Das Fahrrad liegt vorne: Das ist eines der Ergebnisse der Bürgerbefragung 2023. Demnach ist das Hauptverkehrsmittel der Konstanzerinnen und Konstanzer das Zweirad, um in die Innenstadt zu kommen – mit saisonalen Schwankungen.
Für 53 Prozent der Befragten ist im Sommer das Fahrrad das bevorzugte Verkehrsmittel. Im Winter schwingen sich deutlich weniger Konstanzer aufs Rad, um damit in die Innenstadt zu fahren.
Auch wenn weniger Wege mit dem Fahrrad erledigt werden, ist es auch im Winter das beliebteste Verkehrsmittel. Während im Sommer zu Fuß gehen auf Platz zwei landet, stehen dort in der kalten Jahreszeit Bus und Bahn. Das Auto landet das ganze Jahr über auf dem vierten Platz, auch wenn es im Winter häufiger für die Fahrt in die Innenstadt genutzt wird als im Sommer.
Da die Antworten auch für die 15 Stadtteile einzeln ausgewertet wurden, lässt sich ausmachen, in welchen Ortschaften besonders viele Menschen mit dem Rad in die Stadt fahren.
Hier führen im Sommer die Allmannsdorfer. Rund 70 Prozent der Befragten antworteten demnach auf die Frage „Wie erreichen Sie im Sommer am häufigsten die Innenstadt?“ mit dem Fahrrad. Dicht darauf folgen die Bewohnerinnen und Bewohner von Staad.
Für Thomas Hinz, Professor für empirische Sozialforschung an der Universität Konstanz, ist eines der interessantesten Ergebnisse der von ihm geleiteten Befragung: Nur rund sechs Prozent der Wege in die Innenstadt werden mit dem Auto zurückgelegt, 49 Prozent mit dem Rad.
Wenn die Konstanzer Bürger selbst so wenig davon nutzen, sei es schon erstaunlich, wie viel Fläche den Autos eingeräumt werde. „Das ist für mich persönlich schon ein Hinweis für eine mutigere Verkehrspolitik“, sagt Hinz dem SÜDKURIER.

Der Wissenschaftler räumt allerdings ein, dass es Einschränkungen der Ergebnisse der Bürgerbefragung gibt. „Ein guter Punkt“, sagt er etwa auf den Hinweis, dass sich Menschen doch bestimmt häufig nachhaltiger einschätzen, als sie es tatsächlich sind. Gleichzeitig sei das erfahrungsgemäß dort zu vernachlässigen, wo die „Verhaltenskosten“ sehr hoch sind.
Damit ist gemeint: Je größer der Aufwand für eine bestimmte Handlung – etwa die Anstrengung und Zeit, die die Fahrt mit dem Rad im Vergleich zum Auto kostet –, desto weniger spiele die Einstellung der Menschen bei der Frage nach ihrem Verhalten eine Rolle.
Gewisse Verzerrungen im Vergleich zur tatsächlichen Bevölkerung gebe es zudem bei der Gruppe der Probanden. Zwar wird durch die stichprobenartige Anschrift von Menschen versucht, eine möglichst breite Gruppe zu erreichen. Junge Menschen und die ausländische Bevölkerung etwa beantworteten aber vergleichsweise selten den Online-Fragebogen.
Trotzdem sagt Hinz über die Erhebung: „Die Belastbarkeit ist für die politisch aktive Bevölkerung gut.“ Die Ergebnisse tragen aus seiner Sicht zur Versachlichung von Diskussionen in der Konstanzer Gesellschaft bei. Es sei freilich nicht der Anspruch der Befragung Politik zu ersetzen, aber: „Es ist immer gut, wenn in Entscheidungsprozessen die Entscheidungsgrundlagen möglichst belastbar dargestellt werden.“
Was schließt die Verwaltung aus den Ergebnissen?
So sieht es wohl auch die Verwaltung. Auf Anfrage zu den Ergebnissen der Bürgerbefragung heißt es von der Pressestelle: „Daraus werden in den verschiedensten Bereichen Schlüsse gezogen und die Auswirkungen sind nicht nur akut jetzt, sondern nachhaltig und langfristig zu sehen.“
Die erhobenen Daten in Bezug auf die genutzten Verkehrsmittel deutet die Verwaltung sehr positiv. „Überdurchschnittlich viele Menschen“ nutzten das Rad, den öffentlichen Nahverkehr oder gingen zu Fuß. „Das ist eine Besonderheit in Konstanz, die zeigt, dass wir im Binnenverkehr im bundesweiten Vergleich hervorragende Werte im Umweltverbund haben“, so Pressesprecherin Anja Fuchs.
Zu verdanken sei dies auch den Maßnahmen der Stadt hinsichtlich des Rad- und Fußverkehrs. Die Verwaltung erwähnt etwa das Lastenrad-Mietsystem, das auch in den Ortsteilen eingerichtet wurde und den Ausbau des Carsharings. Der Klimamobilitätsplan, den die Stadt derzeit erarbeitet, werde zudem die Mobilität ohne eigenes Auto weiter fördern. So soll etwa das Angebot von E-Leihrädern ausgedehnt werden.
Wer weiß: Vielleicht werden so eines Tages die Einwohner von Dettingen und Wallhausen den Allmannsdorfern Konkurrenz beim Viel-Radeln in die Innenstadt machen.