Herr Ossola, Sie sind seit 2017 im Amt. Wie blicken Sie auf ihre erste Amtszeit zurück?
Überwiegend positiv. Die Dinge, die ich mir vorgenommen habe, habe ich im Wesentlichen umgesetzt. Da sind Themen im Fokus gestanden, wie etwa das Landessanierungsprogramm in Aach. Man sieht, wenn man durch die Stadt geht, dass sich Aach wesentlich verändert hat. Als gravierende Missstände wurden damals eine fehlende Ortsmitte und eine unzureichende Grundversorgung erkannt. Nach viel Planungsarbeit erfolgte dann im August 2020 die endgültige Genehmigung für die Neugestaltung der Ortsmitte. Wir sind jetzt im Schlussspurt.
Und wie hat sich die Person Manfred Ossola in dieser Zeit verändert?
Ich musste in dieses verantwortungsvolle Amt auch erst hineinwachsen, trotz meiner jahrelangen Erfahrung in der Aacher Verwaltung. Als ich noch Hauptamtsleiter war, konnte ich ins Büro des Bürgermeisters gehen und sagen: Jetzt musst du die Entscheidung treffen. Dieser Part als Gesamtverantwortlicher war für mich ein Stück weit Neuland. Ich hab mich davor nicht gescheut, aber es ist etwas Neues. Man ist auch auf einen Schlag für viele Mitarbeiter verantwortlich und auch für Dinge, die für die ganze Bevölkerung von Aach von Bedeutung sind. Das ist schon eine Nummer größer.
Und, haben Sie den Schritt bereut?
(lacht) Auf gar keinen Fall! Ich bin der Spätberufene, aber ich würde es immer wieder tun.
Welche Projekte tragen zu 100 Prozent Ihre Handschrift?
In das Programm der Städtebauförderung zu kommen, ist sicherlich ein Verdienst meines Vorgängers Severin Graf. Die Planung der Ortsmitte auch. Aber ich würde sagen, die Mühlenstraße 1 als Vereinszentrum auszubauen und im zweiten Schritt im Rathaus Räume für die Feuerwehr freizusetzen, das ist schon meine Handschrift. Auch die 14 Hektar Großflächenphotovoltaik im Gewann Hau haben wir gut auf den Weg gebracht. Dieses Jahr wollen wir ans Netz gehen. Aber mir ist eines wichtig: Kein Projekt trägt die Handschrift vom Bürgermeister alleine. Hinter jedem Beschluss stehen die Verwaltung und der Gemeinderat.
Hand aufs Herz: Welches Projekt, das Sie nicht umsetzen konnten, wurmt Sie am meisten?
Ich finde es schade, dass der sogenannte Mühlensteg – also die Verbindung von der Altstadt und dem Mühlenplatz – nicht saniert werden konnte. 500.000 bis 600.000 Euro ohne die Möglichkeit von Zuschüssen waren einfach nicht darstellbar.
Angesichts der kommunalen Pflichtaufgaben: Haben Sie Sorge, dass Aach sich kaputtsparen muss?
Wir sparen uns nicht kaputt. Wir setzen die Mittel, die wir haben, gut ein. Aach hat eine gute Finanzbasis. Aber wir müssen bei Freiwilligkeitsleistungen schauen, ob wir sie uns in Zukunft leisten können. Dazu gehören aus meiner Sicht auch die Vereine – also kostenlose Hallenüberlassungen. Für mich ist dies sogar eine Pflichtaufgabe, denn Vereine sind Bindeglieder in unserer Gesellschaft. Vereine betreuen und nehmen Senioren und Jugendliche mit – das können wir Gemeinden gar nicht schaffen.
Im September legt der neue Gemeinderat los: Welche drei Projekte stehen ganz oben auf der Agenda?
Dem Gemeinderat wird der Wunsch erfüllt, endlich kein Papier mehr zu bekommen. Mit der neuen Ratsperiode werden wir zum ersten Mal digital einladen und Sitzungsunterlagen digital einsehbar machen. Wunsch und Ziel ist es auch, die Stadtsanierung zu einem guten Ende zu bringen. Auch auf dem Mühlenareal hat sich einiges getan. Dass es dort weitergeht, ist sicher auch Wunsch des neuen Rates. Auch ein Wunsch ist, dass wir unseren Gewerbetreibenden auch weiterhin Gewerbefläche vorhalten. Gleiches gilt für Bauplätze für Familien. Auch das Thema hausärztliche Versorgung wird uns weiter beschäftigen.
Gibt es dort Überlegungen?
Es gibt Überlegungen, es gibt Gespräche, aber noch nichts Konkretes. Ich brauche dafür zwei Dinge: einen Arzt und Gebäude. Und beides wächst nicht aus dem Boden.
Wie wichtig ist das Mühlenareal für die Stadtentwicklung?
Wenn man das Areal vor zwei Jahren – insbesondere die Säge – gesehen hat, dann hat jeder von einem Abbruch gesprochen. Heute ist es wohl das einzig erhaltene Mühlenareal in dieser Form. Uns ist es gelungen, aus diesem Schandfleck etwas Schönes zu gestalten und das Areal zu nutzen. Das macht mich schon stolz. Wenn man das zusammen sieht mit unserer Aachquelle, unserer neuen Ortsmitte, unserer schönen Altstadt, steigert das die Attraktivität unserer Stadt für die Bürger, aber auch für unsere Besucher.
Wie steht es um die Rathaussanierung?
Wir hängen dem Zeitplan ein Stück weit hinterher. Bei einem Umbau gibt es immer Unvorhergesehenes. Da waren etwa Schadstoffe, die wir fachmännisch entsorgen mussten. Ich hoffe, dass wir zum Ende des Jahres wieder alle Büros nutzen können. Ein Wunsch wäre es, die letzte Sitzung in diesem Jahr im alten Sitzungssaal abzuhalten. Aber das wird wohl ein Wunsch bleiben, es wird eher Frühjahr werden, bis alles fertig ist.
Wie wichtig ist das neue Vereinszentrum für die Stadt Aach?
Wir haben es geschafft, dass wir einen kulturellen Mittelpunkt geschafft haben, wo wir alle kulturellen Vereine zusammengezogen haben. Wenn man jetzt den Außenbereich und die Zentralität anschaut, ist das ein idealer Ort mitten in der Stadt. Es muss unseren Vereinen möglich sein, Feste wirtschaftlich einfacher zu gestalten. Das schaffen wir, indem wir den Vereinen eine gewisse Infrastruktur stellen, wie etwa Schankanlagen oder Toiletten. Wer geht schon gerne auf Dixie-Klos.
Die große Politik wird in Berlin gemacht. Wie sehr betreffen die großen Probleme wie Flüchtlingskrise, Tarifverhandlungen oder Rechtsansprüche die beschauliche Hegau-Stadt Aach?
Immer dann, wenn von Bund und Land Versprechungen gemacht werden und die dann nicht gehalten werden. Bei der Schulpolitik in der Betreuung etwa: Normal sollte der, der die Leistung bestellt, auch bezahlen. Das ist leider aber nicht so. Die Leute fahren nicht zum Bundeskanzler und sagen, was schlecht ist. Oft ist es aber so, dass wir uns um die Belange der Bürger kümmern – und tragen die Kosten dafür, obwohl es nicht unsere Baustelle ist. Aber wir machen das für unsere Bürger.
Nächstes Jahr sind Bürgermeisterwahlen in Aach. Was kann die Stadt Aach einem qualifizierten Bewerber bieten?
Wir sind so gut aufgestellt in so vielen Bereichen. Sei es Nahversorger, sei es Kindergärten und Schulen. Auch finanziell ist es so, dass wir solide Finanzen haben. Aach ist eine attraktive Stadt und wird es auch weiterhin bleiben.
Sie sind dann fast 68 Jahre alt. Was macht Manfred Ossola 2025?
2025 freue ich mich zunächst, dass wir den Solarpark offiziell eröffnen. Dass wir vom 4. bis 6. Juli ein tolles Stadtfest haben werden, das wir schon seit 1,5 Jahre vorbereiten. Und dann steht bei mir natürlich der 28. September als möglicher Wahltermin für den neuen Bürgermeister im Kalender. Ich bin gesund und motiviert und werde meinen Wählerauftrag bis zum 5. Dezember 2025 erfüllen. Ich werde am 28. September entweder Wahldienst machen oder als Bewerber auf dem Stimmzettel stehen.