Vor dem Hintergrund der Corona-Krise ist derzeit offen, ob und in welcher Form die Heimatfeste Schwyzertag Tiengen im Juli und Chilbi Waldshut im August stattfinden können. Zwar haben sich Bund und Länder darauf verständigt, dass bis 31. August Großveranstaltungen verboten bleiben. Wie jedoch diese näher definiert werden, ist bislang offen. Schon jetzt abgesagt wurde vom Veranstalter das überregional bekannte Freilicht-Jazzfest Tiengener Sommer, das für 24. und 25. Juli angesetzt war.

Bereits in einem Erlass vom 11. März zur Pandemie hatte die baden-württembergische Landesregierung Großveranstaltungen untersagt. Damals war dazu eine Zahl von mehr als 1000 Teilnehmern festgelegt worden. Doch auch unterhalb dieser Schwelle sei „eine individuelle Einschätzung notwendig, welche Risiken bestehen und ob diesen mit infektionshygienischen Maßnahmen begegnet werden kann“. Nun bleibt abzuwarten, welche genauen Regeln die Landesregierung in der Fortschreibung des Verbots erlässt.

Eine Einschätzung ist auch deswegen nicht einfach, weil die Heimatfeste sich über mehrere Tage hinweg erstrecken und aus vielen Programmpunkten mit unterschiedlich großen Teilnehmerzahlen zusammensetzen.

Schon vor den jetzigen Beschlüssen von Bund und Ländern hatte Oberbürgermeister Philipp Frank für die Stadt als offizieller Veranstalter die Festkomitees in Tiengen und Waldshut gebeten, die Planungen vorerst ruhen zu lassen. Gestern erklärte der OB auf Anfrage: „Wir kennen jetzt die grobe Richtung für die Durchführung von Großveranstaltungen. Was sie für unsere Heimatfeste bedeutet, müssen wir zunächst den genauen Wortlaut der Rechtsverordnung abwarten. Mit den Organisatoren der genannten Veranstaltungen sind wir im Gespräch.“

Die ausrichtenden Traditionsvereine befinden sich seit Wochen in einer schwierigen Lage. Denn selbst wenn die Heimatfeste in irgendeiner Form zulässig sind, bleibt das Problem, dass seit Verhängung des Kontaktverbots, das auch weiterhin besteht, derzeit keine Proben und Vorbereitungssitzungen möglich sind.

Am drängendsten vom Termin her stellt sich die Situation beim Tiengener Schwyzertag dar, der für den 3. bis 6. Juli angesetzt ist. Für das umfangreiche Programm sind jährlich aufwändige Vorbereitungen erforderlich, für die wegen der Corona-Beschränkungen des öffentlichen Lebens bislang keine Gelegenheit bestand: Zum Beispiel der Heimatabend mit Brauchtumsvorführungen und Gastredner, der Umzug mit Teilnahme zahlreicher auswärtiger Gruppen, das Unterhaltungsprogramm auf dem Marktplatz mit Beteiligung von Schulen, Vereinen und Musikgruppen auch aus der Umgebung, das Familienangebot Lebendige Stadt mit Attraktionen für Kinder, schließlich das Wunschkonzert der Stadtmusik als krönendes Finale. Was davon übrig bleiben kann, ist derzeit offen. Sprecherin Christa Bader vom Festkomitee, in dem die ausrichtende Bürgerzunft und weitere beteiligte Institutionen vertreten sind, sagte gestern auf Anfrage dieser Zeitung: „In der geplanten Form werden wir den Schwyzertag sicher nicht gestalten können.“

In Waldshut, wo die Chilbi vom 14. bis 19. August stattfinden soll, haben die organisierenden Traditionsvereine noch etwas mehr Zeit, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen. Für Florian Schwald, Sprecher des Festkomitees, ist es noch zu früh, über mögliche Szenarien nachzudenken: „Wir müssen abwarten, wie die Landesregierung eine Großveranstaltung definiert.“ Bisher hatte das Komitee erst eine Sitzung am 3. März, aber seither sind wegen der Corona-Krise keine weiteren Zusammenkünfte möglich. Auch nicht zu denken ist gegenwärtig an Proben für den großen Heimatabend mit Freilicht-Theater am Unteren Tor, die eigentlich diesen Monat starten sollten. Der Umzug und der Rummelplatz mit Festzelt und Unterhaltungsprogramm – sofern überhaupt noch genehmigungsfähig – benötigen ebenfalls organisatorischen Vorlauf. Und wie beim Schwyzertag müssten sich Stadtmusik und Floriankapelle, die sich wie andere Vereine in der Zwangspause befinden, auf die traditionellen Wunschkonzerte vorbereiten.

Als feste Größe auch in diesem Jahr präsent sein soll unterdessen das Symboltier des Waldshuter Heimatfests. Die Vorbereitungen zur Auswahl des Chilbibocks laufen bereits seit Februar. Marc Jacobshagen, Zunftmeister der Junggesellen: „Wir wollen die 552-jährige Tradition bewahren und haben vor, in irgendeiner Form die Bockverlosung durchzuführen.“ Denkbar sei zum Beispiel, falls das Veranstaltungsverbot nichts anderes zulässt, eine Live-Übertragung per Internet.

Jazzfest fällt aus

Dicht an dicht drängen sich jährlich in der Tiengener Innenstadt über 1000 Besucher beim überregional bekannten Jazzfest Tiengener Sommer im Juli. Unabhängig davon, wie der neue Erlass der Landesregierung ausgestaltet wird, ist für Organisator Kurt Reckermann von der Aktionsgemeinschaft ein Festhalten an der Veranstaltung nicht denkbar: „Das Jazzfest findet definitiv nicht statt“, sagte er gestern auf Anfrage dieser Zeitung.

Neben dem Aspekt des Ansteckungsrisikos verweist er darauf, dass die Veranstaltung, die ohne Eintrittspreis funktioniert, normalerweise durch rund 40 Sponsoren aus Handel und Gewerbe gefördert wird. Angesichts der wirtschaftlichen Probleme durch die Corona-Krise sei fraglich, ob diese Unterstützung auch dieses Mal zur Verfügung stehen würde. Mit etwa der Hälfte der 14 Musikgruppen, die für den 24. und 25. Juli gebucht waren, seien bereits Verträge geschlossen. Diese sollen nach Möglichkeit aufs nächste Jahr übertragen werden.