„Städte wie Waldshut-Tiengen haben ein Riesenglück, dass es uns gibt.“ Das sagt Andreas Vogt, geschäftsführender Vorstand der Baugenossenschaft Föfa Waldshut-Tiengen. Und mit „uns“ meint Vogt nicht nur die Föfa. Miteinbezogen in seine Aussage dürften auch der Bauverein Waldshut und Baugenossenschaft Tiengen sein.

Mit Gründungsjahr 1909 ist der Bauverein der traditionsreichste in dem Trio. Dann kommt Tiengen, 1924 entstanden, und die Föfa. Diese feiert im Sommer ihr 75-Jahr-Jubiläum, ihr Ursprung liegt um 1949/50 herum. Sie heißt Föfa, weil sie aus der Fusion von Förderungskreis Tiengen und Familienheim Waldshut entstanden ist. Die Föfa ist am jüngsten, aber dennoch mit 977 Wohnungen Platzhirsch. Auf Rang zwei mit 417 Wohnungen rangiert der Bauverein. Besonders hier: 402 Wohnungen allein stehen im Gurtweiler Tal, bilden dort schon eine Art eigenes Quartier. Mit 165 Wohnungen folgt die Baugenossenschaft Tiengen.

Im Föfa-Leitbild steht: „Wir wollen unseren Mitgliedern preiswertes Wohnen bei ordentlicher Qualität in einem lebenswerten Wohnumfeld ermöglichen.“ Preiswertes Wohnen – das heißt hier 6,18 Euro Durchschnittskaltmiete pro Quadratmeter. 6,37 Euro sind es beim Bauverein Waldshut und gar nur 6 Euro bei der Baugenossenschaft Tiengen. „Wir sind trotzdem kein sozialer Wohnungsbau“, betont Christian Hofmann, Geschäftsführer des Bauvereins. Man habe Bürgergeldempfänger unter den Mieterinnen und Mietern ebenso wie Ärzte und andere Gutverdiener.

Das könnte Sie auch interessieren

Zwischen 6 Euro und 6,37 Euro pro Quadratmeter – das liegt deutlich unter den Durchschnittskaltmieten des freien Wohnungsmarktes für Waldshut-Tiengen. Wie weit genau darunter, ist mangels örtlichen Mietspiegels aber unklar. Angebotsmieten lagen in der Großen Kreisstadt zuletzt bei rund 10 Euro je Quadratmeter, wie eine Auswertung im Mai 2024 ergab.

Auch bei den Nebenkosten, schon lange als „zweite Miete“ gehandelt, sind die Baugenossenschaften attraktiv. „Wir lagen im Schnitt noch nie über zwei Euro pro Quadratmeter“, sagt Vogt. Dass es so ist, liegt teils auch an den Einkaufskonditionen: Wer 1000 Wohnungen wie die Föfa hat, kann Energie en gros und entsprechend günstiger einkaufen.

Die Nachfrage ist groß

Tiefe Kaltmiete, geringe Nebenkosten: Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Genossenschaftswohnungen, vor allem nach den wenigen größeren mit fünf Zimmern. Wie lange die Zuteilung einer Wohnung dauert, lässt sich aber nicht pauschal sagen. Es kommt immer darauf an, wer sucht und was gerade frei ist: So kann bei der Föfa kein Single oder kinderloses Paar eine 4-Zimmer-Wohnung mieten.

Die Regel hier heißt: Zimmerzahl minus 1. Heißt: Für eine 4-Zimmer-Wohnung muss man mindestens zu dritt sein. Für eine 5-Zimmer-Wohnung muss die Familie mindestens aus vier Personen bestehen. Analog verfährt der Bauverein.

Andreas Vogt ist geschäftsführender Vorstand der Baugenossenschaft Föfa Waldshut-Tiengen.
Andreas Vogt ist geschäftsführender Vorstand der Baugenossenschaft Föfa Waldshut-Tiengen. | Bild: Wagner, Hans

Vogt sagt auch: „Ohne unseren Altbestand könnten wir unserem Anspruch auf sozialen Ausgleich nicht entsprechen.“ Und der Altbestand hier ist immens: Etwa drei Viertel der 977 Wohnungen wurden von 1950 ab bis in die 1970er Jahre erbaut. 359 sind es allein in den 1950er Jahren gewesen. Ähnlich sieht es bei der Baugenossenschaft Tiengen aus, die gemäß Geschäftsführerin Dagmar Bodmer aber seit den 1960er Jahren schon keine Neubauten mehr realisiert hat. Und beim Bauverein stammt der Hauptbestand aus den 1930er Jahren und steht unter Denkmalschutz.

Im Durchschnitt 69 Quadratmeter groß

Mit den Altbauten sind auch gewisse Wohnungstypen vorherrschend – überwiegend 2- und 3-Zimmer-Wohnungen und für heutige Maßstäbe mit 69 Quadratmetern, wie bei der Föfa, im Durchschnitt vergleichsweise klein. Üppig bemessen sind darin noch am ehesten die Küchen, klein hingegen die Wohnzimmer und sehr kompakt die Bäder. Wer hier einzieht, muss in aller Regel auch ohne Lift auskommen. Und Zentralheizung ist auch nicht überall der Standard. In den Bauverein-Wohnungen stehen teils noch Gaseinzelöfen drin. Bei der Föfa bilden laut Vogt Gasetagenheizungen den untersten Standard.

Durchschnittskaltmieten zwischen 6 Euro und 6,37 Euro pro Quadratmeter: Das geht nur, weil in Altverträgen für unsanierte Wohnungen im Originalzustand teils noch vier Euro drinstehen.

Das könnte Sie auch interessieren

„Wenn wir Wohnungen mit neuen Fenstern und modernem Bad teilsanieren, geht es bei Neuvermietungen auch schon Richtung 7 bis 7,50 Euro“, sagt Hofmann vom Bauverein. Zehn bis elf Euro müssten es nach einer Generalsanierung sein. „Die Sanierungskosten sind in den vergangenen vier Jahren um über 30 Prozent gestiegen“, erklärt er. 1400 Euro pro Quadratmeter machten sie inzwischen aus. Damit werde die Modernisierung gerade älterer Objekte immer unrentabler.

9,80 Euro kalt für 2022er-Neubau

Bestandspflege bleibt für die Baugenossenschaften dennoch essenziell. Laut Vogt investiert die Föfa jedes Jahr zwei Millionen Euro in Instandhaltung und Modernisierung des Altbestandes, der Bauverein 1,3 Millionen Euro. Neu bauen wollen sie aber auch bisweilen. Und auch klar: Wohnungen nach heutigen Standards für Größe, Klimafreundlichkeit und Schallisolierung haben ihren Preis.

9,80 Euro kalt pro Quadratmeter ist bei der Föfa aktuell das Maximum, fällig für ein 2022 in Küssaberg-Kadelburg fertiggestelltes Objekt. Wenn die Föfa zukünftig neu baut, dann hauptsächlich verdichtet auf Grundstücken, die der Genossenschaft schon gehören. Land war ja bis in die 70er Jahre hinein relativ günstig. So sind die Areale verhältnismäßig groß.

Eines der Neubauprojekte der Baugenossenschaft Föfa steht in Kadelburg.
Eines der Neubauprojekte der Baugenossenschaft Föfa steht in Kadelburg. | Bild: Tina Prause

13 bis 14 Euro wird der Bauverein verlangen, wenn er ab Sommer seinen Neubau an der Hilzingerstraße vermieten wird, der sich derzeit im Bau befindet. „Für jetzt geplante Neubauten müssten die Kaltmieten schon Richtung 15 Euro gehen“, sagt Hofmann.

Und schiebt nach: „Der Druck ist da und wird stärker.“ Neu bauen sowie den Bestand pflegen und modernisieren – für Baugenossenschaften eine enorme Herausforderung, gerade, wenn Baden-Württemberg bis 2040 klimaneutral sein will. Eine Frage wird dann wohl aktueller denn je: Können Baugenossenschaften dann ihrem sozialen Anspruch weiterhin gerecht werden?

Das könnte Sie auch interessieren