Wie ein Mahnmal steht der verkohlte Mähdrescher am unteren Feldrand. Harald Zolg und seine Töchter betrachten die Brandruine und schießen noch ein paar Fotos. Damit sind nicht alleine.
Schnell hatte sich in Gottmadingen die Nachricht vom Flächenbrand auf dem Hanglerhof inmitten der sanft geschwungenen Landschaft zwischen Gottmadingen, Randegg und Bietingen am Vorabend herumgesprochen. Jetzt fahren fremde Fahrzeuge im Schritttempo vorbei und fotografieren das Ergebnis einer heißen Nacht. Eine Radfahrerin zückt die Handy-Kamera. Die Familie sitzt auf ihrer Terrasse und schaut einigermaßen erstaunt dem Treiben zu. So viele Leute kommen hier normalerweise nicht vorbei.
Ein großer Teil der Ernte fehlt
„Wir haben‘s doch schön hier“, sagt Diana Zolg und blickt rüber ins benachbarte Schweizerische Lohn. Wenn sie ihren Kopf auch nur ein wenig nach rechts dreht, erscheint der abgebrannte Mähdrescher wieder in ihrem Blickfeld.
Und mit ihm die Sorgen. „Wie sollen wir die Ernte einbringen?“, fragt sie sich. „Wann wird die Versicherung zahlen?“ Eine Kollegin aus Norddeutschland habe ihr von einem Traktorbrand im Frühjahr erzählt. Der Schaden sei von der Versicherung bis heute nicht reguliert.
Acht Tonnen Getreide sind zerstört
Das sind Sorgen, auf die ihr Mann auch nur teilweise Antworten hat. Harald Zolg kann nicht lange grübeln. Zwei Drittel der Getreideernte muss er in den nächsten Tagen noch einbringen. Dafür hat er jetzt einen Lohnunternehmer bestellt, den er zusätzlich bezahlen muss. Als ob der Schaden an der eigenen Maschine und der Ernteausfall auf dem rund 3,5 Hektar großen Weizenfeld nicht schon genug wären. „Etwa die Hälfte von unserem Getreide und Mais verkaufen wir“, erklärt Harald Zolg.
Die andere Hälfte werde für das Milchvieh als Futter genötigt. Acht Tonnen Getreide hat er durch den Brand in wenigen Minuten verloren. „Wir leben vom Milchvieh“, sagt Diana Zolg. Trotzdem benötigt die Familie einen ganzen Fuhrpark an Maschinen, um die Felder zu bestellen, auf denen das Futter für ihre Tiere wächst.

Der ausgebrannte Mähdrescher ist auch deshalb ein großer wirtschaftlicher Verlust für die Familie, weil ein neuer für sie praktisch unbezahlbar ist. „Eine viertel Million Euro kostet eine Neuanschaffung“, sagt Harald Zolg. „Dafür ist unser Betrieb zu klein.“ Die alte Dreschmaschine war etwa 20 Jahre alt. Die Versicherungssumme werde für eine neue nicht ausreichen.
„Der Mähdrescher brennt!“
Harald Zolg hatte am Brandabend noch Glück im Unglück. „Mein Schwiegersohn war auf seinem eigenen Feld am gegenüberliegenden Hang beschäftigt, als er das Feuer entdeckte“, erzählt der Landwirt.
Er selber hatte das in seiner Fahrerkabine gar nicht bemerkt. Der Schwiegersohn alarmierte die Familie per Telefon: „Der Mähdrescher brennt. Da schlagen Flammen raus.“
Kommandant lobt den umsichtigen Landwirt
Diana Zolg wählte die 112. Unterdessen manövrierte Harald Zolg das brennende Großgerät weg vom Wald zum unteren Feldrand. „Das war eine sehr brenzliche Situation“, räumt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER ein. Er wollte unbedingt einen Waldbrand verhindern.
Für dieses Verhalten des 61-jährigen Landwirts gab es großes Lob von Feuerwehrkommandant Stefan Kienzler. „Er hat das brennende Fahrzeug geistesgegenwertig vom Waldrand weggefahren. Er ist quasi gefahren, bis die Flammen aus dem Fahrzeug schlugen“, sagt Kienzler. Kurze Zeit später sei das Feuer in dem landwirtschaftlichen Fahrzeug ausgebrochen und habe sich auf das Weizenfeld ausgebreitet.

Für Diana Zolg waren es unendlich lange zehn Minuten bis die Feuerwehr eintraf. Sie konnte sehen, wie die Feuerwalze rasend schnell über das Feld rollte.
Der Wald habe schon Feuer gefangen. Harald Zolg griff schließlich selber zum Schlauch. „Ich war 45 Jahre aktiv bei der Feuerwehr“, erklärt er sein beherztes Eingreifen. Ein Hydrant in der Nähe des Grundstücks lieferte Wasser. Die Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr von Gottmadingen, Randegg und Bietingen waren schnell vor Ort und löschten zuerst aus ihren Tanks, während eine Leitung zur nahe gelegenen Biber aufgebaut wurde.
Befreundete Landwirte eilen zur Hilfe
„Viel Hilfe kam auch von fünf Berufskollegen aus Ebringen, Murbach und Gottmadingen“, erzählt Harald Zolg. Sie kamen mit ihren Traktoren und haben große Schneisen gezogen, um das Feuer zu stoppen. Problematisch seien die Trockenheit und der Wind gewesen. Für die Hilfe von den Kollegen ist Zolg sehr dankbar. „Wir Bauern sind wie eine Großfamilie. Man hilft sich gegenseitig“, sagt er.
Nachdem der Flächenbrand gegen 23 Uhr gelöscht war, fingen die Reifen des Mähdreschers um Mitternacht erneut Feuer. Da musste die Wehr noch einmal anrücken. Am Tag danach sind die Familienmitglieder schon wieder einigermaßen gefasst und froh, dass nicht noch mehr passiert ist. Ein Enkel hatte noch etwa eine halbe Stunde vor Brand beim Opa mit in der Fahrerkabine gesessen. Jetzt verfolgt er aufmerksam die Schilderungen.