Wilfried Dieckmann

„Natur ist das Gegenteil von Kultur“, hat Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben in der Fernsehsendung „Der mit dem Wald spricht“ gesagt. Ein Gedanke, über den trefflich diskutiert werden kann. Ursprüngliche Natur ist eigenständig. Natur ist das Original. Ein Künstler kann davon jedoch keine 1:1-Kopie erstellen, sein Werk aber sehr wohl an dem Leitfaden Natur anlehnen. Dies zeigt der Skulpturenpark in Grafenhausen, in dem zeitgenössische Kunstwerke zu betrachten sind. Hier stehen Natur und Kultur nicht im Gegensatz, hier bilden beide eine Symbiose. Die Bevölkerung in Grafenhausen nimmt diese Symbiose an, Berührungsängste mit zeitgenössischer Kunst werden abgebaut.

Nach dem ersten internationalen Künstlersymposium zur Eröffnung der Parkanlage im Jahr 2003 stellte der damalige Bürgermeister und heutige Ehrenbürger Erich Kiefer fest: „Der Park hat enorm gewonnen durch die Skulpturen.“ Das war Grund genug, das Künstlersymposium zur Dauereinrichtung werden zu lassen – wenn auch nicht in jährlichem Rhythmus. Auch der heutige Rathauschef Christian Behringer hat die Idee weitergeführt. In diesem Jahr allerdings in einer anderen Form: Wegen der immer noch bestehenden Kontaktbeschränkungen in Zeiten der Corona-Pandemie fertigen die teilnehmenden Künstler ihre Kunstwerke nicht gemeinsam vor Ort im Skulpturenpark an, sondern jeder für sich in seinem privaten Werkstatt- oder Atelierbereich. Anschließend wird das Werk im Park aufgestellt.

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Im Luftkurort Grafenhausen kann man im natürlichen Wasser des Schlüchtsees schwimmen oder verschwiegene Täler und weite Blicke in die Landschaft genießen. Kurzum: Es gibt Natur pur in Hülle und Fülle. Und genau auf diese naturräumlichen Gegebenheiten sollen sich die Künstler einlassen. Nicht Quantität, sondern Qualität sollte im Fokus stehen. Das Thema der Open-Air-Ausstellung 2020 lautet „Zeit im Wandel“.

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Künstler Ralf Rosa hat das Thema noch einmal filetiert. Er ist sich sicher, dass momentan nicht die Zeit im Wandel ist. Im Gegenteil: Sie unterliege einem permanenten Wandel. „Ich glaube, so viel hat sich in den letzten 2000 Jahren nicht verändert, es gab neue Erkenntnisse, Fortschritte, Entdeckungen, Erfindungen, was alles diesen permanenten Wandel befeuert, das Einzige, was sich eigentlich verändert hat, ist unter anderem die enorme Geschwindigkeit, die speziell in den letzten 30 Jahren die Digitalisierung, Computertechnologie befeuert hat“, meinte Rosa.

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Er fügte an, dass sich „dieser enorme Fortschritt mit all seinen negativen Begleiterscheinungen“ nicht mehr so einfach wird umkehren lassen. Er habe dabei irgendwie das Gefühl, „wir rasen mit Highspeed in die Sackgasse“. Seine Skulptur „Rush“ (jagen, hetzen, Stoßzeit) spiegele so eine Art Ruhe vor dem Sturm: „Du sitzt irgendwo ganz ruhig und die alltägliche Hatz schießt dir wie Kugelblitze durch den Kopf – nicht vergessen, vorausschauen, verbinden, ausführen, überarbeiten“, erklärt Rosa. Würde man gemäß dem Gedankengang des Künstlers „den Kopf von innen fotografieren, er würde vermutlich aussehen wie der blaue Himmel an einem normalen Tag, dekoriert mit unzähligen Kondensstreifen – Rush eben“. Seine Empfehlung: „Ab in den Skulpturenpark, runterfahren, entrushen.“

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Nach dem Abschluss der mittleren Reife an der Realschule Bonndorf absolvierte Ralf Rosa in St. Georgen eine Bildhauerlehre. An der Fachschule für Steingestaltung in Freiburg wurde er 1989 Bildhauermeister. Seit dem Jahr 2000 hat der Künstler ein eigenes Atelier in Grafenhausen. In seinen künstlerischen Arbeiten hält Ralf Rosa aber nicht dogmatisch am Material Stein fest. In seinen Werken finden sich auch Stahl oder Holz. Ralf Rosa war übrigens an allen bisherigen Symposien in Grafenhausen mit dabei.