwehrleuten aus Karsau, die wie jedes Jahr die Kreisstraße für den Verkehr sperren – „obwohl sie jetzt zu den Kanälern gehören“. Maienknechts Rede wurde unterbrochen vom Linienbus, den die Feuerwehr durchließ. Nach dem Narrenbaumstellen feierten die Karsauer Narren in der Trotte weiter.

Traditionell schlägt die Michel-Clique den Narrenbaum an einem Samstag, dieses Jahr am 25. Januar. Dabei helfen alle mit, Männer und Frauen, wie Cliquenchefin Elena Bohsung betont – anders als etwa bei der Schmugglergilde Warmbach, bei der nur die Männer den Rheinfelder Narrenbaum schlagen. Vergangenes Jahr fällte Bohsung selbst den Baum mit der Motorsäge; dieses Jahr kam die Mutter eines sieben Monate alten Mädchens erst später dazu, als der Baum schon an der Jägerhütte der Saatschule lagerte.

Dort warteten Vertreter aller Cliquen auf die Ankunft der designierten Moschtbirekönigin Kathi I. Mit ihrem Gefolge aus Marschall, Eltern und Cliquenkollegen der Andresegeischtern schälte sie den Baum. „So will es die Tradition der Michel-Clique“, sagte Kathrin Roniger alias Kathi I. am Donnerstagabend unter dem Baum. Sie habe sich schnell mit dem Schäleisen zurechtgefunden. Laut Bohsung brauchten Königin und Hofstaat zweieinhalb Stunden für den ganzen Stamm.

Wo der Baum dann aufbewahrt wird, verrät die Michel-Clique dem Autor dieses Artikels; der darf es aber nicht schreiben. „Die Minsler könnten sonst kommen und ihn kürzen“, rechtfertigen die Cliquen-Mitglieder ihre Geheimniskrämerei. Sie selbst würden den Minsler Narrenbaum höchstens aus Vergeltung kürzen, versichern sie mit Schalk: „Wir würden nie anfangen.“