Eigentlich wollte die Bundesregierung schon 1981 den Glasfaserausbau vorantreiben, doch CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl legte die Pläne seiner Vorgängerregierung auf Eis und setzte stattdessen aufs Kabelfernsehen. So berichten es Netzpolitiker. Mehr als 40 Jahre später sind auch Singen und Hegau noch weit von einem flächendeckenden Ausbau entfernt, doch anders als früher versuchen nun sogar mehrere Unternehmen gleichzeitig, für schnelles Internet zu sorgen – teils mit fragwürdigen Mitteln, die für Irritationen sorgen. Doch nicht nur in Singen ist der Glasfaser-Markt umkämpft. So sieht die Lage in den Hegau Gemeinden aus.

Hilzingen: Zwei Firmen klären Interesse ab

In Hilzingen ist in Sachen Glasfaser-Ausbau eine hohe Dynamik im Ort spürbar, wie Bürgermeister Holger Mayer auf SÜDKURIER-Nachfrage schildert. „Aktuell gibt es zwei Telekommunikationsunternehmen, die einen eigenwirtschaftlichen Ausbau in der Gemeinde Hilzingen forcieren“, so der Hilzinger Rathauschef. Zum einen sei das die Firma Stiegeler im Ortsteil Binningen, zum anderen die Firma Unsere Grüne Glasfaser (UGG) für die restliche Gemeinde. „Beide befinden sich aktuell noch in der Vermarktungsphase. Es laufen aber schon Abstimmungen zu Verteilerstandorten, Trassenplanung und Ähnlichem“, so Mayer weiter. Dann sehe man, wie groß das Interesse in Hilzingen und den Ortsteilen wirklich ist.

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Die UGG habe laut Mayer bereits in drei anderen Gemeinden im Landkreis Konstanz ein ähnliches Modell verwirklicht. Dazu zählen Mühlhausen-Ehingen, Aach und Volkertshausen. „Wir sind gerade in enger Abstimmung mit einem Planungsbüro der UGG, welches die ganze Maßnahme vom Tiefbau und von der Trassenführung plant“, so Mayer.

„Die Telekommunikationsunternehmen bauen eigenwirtschaftlich“, betont Mayer. Die Gemeinde begleite lediglich die Baumaßnahme. „Es handelt sich ja um Straßen der Gemeinde“, sagt Mayer.

Rielasingen-Worblingen: Hier werben mehrere Unternehmen

Auch in Rielasingen-Worblingen wird derzeit kräftig geworben, hier seien verschiedene Anbieter wie Lila Connect und Partner von Vodafone im Ort unterwegs, berichtete Bürgermeister Ralf Baumert. Die Unternehmen würden versprechen, während der Vorplanung den Ausbau auf eigene Kosten zu organisieren und zu finanzieren. „Für Rielasingen-Worblingen mit über 12.500 Einwohnern ist eine leistungsfähige digitale Infrastruktur ein wesentlicher Standortfaktor für unsere lokale Wirtschaft und unsere Bürger“, erklärte Bürgermeister Ralf Baumert.

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Die Gemeinde stehe im Austausch mit den verschiedenen Anbietern, werde sich im Wettbewerb aber neutral verhalten. „Wir hoffen auf einen zügigen und möglichst unkomplizierten Ausbau, der unsere Anwohner und Nutzer so wenig wie möglich beeinträchtigt“, so Bürgermeister Baumert. Er wünsche sich ein Unternehmen, in das man vertrauen könne. Die Koordinierung der Baustellen, die Bauausführung und die Zusammenarbeit mit dem Bauamt müssten stimmen.

Gottmadingen: Insolvenz sorgt für Verzögerungen

In Gottmadingen hingegen hat sich der Glasfaser-Ausbau verzögert. ‚Das von der Netcom BW beauftragte Tiefbauunternehmen wurde insolvent, sodass die Netcom neu ausschreiben musste‘, sagt Bürgermeister Michael Klinger. Die Gemeinde stehe in gutem Kontakt mit Netcom. „Sie sind gerade dabei, die Angebote auszuwerten, zu vergleichen und zu verhandeln. Ich gehe davon aus, dass wir bis Mitte November wissen, wer die Tiefbauarbeiten bei uns übernimmt. Dann können wir koordinieren, wie es mit dem Tiefbau weitergeht.“

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Klinger macht damit deutlich: Das Bauprojekt wird kommen. „Ich denke, wir kommen zeitlich trotzdem mit einem blauen Auge davon. Und dann hängt es davon ab, wie schnell die neue Tiefbaufirma anfängt.“ Klinger sei trotz allem froh, dass es in Gottmadingen anders laufe als in Singen. ‚Wir sind nicht in der Situation von Singen, wo drei Anbieter gegeneinander konkurrieren und am Ende macht es dann keiner‘, sagt er. Die Netcom BW werde ganz Gottmadingen ausbauen, einen Teil gefördert, den anderen Teil eigenwirtschaftlich.

Engen: Der erste Ausbau lief gut, jetzt soll es weitergehen

In Engen ist ein erster Ausbau des Glasfasernetzes seit zwei Jahren bereits erledigt. Dabei wurden die Ortsteile Biesendorf und Bittelbrunn, die Gewerbegebiete Grub und Im Tal, die Schulstandorte in Engen und Welschingen sowie die Außenbereiche ausgebaut. Dabei entschied sich die Stadt Engen für das sogenannte Betreibermodell. Bei dem baute die Stadt das Glasfasernetz selbst, hier mit Generalunternehmer Leonhard Weiss, aus und verpachtete das Netz dann an einen privaten Betreiber, erklärt Hauptamtsleiter Jochen Hock. So kam es hier im Gegensatz zu anderen Gemeinden nicht zu konkurrierenden Anbietern.

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Gerade versucht die Stadt Engen, einen weiteren Schritt im Ausbau des Glasfasernetzes zu machen und Gebiete anzuschließen, die aktuell noch als unterversorgt gelten. „Die Förderkulisse hat sich stark verändert“, sagt Hock mit Blick auf den ersten Ausbau, der zu 90 Prozent von Bund und Land gefördert wurde.

Aktuell wurde der Gemeinderat über den Stand des Ausbaus informiert. Bürgermeister Frank Harsch kam zu dem Schluss, dass Engen nächstes Jahr einen neuen Förderantrag stellen wird und parallel Gespräche für einen privaten Netzausbau führen will, um alle vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen.