Entspannt sitzen Janine Herr und Andrea Barth auf der gemütlichen Terrasse vor dem alten Bauernhaus in Schwaningen. Es ist die Welt von Andrea Barth, hier hat sie ihre „Werkstatt Leben“ eingerichtet. Hier findet sie die Ruhe, Ideen für die Neuausrichtung der Familienpolitik in Stühlingen zu entwickeln.

Anfänge der Familienpolitik: Die pädagogische Fachkraft bringt auch durch ihre Tätigkeit für die Grund- und Werkrealschule viel Erfahrung im Umgang mit Eltern und Kindern mit. Seit 25 Jahren lebt sie mit ihrer Familie in Schwaningen. „Das Leben auf dem Land war immer schon mein Traum. Mit 18 ging ich aus Freiburg weg. Die Stadt war zu groß, da passierte zu viel, um es in meinem Kopf zu verarbeiten.“ In dem kleinen Stühlinger Ortsteil fühlt sie sich wohl, war sogar Anfang des Jahrtausends im Ortschaftsrat. „Damals habe ich aber erkannt, dass ich außerhalb dieses Gremiums mehr bewegen kann.“

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Noch in der Zeit, als Isolde Schäfer Bürgermeisterin war, wurden erste Kontakte zur Verwaltung geknüpft. Andrea Barth hätte gern gesehen, wenn sich die damalige Rathaus-Chefin mehr für das Thema Familienpolitik interessiert hätte. Diese Unterstützung erhofft sie sich nun vom neuen Schultheiß, Joachim Burger. Der hat bereits in einer Sitzung des Gemeinderates betont, dass „sich die Stadt in diesem Bereich auf den Weg machen sollte“. Andrea Barth findet, dass es höchste Zeit ist: „Stühlingen stirbt aus, das muss allen bewusst werden!“

Um neue Ansätze für Familien- und Jugendpolitik zu finden, brauche es das Miteinander von Eltern, Kindern, Jugendlichen und Senioren: „Das gibt Reibungen, aber denen muss man sich stellen“, sagt sie selbstbewusst. Die Botschaft für Kinder und Jugendliche müsse heißen: Traut euch etwas zu, ihr dürft auch Fehler machen. Sie stellte fest, dass viele Jugendliche im Umgang mit Erwachsenen oder Amtsträgern sehr zurückhaltend sind, sich nicht trauen, Fragen zu stellen. „Beim Pizza backen in meinem Haus wurden sie lockerer, das war eine Begegnung auf Augenhöhe. Wir müssen ihnen Wertschätzung entgegenbringen, ihnen vertrauen“, erzählt sie.

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Politische Teilhabe: Ähnliche Erfahrungen macht Janine Herr, die im Personalbüro des Stühlinger Rathauses sitzt und von ihrem Chef mit der Aufgabe betraut wurde, Motor für die politische Teilhabe von Jugendlichen zu werden. Bei ihr ist die Schnittstelle von der Verwaltung zu Schule und Bildung. „Es ist eine andere Herausforderung, aber schön, auch mal andere Dinge zu machen. Da ich noch jung bin, ist die Hemmschwelle, mit mir zu sprechen, für die jungen Leute vielleicht etwas niedriger“, vermutet sie. Was sie für ihr Engagement jetzt brauche, sei ein konkretes Thema, das mit den Jugendlichen bearbeit werden kann. „Vielleicht können die Jugendlichen mal in eine Vorstandssitzung beim HGV mitgehen oder sich im Rathaus in Themen einführen lassen“, zeigt sie Wege der Teilhabe auf.

Suche nach Jugendtreff: Momentan bewegt die beiden engagierten Frauen das Thema „Jugendtreff„. Hier erlebten sie eine erste Enttäuschung. Zunächst hatte ein Vermieter positive Signale gesendet, inzwischen habe er aber die Räume anderweitig verpachtet.

„Ich bin enttäuscht von der Vorgehensweise“, gibt Andrea Barth zu und fügt hinzu, dass falsche Vorstellungen vom Konzept dieses Jugendtreffs kursieren: „Das soll keine Raucherhöhle werden. Es soll Beratungen, Spielnachmittage, Angebote für Kinder und Jugendliche geben.“ Sie betont, dass sie gerne das „Zugpferd“ für eine neue Familienpolitik in Stühlingen sei: „Aber ich möchte nicht auf derselben Stelle im Kreis laufen. Manche Menschen sind noch gefangen in alten Mustern. Wir brauchen andere Lösungen für unser Ziele, wir müssen beweglich bleiben. Junge und Alte müssen voneinander lernen.“

Sichtbare Zeichen: Es sei Potenzial vorhanden, um etwas gemeinsam mit Vereinen und anderen Kooperationspartnern zu tun. Dazu müsse sich aber eine neue Dynamik und Bereitschaft entwickeln, etwas anzupacken. „Der Bürgermeister muss das Signal dazu geben, ich bin guter Dinge, dass die Führung mitgeht.“

Jetzt gehe es um sichtbare Zeichen für die Familien und Jugendlichen, es geht darum verlorene Glaubwürdigkeit wieder zu erlangen. „Jugendliche brauchen die Möglichkeit mitzugestalten“, betont Janine Herr. Spielgruppen im Kinderland könnten das Eis brechen, sagt Andrea Barth. Dann gelte es, den Kontakt nicht wieder zu verlieren.