Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium ist sich selbst keiner Schuld bewusst. „Ich mache mir keine Gedanken, denn ich komme nicht an das Rad“, sagt sie im Brustton der Überzeugung.

Gemeint ist das berüchtigte Folterrad der Tiengener Henker, das der Politikerin als dritte Frau nach Christa Bader (2014) und Nikola Kögel (2017) – in deren Funktion als damalige Vorsitzende beziehungsweise Pressesprecherin der Aktionsgemeinschaft Tiengen – am Fasnachtssamstag droht.

Mit der Anklage habe sich Klaus Danner schwer getan, verrät er beim Vorladungsgespräch. Denn, so der Ankläger: „Die Ermittlung bei dieser unscheinbar aussehenden Frau hat so viele unentschuldbare missliche Taten zu Tage gebracht.“

Unter anderem wird Schwarzelühr-Sutter zur Last gelegt, „als selbstbekennende Feministin ihre männerfeindlichen Macht- und Dominanzgelüste in unerträglicher Weise zur Befriedigung ihres eigenen Karrierestrebens schamlos auszunutzen“. Außerdem wird der Delinquentin vorgeworfen, „die ehrenwerten Bürger zu Düenge in der Dunkelheit des energiepolitischen Tohuwabohu der Bundesregierung“ im Stich zu lassen.

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„Darf ich sie zerreißen?“, fragt Verteidiger Bernd „Barney“ Müller nach dem Verlesen der Anklageschrift in die Runde. „Wir sind hier nicht in Amerika“, entgegnet Klaus Danner mit Verweis auf die US-amerikanische Politikerin Nancy Pelosi, die kürzlich im Kongress demonstrativ das Redemanuskript von Präsident Donald Trump zerrissen hatte.

Rita Schwarzelühr-Sutter selbst nimmt die Anklagepunkte gelassen zur Kenntnis. „Ich bin unschuldig. All diese Vorwürfe treffen nicht zu“, sagt sie entschieden. Und auch ihr Fürsprecher ist überzeugt: „Wir haben noch nie eine so unschuldige Delinquentin gehabt. Du musst dir keine Sorgen machen“, sagt Müller an seine Mandantin gewandt.

Wissenswertes zum Tiengener Narrengericht

Eines stellt Schwarzelühr-Sutter bereits vor der Verhandlung am Fasnachtssamstag beim Storchenturm klar: „Ich bin für alle da. Ihr habt‘s nur noch nicht gemerkt“, so die gebürtige Waldshuterin, die in Lauchringen lebt, sich aber auch um die Belange Tiengens kümmert.

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Darauf meint Narrenrichter Klaus-Dieter Ritz süffisant: „Rita, du hast vom letztjährigen Delinquenten nichts gelernt.“ 2019 verurteilte das Hochnotpeinliche Malefiz-Narrengericht zu Tiengen den Waldshuter Landrat Martin Kistler unter anderem, weil er den östlichen Teil der Doppelstadt sträflichst vernachlässigt hatte.

Mit diesem Schild unterstützt Verteidiger Bernd Müller Rita Schwarzelühr-Sutter, die vom Narrengericht Tiengen angeklagt wurde.
Mit diesem Schild unterstützt Verteidiger Bernd Müller Rita Schwarzelühr-Sutter, die vom Narrengericht Tiengen angeklagt wurde. | Bild: Juliane Schlichter

Das Hochnotpeinliche Malefiz-Narrengericht zu Tiengen geht auf eine Jahrhunderte alte Tradition zurück. Bereits 1503 verlieh Kaiser Maximilian I. den Tiengener Handwerkszünften das Recht, während der Fasnachtszeit die Obrigkeit zu verunglimpfen, ohne bestraft zu werden. „Diese Tradition führen wir fort“, sagt Klaus-Dieter Ritz, auch wenn die Veranstaltung im Laufe der Jahre viele Veränderungen durchlaufen habe.

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„Das Narrengericht tagte schon in der Hauptstraße, auf dem Marktplatz und auf dem Schlosshof“, erzählt Ritz, der dieses Jahr zum siebten Mal seines Amtes als Richter waltet. Aber am schönsten sei es am Storchenturm. „Der Platz ist ideal und immer voll“, sagt er über den kleinen Hof inmitten der Altstadt. Auf dem Schlosshof hingegen habe es „gezogen wie Hechtsuppe“, erinnert sich Ritz, der 15 Jahre lang die Narrenbolisei verkörpert hatte, bevor er Richter wurde.

Eines ist den Mitgliedern des Tiengener Narrengerichts – neben Klaus-Dieter Ritz, Klaus Danner und Bernd Müller gehören diesem noch Rolf Krämer als Chef der Henkergruppe und Oliver Stanik als Narrenbolisei an – ganz wichtig: „Das Narrengericht darf derb sein, aber nie entwürdigend“, betont Ritz. Und Danner ergänzt: „Wir wollen der Bevölkerung Spaß bereiten und Brauchtum vermitteln.“ Rita Schwarzelühr-Sutter pflichtet ihm bei: „Das kann ich nur unterstützen.“ Als Mitglied der Vereinigung Alt Waldshut sei sie dem Brauchtum verpflichtet.

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