Eine demokratische Partei kurzerhand ausgeschlossen und ein Redebeitrag, der Israel die Schuld am Gaza-Konflikt zuschreibt*: All das hätte es nicht geben dürfen. Das sagt einer, der selbst Verantwortung für die Veranstaltung am Samstag, 20. Juli, in der Konstanzer Innenstadt übernommen hatte: Niklas Becker. Auch er ist der Meinung, dass es nach dem Christopher Street Day (CSD) noch einiges aufzuräumen und zu sagen gibt.

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Der Rahmen ist dabei ungewöhnlich. Der Konstanzer Gemeinderat ist in seiner ersten Arbeitssitzung seit der Wahl am Dienstagabend, 23. Juli, mit dem öffentlichen Teil der Tagesordnung fast durch. Unter Verschiedenes meldet sich der neu gewählte Grünen-Stadtrat zu Wort. Er erklärt, dass er beim CSD als Versammlungsleiter fungiert habe. Und bedauert, dass es im Zusammenhang mit dem Aktionstag für Menschen aller sexuellen Orientierungen und Identitäten zu mehreren Vorfällen gekommen ist, die er selbst nicht gut finde.

Er hat im Gemeinderat bedauert, dass am Christopher Street Day nicht alles so gelaufen ist, wie es hätte sein sollen: Stadtrat und ...
Er hat im Gemeinderat bedauert, dass am Christopher Street Day nicht alles so gelaufen ist, wie es hätte sein sollen: Stadtrat und Versammlungsleiter Niklas Becker. | Bild: Simon Conrads

Unter anderem sagt Niklas Becker, dass er selbst dagegen gewesen sei, der FDP einen Raum für einen Info-Stand zu verweigern, er sich aber einer demokratischen Entscheidung im Team angeschlossen habe: „Ich persönlich fand das nicht richtig“. Und er räumt ein, dass „an einer Stelle“ die Grenze zwischen legitimer Kritik an Israel und Antisemitismus überschritten worden sei. Dafür übernimmt er auch eine persönliche Verantwortung: „Ich habe die Situation als Versammlungsleiter nicht gut gelöst.“ In der ersten Sitzung des Gemeinderats zollen ihm dafür Stadträte aller Fraktionen großen Respekt, auch zu später Stunde gibt es noch herzlichen Applaus für diese klaren Worte.

OB: Ausschluss einer „Partei der Mitte“ nicht akzeptabel

Oberbürgermeister Uli Burchardt äußert sich ebenfalls noch: Bereits zuvor hatte er erklärt, dass der Ausschluss einer „Partei der Mitte“ für ihn nicht akzeptabel sei. Er habe, ergänzt er im Ratssaal, den CSD immer aus Überzeugung unterstützt. Mit der Übernahme der Schirmherrschaft sei aber nicht verbunden, dass er sich alle bei der Veranstaltung geäußerten Inhalte zu eigen mache. „Was auf den Bühnen gesprochen wird, hat mit der Schirmherrschaft nicht viel zu tun“, so Burchardt.

Er hat den Christopher Street Day immer unterstützt, hatte dieses Jahr aber als Schirmherr Gesprächsbedarf: Oberbürgermeister Uli Burchardt.
Er hat den Christopher Street Day immer unterstützt, hatte dieses Jahr aber als Schirmherr Gesprächsbedarf: Oberbürgermeister Uli Burchardt. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Für Becker hingegen ist klar: Mit den Zielen des Christopher Street Day waren manche Inhalte nicht vereinbar. Der Tag steht für Toleranz, Offenheit und Menschlichkeit. Die BDS-Bewegung dagegen fordert gegen Israel Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen. Sie nutzt – wie andere pro-palästinensische Gruppierungen auch – als Symbol die Wassermelone, wie sie am Samstag auch in Konstanz zu sehen war. Ihre Farben Rot, Grün, Weiß und Schwarz sind auch die der palästinensischen Fahne.*

Beckers Fazit: Das ist „nicht gut gelaufen“, und es schmerze ihn. Denn als schwuler Mann könne er wahrlich bestätigen, dass der Kampf für Toleranz und gegen Diskriminierung noch lange nicht überflüssig sei.

* Gegenüber einer früheren Fassung des Textes haben wir hier eine Formulierung geändert, um deutlich zu machen, dass das Melonen-Symbol nicht in jedem Fall für eine als antisemitisch eingestufte Gruppierung steht und möglicherweise auch nicht explizuit in diesem Kontext gezeigt wurde.