Schopfheim Wer als Unwissender zum Psychiater kommt, vermisst vielleicht die Couch, auf der nach kindheitlichen Ursachen für Psychosen geforscht wird. „Dafür haben wir überhaupt nicht die Zeit“, winkt Geth ab. Er sitzt zwischen elektronischen Diagnosegeräten in seiner Praxis im Ärztehaus an der Hauptstraße. Geth ist Nervenfacharzt und Psychiater, kein Psychotherapeut, so die feine Unterscheidung zweier verwandter Berufsgebiete. Geth kam einst als Juniorpartner in die Schopfheimer Praxis, die sein Kollege nach dem Krieg aufgebaut hatte. Geth hatte seit 1966 zunächst Zahnmedizin in Würzburg studiert, ehe er sich zwei Jahre später in Kiel der allgemeinen Medizin zuwandte und 1972 sein Examen in Freiburg ablegte. Spezielle Messgeräte zur Messung der Seh- und Hörnerv-Geschwindigkeit brachte Geth als Neuheiten seinerzeit mit in die Schopfheimer Praxis, wie auch das Elektro-Myogramm, das ebenfalls die Geschwindigkeit von Nervenbahnen misst. Die spielt eine Rolle bei einer Vielzahl häufig auftretender Krankheiten wie Diabetes, Muskelerkrankungen, Nervenentzündungen und vor allem Nervenkompressionssyndromen.

„Wir haben eine apparategestützte Diagnose“, berichtet Geth. „Aber der körperliche Befund ist doch das wichtigste Kriterium.“ Einige Patienten betreut Geth bereits seit Jahrzehnten. So hat sich ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, das der Arzt nicht enttäuschen wollte. Deshalb arbeitete er – reduziert – noch weiter, als andere schon lange den Ruhestand genießen. Freude am Beruf darf man wohl unterstellen, wenn jemand bis zum 80. Lebensjahr arbeitet. Zuletzt noch an einem Tag in der Woche. So ist gewährleistet, dass der Übergang von Stammpatienten auf die Kolleginnen und Kollegen reibungslos erfolgen kann. Die Partner sind Maria Trute-Rieß, Severin Dorfmüller, Franz X. Glocker und Bernhard Heimbach. Etwas Geduld müssen Patienten allerdings mitbringen. Geth beziffert die Wartezeit für einen Termin auf acht Wochen. „Nur wenn ein Hausarzt einen Notfall mit akuten Kopfschmerzen, einem Bandscheibenvorfall oder mit einer schweren depressiven Krise überweist, nehmen wir einen Patienten noch am selben Tag dazwischen.“

Erfreulich seien die Fortschritte bei Arzneimitteln. „In den letzten Jahren sind neue revolutionäre Medikamente für Multiple Sklerose, aber auch Parkinson auf den Markt gekommen“, so Geth. „Auch bei Epilepsie hat sich die Medizin deutlich verbessert.“ Und er sagt rückblickend in aller Bescheidenheit: „Ich hoffe, ich habe meinen Patienten mehr geholfen als geschadet.“ Im Ruhestand möchte er noch „möglichst lange fit bleiben“. Das Treppentraining hoch in den dritten Stock des Ärztehauses entfällt ab 1. Juli, dafür ist künftig noch mehr Zeit für das geliebte Wandern im Schwarzwald und das Golfen in Schönau.