Zwei prähistorische Gräber wurden in der Kiesgrube Kohler in Engen-Anselfingen im Frühjahr entdeckt. Mittlerweile wurden die Ausgrabungen abgeschlossen und die geborgenen Skelette dem Landesamt für Denkmalpflege übergeben. Die Archäologen konnten ein sehr gut erhaltenes, vermutlich männliches Skelett sowie zwei kleinere Skelette bergen.
Reste des Dorfes sind bereits dokumentiert
Die Knochen eines Säuglings und eines Kleinkindes lagen übereinander, so dass eines der Kinder eventuell nachträglich bestattet wurde, heißt es in einer Mitteilung des Landratsamts. „Möglicherweise wurden hier ein Mann und zwei Kleinkinder aus einem nur wenig entfernten Dorf der mittleren Bronzezeit bestattet. Die Reste des um 1500 vor Christus bestehenden Dorfes konnten wir in vorangegangenen Ausgrabungen bereits dokumentieren. Letztendlich müssen wir aber sogenannte C14-Datierungen der Knochen abwarten, bis wir das genaue Alter der Gräber kennen“, so Kreisarchäologe Jürgen Hald.
Die Kiesgrube unter dem Engener Hausberg ist archäologisch gesehen eine wahre Goldgrube. Hier finden sich zahlreiche Schätze aus der Vergangenheit: Von jungsteinzeitlichen Gräbern bis zu keltischen und römischen Hinterlassenschaften, Vorratsgruben, Zäune, Hausfundamente – Ortsgeschichte über Jahrtausende hinweg. Aber warum gerade dort? „Hauptsächlich aufgrund der großen Fläche“, weiß Armin Höfler.
Zusammen mit Georg Häußler leitet er die Firma Archaeo Task, welche die die Anselfinger Kiesgrube und die anschließenden Baugebiete seit 2009 immer wieder in Abschnitten untersucht. „Alles zusammen genommen ist dies sicher eine der größten Flächengrabungsstätten im Land“, so Höfler.

Gegend war schon vor Jahrhunderten besonders attraktiv
Während bei der Erschließung von Neubaugebieten allenfalls kleinere Oberflächen abgetragen würden, sind es bei Kiesgruben große Bereiche. Thomas Kohler, der Geschäftsführer des Kieswerks, vermutet, dass auch die Lage des Areals attraktiv für die wiederholte Besiedelung war: „Es gibt hier den Schutz vom Hohenhewen und Wasserquellen“, so Kohler.
Was nicht dokumentiert wird, ist verloren
Der Geschäftsführer des Kieswerks unterstützt die Grabungen aus Überzeugung: „Hier wird mit viel Begeisterung die Ortsgeschichte erkundet“, so Kohler. Die Zusammenarbeit mit dem Ausgrabungsteam und Kreisarchäologe Jürgen Hald sei sehr gut und interessant, betont Thomas Kohler. Dabei ist die Abstimmung elementar: „Die Archäologen erkunden den Abschnitt, der von uns mit dem Bagger vorsichtig abgetragen wurde“, erklärt Kohler.
Erst wenn die ganze Fläche von Archäologen und dem Landesamt freigegeben werde, gehe der Abbau weiter. Genügend Zeit für die Untersuchungen und Dokumentation sei wichtig, betont Armin Höfler von der Grabungsfirma. „Da darf kein Fehler passieren. Archäologen zerstören Denkmäler. Was nicht dokumentiert wird, ist für die Nachwelt verloren“.

Die Spezialisten der Grabungsfirma archaeotask arbeiten ganzjährig, außer bei Bodenfrost. „Bei den derzeitigen Temperaturen kann es auf Flächen wie in der Kiesgrube schon mal 50 Grad heiß werden“, so Armin Höfler. Der Firmensitz ist vor Ort in Welschingen: „Die Kiesgrube ist tatsächlich ein Grabungsort, wo meine Mitarbeiter zu Fuß hingehen können“, sagt Höfler lachend.
Mit dem Gräberfund nicht gerechnet
Dass es auch weiterhin spannende Funde in seiner Kiesgrube geben wird, davon ist Thomas Kohler überzeugt. Auf der Kiesterrasse südlich des Engener Ortsteils Anselfingen wird durch die Kohler Kieswerk GmbH seit mehreren Generationen Kies und Sand abgebaut, so dass regelmäßig archäologische Ausgrabungen vor dem eigentlichen Kiesabbau notwendig sind. Wie bei allen Erschließungsgebieten wird es nicht dem Zufall überlassen, ob etwas gefunden wird.
Dennoch: Trotz akribischer Vorarbeit lässt sich nicht alles vorhersagen. Mit dem jüngsten Gräberfund habe man an dieser Stelle nicht gerechnet.