Was wird aus dem von vielen Hoffnungen und mit vielen Vorschusslorbeeren begleitete Projekt Kina (Konstanzer Innovations-Areal) an der Bücklestraße? Die Frage scheint wieder vollkommen offen, nachdem das Land Baden-Württemberg einen Teil des ambitionierten Programms nun doch nicht fördert. In Konstanz war man fest davon ausgegangen, dass Stuttgart die stattliche Summe von einer Million Euro zuschießt.
Das Geld sollte in ein Programm fließen, in dem junge Unternehmen in ihrem Aufbau beschleunigt werden, einen so genannten Accelerator. Nun der große Rückschlag: Obwohl Wirtschaftsförderer Friedhelm Schaal den Zuschuss als so gut wie sicher bezeichnet hatte, hat eine Jury das Konstanzer Projekt abgelehnt. In der Politik herrscht nun erhebliche Verärgerung und einige Ratlosigkeit.
Hat Wirtschaftsförderer Friedhelm Schaal den Mund zu voll genommen?
Als die Nachricht am Donnerstagabend in der Sitzung des Gemeinderats bekannt wurde, wurden die Gesichter länger und länger – vor allem deshalb, weil die Verwaltung die Kommunalpolitiker vor der Sommerpause zu einer beispiellosen Eilentscheidung gedrängt hatte.
Manche Politiker hatten bei dem Vorhaben schon länger Bauchschmerzen
Die Begründung damals war: Konstanz müsse zu dem Projekt ja sagen, damit die Förderung vom Land fließen kann. Genau das kritisierten die Politiker einhellig. Und erhoben Vorwürfe gegen Schaal, der ihnen Sicherheiten vorgespiegelt habe, die es offenbar so nie gegeben hat. Viele Stadträte hatten bereits im Frühsommer erklärt, sie hätten Bauchschmerzen mit einem übers Knie gebrochenen Vorhaben.

Schaal selbst, der die schlechte Nachricht in die Erfolgsmeldung von einer Auszeichnung für das regionale Wirtschaftsnetzwerk Biolago verpacken wollte, erklärte, er sehe das gesamte Projekt Kina nicht als gefährdet an. Zusammen mit den Hochschulen der Stadt arbeite die Verwaltung bereits an einem neuen Programm, das ebenfalls einen Beschleuniger für Existenzgründer schaffe. Allerdings werde dies sicherlich weniger umfangreich ausfallen, als die bisherigen Planungen vorgesehen hatten. Über die Entwicklung des ehemaligen Siemens-Areals an der Bücklestraße sagte er: "Der Projektfortschritt ist sehr gut."

Die Stadträte wollten seinen Worten allerdings nicht so recht Glauben schenken. Denn bereits zuvor waren Zweifel daran aufgekommen, dass sich die Stadt dem Privatunternehmen Gründerschiff als Generalmieterin für bisher im Technologiezentrum in der Blarerstraße untergebrachte Firmen zu sehr ausliefere. Prompt forderte Roger Tscheulin (CDU): "Wir müssen das ganze Paket nochmals aufmachen und neu denken."

Auch Jan Welsch (SPD) kritisierte, die Vorlage, auf deren Grundlage der Rat damals entschieden hatte, sei "mit heißer Nadel gestrickt" gewesen: "Wir werden so eine Vorlage in der Qualität vom letzten Mal nicht mehr verabschieden."
Jürgen Faden (Freie Wähler) forderte, das Projekt zunächst zu "stoppen" und dafür zu sorgen, dass keine weiteren Kosten entstehen. Die Stadtverwaltung habe den Landeszuschuss als "hundert Prozent sicher" versprochen, das sei "ärgerlich".

Die Verwaltung will am Konstrukt mit dem Generalinvestor I+R und dem Unternehmen Gründerschiff festhalten, wie Schaal sagte. Beide Partner hätten bereits erklärt, trotz des Rückschlags im Boot bleiben zu wollen.
Andere Teile des Projekts stehen laut Stadt nicht infrage
Das regionale Innovationslabor, an dem sich nach einem Beschluss des Kreistags auch der Landkreis beteiligt, sei nicht betroffen. Am 18. Oktober, kündigte Schaal an, werde in Stuttgart mit Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut über das Thema sprechen. Von der Absage des Landes hatte sie zunächst allerdings gar nichts gewusst.
Vorhaben Kina
Auf einem Teil des früheren Siemens-Areal plant die Stadt zusammen mit dem Generalinvestor I+R und der Konstanzer Firma Gründerschiff ein Zentrum für junge Unternehmen. Es soll auch das alte Technologiezentrum im Paradies ersetzen. Die Stadt will das Kina als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort etablieren und sich für Fachkräfte sichtbar machen. Das Teilstück, um das es geht, ist rund 10 000 Quadratmeter groß, das entspricht etwa eineinhalb Fußballfeldern. Die Stadt ging bisher von Kosten in Höhe von 600 000 Euro jährlich aus. (bbr)