Ein Dreigestirn bestehend aus Baumarkt, Großraum-Disco und Fast-Food-Restaurant: Mit einem durchaus ambitionierten Bauvorhaben nahm das bis dahin eher unscheinbare Gewerbegebiet Kaitle zwischen Waldshut und Tiengen in den 1990er Jahren einen drastischen Entwicklungsschub. „Es war in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit“, erinnert sich Albert Gebhardt, 35 Jahre lang Geschäftsführer des Obi-Marktes. Aber es sei auch eine sehr spannende und stellenweise nervenaufreibende Zeit gewesen.
Anlass für den ambitionierten Bau in nicht gerade einfachem Gelände war der Erweiterungsbedarf des Obi-Baumarkts, der bis dahin jahrelang auf einer Fläche von gerade 2000 Quadratmetern in Tiengen untergebracht war. „Es gab dort einfach keine Erweiterungsmöglichkeiten“, so Gebhardt. Doch geeignete Flächen für einen Neubau in der anvisierten Größenordnung von 7500 Quadratmetern seien eben auch Mangelware gewesen.

Zweigeschossiger Bau war ein Novum
Schließlich habe der damalige Oberbürgermeister Martin Albers Albert Gebhardt eine Option im Kaitle angeboten. Kein ganz einfaches Terrain: „Das Areal wies ein starkes Gefälle auf, was nicht gerade einfach war.“ Aber letztlich konnten sich die örtlichen Gesellschafter mit der Obi-Zentrale auf eine zweigeschossige Bebauung einigen: „Ein Novum“, erinnert sich Gebhardt. Denn schon damals hätte der Baumarkt Wert darauf gelegt, das komplette Sortiment auf einer Etage zu präsentieren.
Ebenfalls ungewöhnlich: Die beiden Mitspieler, die der Baumarkt-Geschäftsführer ins Boot holte. Mit McDonald‘s war es ein namhaftes Fast-Food-Restaurant, das bis dahin allenfalls in Großstädten vorzufinden war. Auf ausdrücklichen Wunsch des Waldshut-Tiengener Gemeinderats wurde auch die Diskothek „Fun World“ in den Gebäudekomplex integriert: „Es ging darum, einen attraktiven Treffpunkt für junge Menschen zu schaffen“, so Gebhardt.

Und dennoch gingen gut sieben Jahre und langwierige Verhandlungen ins Land, bis der Gebäudekomplex im Kaitle im September 1997 eröffnet werden konnte: „Die logistische Anbindung war sehr gut, das Gebiet war von beiden Seiten gut anzufahren und unsere Liegenschaft war von der Bundesstraße aus gut sichtbar.“

Nicht lange, und es habe eine regelrechte Magnetwirkung auf das Kaitle eingesetzt. Etliche neue Unternehmen hätten sich in den Folgejahren dort angesiedelt: „Das Kaitle hat sich sehr gut weiterentwickelt. Vor allem ist es gelungen, ein gutes Verhältnis zu den ansässigen Firmen in der Nachbarschaft zu entwickeln.“ Und es wäre gerade in den Boom-Jahren Anfang der 2000er noch sehr viel mehr möglich gewesen, hätten Vorgaben des Zentrenkonzepts und Sortimentsbeschränkungen dem Ganzen nicht enge Grenzen gesetzt, sagt Gebhardt.

Aber einige Probleme seien im Lauf der Zeit entstanden, die aus Sicht des Baumarkts den dauerhaften Verbleib an diesem Standort unmöglich gemacht hätten. Insbesondere habe sich das Verkehrsaufkommen zunehmend zugespitzt. Außerdem habe sich dann in direkter Nachbarschaft auf dem früheren Lonza-Areal schon bald eine neue Möglichkeit für den Bau eines neuen Obi-Marktes ergeben, der standardmäßig alle Bereiche auf einer Etage vereint. „Es hat trotz allem zehn Jahre gedauert, bis wir am neuen Standort loslegen konnten“, sagt Gebhardt.

Früher Disco, heute Bowlingbahn
Wesentlich schneller stand das „Fun World“ vor dem Aus: Infolge von Querelen und Besitzerwechseln seien schon nach etwa vier Jahren zunehmend die Gäste ausgeblieben. Einzig das McDonalds-Restaurant ist vom ursprünglichen Dreigestirn übrig geblieben. Die weiteren Kapazitäten sind mit einem Möbelgeschäft, einer Bowling- und einer Spielhalle belegt.

Geblieben seien auch die Probleme, die damals bereits deutlich spürbar geworden seien, spätestens aber mit dem Bau des Zollhofs nahe dem heutigen Obi-Standort ein für Geschäftsleute und Mitarbeiter ein beinahe unerträgliches Ausmaß erreicht hätten, so Gebhardt: „Die Stauproblematik sorgt für große Nachteile – für die Geschäftsleute im Kaitle, aber im Grunde auch für alle anderen in der Stadt.“
Ob und wie sich diese Probleme in den Griff bekommen lassen? Aus heutiger Sicht ist es selbst für Experten schwierig, hierauf eine verlässliche Antwort zu geben.