Reisen in Zeiten von Corona, das scheint vielen unmöglich. Vier Zimmermänner auf der Walz wandern trotz allem durch die Lande. Bei der Familie von Zimmermannsgeselle Robin Lämmle aus Degerfelden, gerade selbst auf der Walz, haben die Vier für einige Tage eine Unterkunft gefunden – und berichten von der Walz in Pandemiezeiten und ihren großen Zielen.
Im Juni des vergangenen Jahres ging der Degerfelder Zimmermannsgeselle Robin Lämmle auf die Walz, wir berichteten darüber. Vergangene Woche fanden sich Zimmermänner aus einer anderen Gegend, im Herbst 2020 losgezogen, in Rheinfelden ein. Bei der Familie von Robin Lämmle fanden sie für ein paar Tage und Nächte Unterkunft, lebten coronakonform in zwei separaten Wohnungen. „Dem Robin, ja uns allen, geht es gut“, erzählen sie und bekräftigen: „Auf der Walz zu sein ist auch in diesen schwierigen Zeiten sehr schön, lehrreich und interessant.“
Erste Grenzüberschreitung
In Nürnberg haben sich die wandernden Zimmermannsgesellen zuletzt mit Robin und anderen getroffen, bevor sich ihre Wege wieder trennten. Die nächste Zusammenkunft soll in der Schweiz sein, eben so, wie es die Pandemie im Frühjahr zulässt. Für sie wird es die erste Grenzüberschreitung auf der Walz sein. „Bisher haben wir uns ausschließlich in Deutschland aufgehalten, von ganz oben im Norden bis jetzt im Südwesten“, erzählt Raffael Funk, der seit sechs Monaten auf der Walz ist und aus Stuttgart kommt. Er und der 23-jährige Micha Geutes sind momentan gemeinsam unterwegs.
Julian Boennen, ein Nordfriese, und Jorge Pries, der mit 19 Jahren der Jüngste ist, ziehen ebenfalls von Bundesland zu Bundesland. Alle Vier zusammen haben bewusst den Treffpunkt in Degerfelden ausgesucht. „Es ist üblich, dass man hin und wieder zu einer Familie eines Walz-Kollegen reist. Ansonsten wohnen wir bei fremden Leuten oder in einer Gesellenherberge,“ berichtet Boennen.
Die Zimmermänner reisen zu Fuß, mit dem Zug oder per Anhalter – wobei wegen der Corona-Regeln immer nur ein Zimmermann ins Auto steigen darf. Egal, ob man die jungen Burschen mit dem Auto mitfahren lässt, bei sich zuhause aufnimmt oder ihnen Arbeit gibt: Fürchten müsse man sich nicht vor ihnen, sagen sie. „Sich an die Regeln halten und einen guten Eindruck machen, ist oberstes Gesetz, davon profitieren dann immer auch die anderen, die sich auf die Walz begeben“, sagt Micha Geutes.
„Das sind feine, junge Männer“, bestätigt auch Robin Lämmles Großmutter. Sie hat die Vier mit Kartoffelsalat, heißen Würstchen und einem Apfelkuchen gerne verwöhnt. Auf die Frage, wie es in dieser Zeit mit der Arbeit aussieht, sind die Männer sich einig: „In jeder Stadt gibt es Arbeit für uns – wenn wir wollen.“ In jeder Zimmerei würden sie positiv aufgenommen. Oft fehlten im Betrieb urlaubs- oder krankheitsbedingt Mitarbeiter.
Dass aktuell die Gasthäuser geschlossen sind, finden die Gesellen weniger schön. Denn, so Jorge Pries: „Dann würden wir noch mehr Menschen kennenlernen und Freundschaften schließen.“ Alle Vier haben sehr kurze Haare und Raffael hebt sich mit einem Schachbrett-Musterschnitt hervor. Wie das in Zeiten von geschlossenen Friseursalons funktioniert, dazu sagt Raffael Funk lachend: „Der Julian, der weiß, wie man mit einem Rasierapparat umgeht.“
Lothar Knorr, der die jungen Gesellen aus dem hiesigen Raum in der Theorie auf die Walz vorbereitet, spricht von einer „momentan schwierigen Zeit“. Dennoch sagt der Zimmermeister im Ruhestand, der selbst sechs Jahre auf der Walz war und heute ein privates Walz-Museum in Brombach betreibt: „Aufgeben wegen Corona darf man nicht. Und Arbeit gibt es genug.“ Auch die vier jungen Menschen lassen sich nicht aufhalten, sie haben klare Ziele. „Einmal um den Globus“, sagt Micha Geutes. „Cool wäre es, am Schluss auf jedem Kontinent gewesen zu sein“, sagt Raffael Funk. „Über Skandinavien nach Kanada“, will Julian Boennen und für Jorge Pries haben Kanada und Neuseeland oberste Priorität. Trotz Corona.