Manchmal wiederholt sich Geschichte eben doch. 1991 hatte die Bürger- und Narrenzunft Tiengen ihr Hochrhein-Narrentreffen wegen des Golfkrieges abgesagt. 30 Jahre später mussten die Veranstalter die gleiche Entscheidung treffen. Diesmal fiel die Fasnachtsveranstaltung der Corona-Pandemie zum Opfer.
„Ich hätte nicht gedacht, dass wir so etwas noch einmal erleben“, sagt Ehrenzunftmeister Albert Ebner aus Tiengen über die erneute Absage. Im Gespräch mit dieser Zeitung erinnert sich der 72-Jährige an die damalige Entscheidungsphase und deren Folgen für die Zunft. Zudem erklärt er die Unterschiede zur jüngsten Corona-Situation.

Alle zwei Jahre treffen sich die fünf Waldstädte Waldshut, Tiengen, Laufenburg, Bad Säckingen und Rheinfelden zum gemeinsamen fasnächtlichen Treiben mit zahlreichen Gastgruppen und tausenden Besuchern. Am 26. und 27. Januar 1991 hätte Tiengen das Hochrhein-Narrentreffen ausrichten sollen. Doch wenige Tage zuvor, am 17. Januar, begann der Golfkrieg gegen den Irak zur Befreiung Kuweits.

Nur einen Tag später, am 18. Januar, beschloss die Bürger- und Narrenzunft Tiengen in Absprache mit den Fasnachtsvereinen Surianer und Stadtschnüfflern, das Hochrhein-Narrentreffen und sämtliche weitere Fasnachtsveranstaltungen abzusagen. „Alle Anwesenden in der Zunftstube waren einstimmig dafür“, zitierte diese Zeitung 1991 den damaligen Zunftmeister Kurt Benda.
Fasnachtsvereinigung empfiehlt 1991 Absage
Die meisten Narrenzünfte im Landkreis Waldshut gaben dann am 19. Januar 1991 ihren Ausstieg aus der Fasnacht bekannt. Vor dem Hintergrund des Golfkrieges war diese Entscheidung den Mitgliedsvereinen zuvor vom Präsidium der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) aufgrund des gesellschaftlichen Drucks empfohlen worden.
Die kurzfristige Absage des Hochrhein-Narrentreffens kam die Bürger- und Narrenzunft teuer zu stehen. 20.000 Mark hatte sie in die Großveranstaltung gesteckt, zu der 42 Fasnachtszünfte eingeladen waren. „Glücklicherweise hat die Hago uns die Plaketten umgestanzt“, erzählt Albert Ebner. Die Tiengener Fasnachtsfiguren und die Jahreszahl 1991 zierten den Anstecker. Das Feintechnikunternehmen aus Küssaberg fügte nachträglich die Zahl 92 hinzu.

Mit einem Jahr Verspätung feierte die Bürger- und Narrenzunft Tiengen schließlich am 15. und 16. Februar 1992 doch noch ein rauschendes Narrenfest. Albert Ebner hatte zwischenzeitlich den Vorsitz des Vereins von Kurt Benda übernommen und blieb 18 Jahre lang Zunftmeister. „1991, als alles rum war, hat man von Seiten des VSAN gesagt, dass man die Fasnacht nie mehr absagen würde“, erinnert sich Ebner, der seit 1978 Mitglied der Bürger- und Narrenzunft Tiengen ist und seit 2018 als Landschaftsvertreter den Hochrhein beim VSAN vertritt.
2021 erneut kein Hochrhein-Narrentreffen
Doch die Corona-Pandemie machte den Narren drei Jahrzehnte später erneut einen Strich durch die Rechnung. 2021 wurden die Fasnacht und damit auch das in Tiengen geplante Hochrhein-Narrentreffen abgesagt, 2022 fand das närrische Programm nur in abgespeckter Form statt.

Albert Ebner verweist im Gespräch auf die Unterschiede zwischen der Situation von 1991 und 2021. „Damals war die Absage freiwillig. Wegen Corona wurde uns die Entscheidung, das Narrentreffen zu verschieben, von Staatswegen verordnet“, erklärt der KfZ-Mechanikermeister im Ruhestand.
Bis zu zwei Jahre beträgt dem Ehrenzunftmeister zufolge die Vorbereitungszeit für ein Narrentreffen. Die Einladungen an die Gastgruppen für die 2022 geplante Veranstaltung seien bereits verschickt gewesen. „Aber zum Glück hatten wir noch keine Plaketten bestellt“, berichtet Albert Ebner.

Unter dem Motto „Aller guten Dinge sind drei“ bereitet die Tiengener Zunft aktuell das Hochrhein-Narrentreffen vor, das nun am 11. und 12. Februar 2023 endlich über die Bühne gehen soll. „Ich gehe davon aus, dass es stattfindet“, zeigt sich Ebner zuversichtlich.