Markant ist das Klinikgebäude des Psychiatrischen Behandlungszentrums (PBZ) am westlichen Ortseingang von Waldshut-Tiengen schon heute. Aber in den nächsten gut zwei Jahren soll es noch weiter wachsen: Zwölf Millionen investiert der Klinikträger, das Zentrum für Psychiatrie Reichenau, in die Erweiterung des Standorts. Damit verbunden ist aber auch eine Vergrößerung des Angebotsspektrums.
Zwei Stockwerke auf das Bestandsgebäude
Konkret werde das Bestandsgebäude um zwei Stockwerke aufgestockt, schildert die Ärztliche Direktorin des PBZ, Claudia Vallentin, im Gespräch mit unserer Zeitung. Damit einher gehe eine deutliche Erweiterung des Behandlungsspektrums: „Wir wollen letztlich eine Vollversorgung für den Landkreis anbieten“, so Vallentin weiter.
Bisher beschränke sich das Angebot auf die Altersgruppe der 18- bis 65-Jährigen. Noch nicht im Leistungsportfolio seien Gerontopsychiatrie – also speziell auf altersbedingte Störungen ausgerichtete Behandlungsangebote – und Suchterkrankungen. Das wird sich mit der Erweiterung ändern.
In Zahlen ausgedrückt sieht das Ganze so aus: Die bislang 40 vollstationären Plätze werden auf 70 erweitert. Zudem werden 18 weitere tagesklinische Plätze geschaffen.

Verkehrsbeeinträchtigungen sollen vermieden werden
Dass bei einer Baumaßnahme in derart exponierter Lage auch mit Beeinträchtigungen des Verkehrs auf der direkt vorbeilaufenden Bundesstraße 34 zu rechnen ist, ist eine naheliegende Befürchtung. Doch Claudia Vallentin und Pflegedienstleiter Lorenzo Fenech beruhigen: „Das sollte eigentlich nicht der Fall sein.“
Denn die Baustelle werde von der Rückseite der Klinik aus beschickt. Dort wird der Kran aufgestellt, und von dort werde das Baumaterial angeliefert. Entsprechende Vorarbeiten in Gestalt von Baumfällarbeiten seien bereits erledigt. Voraussichtlich im März soll es mit den nächsten Arbeitsschritten weitergehen, sagt Claudia Vallentin.

Herausforderung Fachkräftemangel wird angegangen
All diese Erweiterungen des Angebots und die räumliche Vergrößerung bedürfen freilich auch zusätzlicher personeller Aufstockungen. Dass die Psychiatrie mit den selben Herausforderungen in Sachen Fachkräftemangel zu kämpfen hat, wie die meisten anderen Branchen, sei in diesem Zusammenhang durchaus problematisch, räumt Vallentin ein.
Abschrecken lässt sich die Klinikleitung von schwierigeren Rahmenbedingungen allerdings nicht: „Wir werben natürlich kräftig auf allen Kanälen. Dass der Standort durch den Ausbau des Angebot aber auch deutlich an Attraktivität gewinnt, betrachten wir durchaus als Chance.“
Derzeit arbeiten etwa 60 Mitarbeiter mit unterschiedlichem Beschäftigungsgrad in der Einrichtung. Perspektivisch könnten es durchaus doppelt so viel sein, um das schlussendlich vergrößerte Angebot zu bespielen.
Aber selbst wenn die Personalgewinnung in dieser Größenordnung nicht gelinge, sei das kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, sagt Pflegedienstleiter Lorenzo Fenech: „Es ist vielmehr Ansporn, Konzepte zu entwickeln, die den tatsächlichen Ressourcen gerecht werden.“ Da sei dann jeder einzelne Mitarbeiter gefordert. Natürlich müssten seitens der Politik aber auch die Rahmenbedingungen entsprechend ermöglicht werden.
Wohnortnahe Versorgung ist das Ziel
Die ganze Maßnahme sei Bestandteil der Strategie, ein wohnortnahes Angebot im Kreis zu schaffen, wie Pflegedienstleiter Lorenzo Fenech darstellt: „Da ist es wichtig, in die Zukunft zu denken, und ein breitaufgestelltes, niederschwelliges Angebot zu entwickeln.“
In Sachen Niederschwelligkeit biete das Psychiatrische Zentrum Waldshut-Tiengen ohnehin bereits ideale Möglichkeiten – allein wegen seiner zentralen Lage am Rande der Innenstadt: „Das ermöglicht eine sehr alltagspraktische therapeutische Herangehensweise“, so Claudia Vallentin. Außerdem werden Psychisch Kranke auf diese Weise sehr deutlich sichtbar in die Mitte der Gesellschaft geholt.
Zum Netz der Versorgungseinrichtungen zählt außerdem die psychiatrische Tagesklinik in Bad Säckingen. Vorgesehen ist außerdem eine Einrichtung für Psychosomatik am geplanten Gesundheitspark Hochrhein in Albbruck, wo auch das Zentralkrankenhaus des Landkreises gebaut werden soll – gewissermaßen als weitere „Ergänzung des Gesamtpakets“, wie Claudia Vallentin es darstellt.
Bedarf ist groß und wächst weiter
Dass es dringend notwendig ist, bei der psychiatrischen Versorgung am Ball zu bleiben, zeigt allein der Blick in die Statistik: 620 stationäre Fälle werden jährlich im Waldshut-Tiengener Zentrum für Psychiatrie behandelt. Ungleich höher seien die Nutzungszahlen in der Ambulanz, wo an die 350 Fälle pro Quartal eine Ansprechstation finden, so Vallentin.
„Und der Bedarf ist deutlich größer als das, was wir anbieten können“, fügt sie hinzu. Allerdings sei die Entwicklung des Angebots auf einem guten Weg. Und nicht nur das: „Wir stellen fest, dass eine psychische Erkrankung längst nicht mehr so stark stigmatisiert wird wie noch vor einigen Jahren. Ein sehr positiver Trend“, findet Lorenzo Fenech. Zugleich seien er und seine Kollegen auch stolz darauf, dass es gelungen sei, das Bild von Psychiatrie in der Öffentlichkeit zu verändern.