Die ersten Pflegefachleute, schließen im Juli 2023 ihre neue generalistische Ausbildung ab. Allerdings kommt die neue Pflegeausbildung bei den Pflegeschulen im Landkreis Waldshut nicht gut weg. Sowohl die Pflegeschule an der Justus-von-Liebig-Schule Waldshut als auch die Pflegeschule am Klinikum Hochrhein in Waldshut üben Kritik und stellen eine Verschlechterung der ohnehin angespannten Situation im Pflegebereich fest.
2020 wurden die bisherigen drei Ausbildungen und Berufsabschlüsse in der Altenpflege, der Krankenpflege sowie der Kinderkrankenpflege zum neuen Beruf Pflegefachfrau und Pflegefachmann zusammengeführt. Durch Einsätze in Pflegeeinrichtungen verschiedener Bereiche ist die Ausbildung generalistisch geworden und befähigt nach Abschluss, alle Altersstufen vom Baby bis zum Senior in allen stationären und ambulanten Versorgungseinrichtungen zu pflegen.
Im Frühsommer 2023 machen die ersten Auszubildenden nun ihren Abschluss als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann. Die Leiter der beiden Pflegeschulen erzählen von ihren bisherigen Erfahrungen mit der generalistischen Pflegeausbildung.
Viele Abbrecher an der Justus-von-Liebig-Schule
Die Waldshuter Justus-von-Liebig-Schule ist verantwortlich für Absolventen, die mit einer Einrichtung der stationären (Pflegeheime) und ambulanten Langzeitpflege (Sozialstationen) einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben.
Von 35 Berufsanfängern beenden nur 15 die Ausbildung
Nach Aussage von Schulleiter Andreas Ackermann sind im August 2020 35 Auszubildende ins erste Jahr der generalistischen Pflegeausbildung gestartet. In etwa so viele wie in den Vorjahren. Aber nur 15 von ihnen werden im Frühsommer ihren Abschluss zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann machen. „Das ist eine Abbruchrate, die weit über der sonst üblichen liegt“, kommentiert Ackermann.
Die Gründe hierfür sieht er hauptsächlich in den langen Pflichteinsätzen in verschiedenen Einrichtungen in allen Ecken des Landkreises und die damit verbundenen, oft langen Anfahrts- und Heimwege für die Auszubildenden: „Der organisatorische Aufwand für die Fremdeinsätze wird vielfach als zu hoch eingeschätzt, nicht alle haben einen Führerschein und ein eigenes Auto.“
Nur noch knapp die Hälfte der gesamten Ausbildungszeit sind nach Aussage Ackermanns die Auszubildenden wegen der verpflichtenden Fremdeinsätze in ihren jeweiligen Ausbildungsbetrieben. Von diesen hört er, dass dadurch die Bindung der Auszubildenden an den Ausbildungsbetrieb geringer wäre, was Abbrüchen oder Berufswechseln Vorschub leisten würde.
Kritik an starren Vorgaben
Grundsätzlich sieht Ackermann ein größeres generalistisches Wissen und dadurch mehr Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Pflegebereichen positiv, Kritik übt er an den starren Vorgaben: „Die Pflegeschulen brauchen mehr Freiräume bei der gesamten Organisation der Ausbildung, sie müssen sie flexibler gestalten dürfen.“
Für ländliche Flächenwahlkreise wie Waldshut sieht Andreas Ackermann die organisatorischen Hürden bei der generalistischen Pflegeausbildung als zu groß an. Er hebt hervor, dass die Probleme nicht auf mangelnde Kooperation zwischen Landkreis, Pflegeschulen und Pflegeeinrichtungen zurückzuführen seien. „Dass wir überhaupt generalistisch ausbilden können, liegt vielmehr an der guten Zusammenarbeit“, sagt er.
Die generalistische Pflegeausbildung
Akutpflege am Klinikum leidet

Unzufrieden mit der generalistischen Pflegausbildung und ihren Vorgaben ist auch Claudia Schmidt. Sie leitet die Pflegeschule am Klinikum Hochrhein, wo Pflegefachleute im Bereich Akutpflege ausbildet.
Gut 20 neue Auszubildende hat die Schule ihrer Aussage nach jedes Jahr. Die Abbruchrate würde sich noch im üblichen Rahmen halten, aber bei den Bewerberzahlen wäre der Trend rückläufig. Sie führt dies nicht nur auf die gestiegenen Herausforderungen im Rahmen der generalistischen Ausbildung zurück, sondern auch auf den allgemeinen Trend hin zu weiterführenden Schulen und zum Studium.
Dass die generalistische Ausbildung Einblicke in alle pflegerischen Einsatzfelder ermöglicht, findet sie – ebenso wie Andreas Ackermann – grundsätzlich gut. Aber auch sie wünscht sich mehr Flexibilität und andere Gewichtungen. „Fremdeinsätze gehen auf Kosten der Ausbildungszeit in der Akutpflege, dadurch leidet deren Tiefe und Qualität, das geht letzten Endes auf Kosten der Patienten“, sagt Claudia Schmidt.
Zu lange seien für sie die Einsätze der Auszubildenden des Klinikums in anderen Einrichtungen wie beispielsweise in Pflegeheimen. Etwa zwölf Wochen wären vorgeschrieben, vier bis sechs Wochen würden ihrer Ansicht nach reichen. Nach Aussage der Schulleiterin wäre dies auch im Interesse der Auszubildenden: „Wer zu uns kommt, will in die Akutpflege und auch dort bleiben, meines Wissens ist unter den kommenden Absolventen niemand, der in die Altenpflege will.“
Auf der anderen Seite nimmt sie Probleme von Auszubildenden wahr, die aus Pflegeheimen ins Klinikum kommen, um dort ihre Fremdeinsätze in der Akutpflege abzuleisten. Die schnellere Taktung im Klinikum als in Pflegeheimen und ganz andere Abläufe würden viele überfordern. Nach ihren bisherigen Erfahrungen hat die Generalistik allen Beteiligten wenig Gutes gebracht: „Sie hat die Pflegeausbildung komplizierter gemacht, an Qualität und Attraktivität hat sie aber nicht gewonnen.“