Heinrich Thoma strahlt und ist glücklich, denn auf seinem Trockenbiotop in der Nähe des Golfplatzes in Rickenbach ist gerade sehr viel los; jeder seiner Schritte wird begleitet von aufgeregten Heuschrecken, bunte Schmetterlinge flattern auf die nächsten Blüten, kleine Fliegen summen vorbei, auch Bremsen sind unterwegs. Und die Wiese ist die Heimat der unterschiedlichsten Wiesenpflanzen und Gräser. „Ich hätte gar nicht gedacht, dass jetzt so vieles gerade blüht hier – überall sehe ich Ruchgras, dort stehen Glockenblumen, Witwenblumen und Flockenblumen und hier blüht das Gelbe Johanniskraut“, sagt er freudig.

Ökologische Vielfalt wird großgeschrieben

Weiter unten auf dem dreieinhalb Hektar großen Grundstück fließt ein kleiner Bach entlang des Feuchtbiotops, das auch zur anderthalb Hektar großen Pflegefläche des Grundstücks gehört. Rohrkolben wachsen hier, auch Mädesüß und Sumpfdotterblumen, und eine große alte Eiche bietet reichlich Futter für Eichelhäher, Haselmäuse oder Eichhörnchen. Ahornbäume und Buchen spenden Schatten. „Dieses Grundstück bearbeiten wir seit etwa zehn Jahren und wollen hier Artenreichtum schaffen – in Hinsicht auf Pflanzen genauso wie auf Tiere. Das eine bedingt das andere“, erklärt Heinrich Thoma.

Das Ruchgras gibt dem Heu seinen typischen Duft.
Das Ruchgras gibt dem Heu seinen typischen Duft. | Bild: Schneider, Sigrid

Durch diese Vielfalt hat es der Rickenbacher Landwirt bei der diesjährigen Wiesenmeisterschaft unter die sechs Preisträger in den Kategorien „Artenreiche Wiesen“ und „Artenreiche Weiden“ geschafft. Ausgelobt wird der Wettbewerb jedes Jahr vom Naturpark Südschwarzwald in Kooperation mit dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV). In diesem Jahr kooperierten ebenso der Landschaftserhaltungsverband Waldshut. und das Landwirtschaftsamt des Landkreises Waldshut, denn in diesem Jahr durften sich Landwirte aus dem Landkreis Waldshut dafür bewerben.

Witwenblumen und Flockenblumen blühen in kräftigen Flieder- und Violett-Tönen zwischen hohen Gräsern.
Witwenblumen und Flockenblumen blühen in kräftigen Flieder- und Violett-Tönen zwischen hohen Gräsern. | Bild: Schneider, Sigrid

Vorreiter in Sachen naturnaher Bewirtschaftung

„Mir geht es bei der Teilnahme vor allem darum, die Möglichkeiten einer Bewirtschaftung der Wiesen unter dem Gesichtspunkt Artenvielfalt bekannter zu machen und vielleicht den ein oder anderen Berufskollegen damit anzusprechen“, sagt Heinrich Thoma lächelnd. Bereits seit 1991 bewirtschaftet er auf diese Weise schon erfolgreich eine kleinere Wiese, denn er hatte in diesen Jahren begonnen, sich für Natur und Umwelt zu interessieren – sein damals zehnjähriger Sohn sei gleich mit Feuereifer mit dabei gewesen und helfe bis heute mit bei den Projekten seiner Eltern.

Alles überwuchernde Pflanzen wie etwa der Pferdeampfer müssen immer wieder entfernt und ausgegraben werden. „Das ist ein wichtiger Teil ...
Alles überwuchernde Pflanzen wie etwa der Pferdeampfer müssen immer wieder entfernt und ausgegraben werden. „Das ist ein wichtiger Teil der Wiesenpflege“, sagt Heinrich Thoma. | Bild: Schneider, Sigrid

„Damals wurde ein Grünlandprogramm vom Umweltschutzamt angeboten und hat mich überzeugt“, sagt Thoma rückblickend. Die Erhaltung gesunder ökologischer Systeme setze das Zusammenspiel von Insektenvielfalt und Pflanzenvielfalt voraus und die Schaffung und Erhaltung von Feuchtgebieten für Tiere wie Frösche, Amphibien, Libellen. Nicht immer sei es möglich aus Sachzwängen, sagt er nachdenklich. Das sei schon klar; aber jede kleine artenreiche Fläche sei ein Gewinn.

Naturnah heißt nicht „Nichts tun“

Um solch eine Wiese zu schaffen, müssen Pflanzen, die alles überwuchern wie Pferdeampfer, Adlerfarn oder Lupinen immer wieder entfernt werden und Arten, die gewollt sind, auch mal angesät werden. „Es ist eine Frage der Bodenqualität, und die Pflanzen die wachsen, geben darüber Auskunft, wie der Boden beschaffen ist“, erklärt er. Außerdem werde nur zweimal im Jahr geheut und zwar antizyklisch und mit tierschonenden Maschinen wie Motor- und Balkenmäher von innen nach außen. „Das heißt, dass immer ein Teil der Wiese oder eine Nachbarwiese stehen bleibt, damit die Tiere dort unterkommen können, und die Maschinen ermöglichen es ihnen, rechtzeitig zu fliehen“, erklärt Thoma.

Die Samen des Bach-Nelkenwurzes können durchaus selbst auf der Wiese angesät werden. „Und wo es ihnen gefällt, da blühen sie dann im ...
Die Samen des Bach-Nelkenwurzes können durchaus selbst auf der Wiese angesät werden. „Und wo es ihnen gefällt, da blühen sie dann im nächsten Jahr“, sagt Heinrich Thoma mit einem Lächeln. | Bild: Schneider, Sigrid

Die Heuernte bestreitet die Familie gemeinsam, für den Sohn der Thomas sei das ein ganz fester Termin im Jahr, zu dem er Mitte Juli extra anreise. „Wenn dann mit drei Tagen trockenem Wetter zu rechnen ist geht es los“, erzählt Heinrich Thoma. Die beiden Männer mähen mit Motor- und Balkenmäher, was meist einen guten halben Tag dauere. Das Heu entlang des Waldes wird mit einem Wagen in die Sonne gefahren. Abends wird gemädelt, am kommenden Tag gewendet und so fort, damit es trocknet, denn nasses Heu fault und kann nicht mehr verfüttert werden.

Auszeichnung ist Lohn für großen Aufwand

Am dritten Tag rächt Frau Thoma das Heu am Rand der Wiese zusammen, denn um 14 Uhr wird der Heupresser erwartet, der das Heu zu rechteckigen transportablen Quadern presst. Hier helfen auch die Nachbarn mit, denn sie werden aus der Ernte ihre Pferde füttern. „Auch Bekannte mit Geißen und Schafen sind interessiert an unserem Heu, denn diese Huftiere vertragen nur eiweißarmes Futter“, erklärt Heinrich Thoma. Wenn die Ernte dann in die Scheuer transportiert worden ist, sitzt die Gruppe im lauschigen Garten der Thomas beisammen, vespert und lässt den Tag ausklingen – ein festes Ritual, sagt Thoma und lacht.

Die Schlüsselblume gehört mit weiteren 32 weiteren Planzen zu den Kennarten des artenreichen Grünlandes, die Grundlage für die Jury beim ...
Die Schlüsselblume gehört mit weiteren 32 weiteren Planzen zu den Kennarten des artenreichen Grünlandes, die Grundlage für die Jury beim Wiesenwettbewerb gewesen ist. | Bild: Schneider, Sigrid

Insgesamt sei es schon aufwendig, eine Wiese so zu bewirtschaften und man habe auch weniger Ertrag; aber viel Herzblut stecke darin und die Überzeugung, dass das für ihn und seine Familie der richtige Weg sei, sagt er. Über die Auszeichnung bei der Wiesenmeisterschaft freut er sich, aber wichtiger sei ihm, dass Leute darauf aufmerksam werden und vielleicht bei dem einen oder anderen Interesse geweckt werde.

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