Während Rettungskräfte versuchen, schnellstmöglich einzugreifen, stehen andere daneben und greifen nach ihrem Smartphone. Ob bei Verkehrsunfällen, Bränden oder anderen Einsätzen – für reichlich Ärger sorgen immer wieder sensationsgierige Menschen, kurzum Gaffer genannt. Welche Erfahrungen haben die Rettungsdienste in der Region gemacht? Rettungskräften aus dem Hegau ist das Problem nicht neu. Doch sie kämpfen auch mit zugeparkten Wegen und Fachkräftemangel.
Die Engener Feuerwehr muss oft zu Unfällen auf der nahe gelegenen Autobahn ausrücken. Und es gibt immer wieder schlechte Erfahrungen mit Fahrern. „Manche Autofahrer nutzen die Rettungsgasse, indem sie hinter Feuerwehr und anderen Rettungsdiensten fahren, um dem Stau zu entkommen und schnell auf eine Abfahrt zu gelangen“, schildert Markus Fischer, Kommandant der Engener Feuerwehr. Auf den Gegenfahrbahnen drosselten viele Autos das Tempo – ohne Grund. „Da zücken die Fahrer Handys, um die Unfallfolgen zu fotografieren oder zu filmen“, berichtet Fischer.

Der Kommandant lobt die Polizei, denn die greife nicht nur beherzt ein und helfe bei der Bildung einer Rettungsgasse. Sie greife auch selbst zur Kamera, um gaffende Verkehrsteilnehmer zu fotografieren – und das anschließend zur Anzeige zu bringen. Es ist nach einer Neufassung des Paragraf 201a Strafgesetzbuches grundsätzlich nicht erlaubt, Fotos oder Filme von Unfällen zu machen.
„Es ist eine Unsitte geworden, dass die Einsätze immer mehr gefilmt oder fotografiert werden. Das behindert zwar die Rettungstätigkeit nicht unmittelbar, sorgt aber für großen Verdruss“, sagt Stefan Kienzler, Kommandant der Gottmadinger Feuerwehr. Er ist auch Vorsitzender des Feuerwehrverbandes des Landkreises Konstanz.
Die Feuerwehren beschafften sich zunehmend Sichtschutzwände, um Schaulustigen Einblicke zu verwehren, so Kienzler. Meist erfolge nach Unfällen eine komplette Absperrung von Straßen.
Vor allem vor Mehrfamilienhäusern kann es kritisch werden
Während Kienzler weniger Probleme mit Gaffern ausmacht, spricht er ein anderes Problem aus, welches die Einsätze erschwere. „Wir stellen zunehmend fest, dass das Parken in den Wohngebieten oft verhindert, noch schneller an den Einsatzort zu gelangen. Dies belastet alle Rettungsdienste“, schildert er. Es werde teils verkehrswidrig geparkt. Das gelte vor allem in Bereichen von Mehrfamilienhäusern.

Auch beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) gilt die Devise: Möglichst schnell an den Einsatzort gelangen, um rechtzeitig helfen zu können. „Es gibt zwar keine direkte Behinderung unserer Tätigkeit. Aber Menschen, die sich ansammeln und erst mal ihre Handys zücken, stören die Einsätze. Oftmals müssen wir die Leute auffordern, das Fotografieren oder Filmen zu unterlassen“, berichtet Ralf Kraus, Rettungsdienstleiter beim DRK des Landkreises Konstanz.
Mangel an Fachkräften bereitet DRK Sorgen
Mit Sorge greift Ralf Kraus eine interne Entwicklung auf. Es fehle beim DRK wie in anderen Bereichen an Fachkräften. Dazu kämen strengere gesetzliche Anforderungen. Der Rettungsdienstleiter erklärt: „Da es nun für die Tätigkeit eines Notfall-Sanitäters eine dreijährige spezielle Ausbildung braucht, gestaltet es sich schwierig, in diesem Bereich Leute zu finden. Auf freiwillige Basis gibt es immer weniger Interesse, solche für die Patienten mitunter lebenswichtigen Aufgaben zu übernehmen.“