Der Prozess gegen die Räuber vom Herosé-Park steuert auf eine Neuauflage zu. Die Verteidiger der beiden mutmaßlichen Haupttäter haben Berufung eingelegt. Und auch die Staatsanwaltschaft ist zumindest mit einem der Urteile des Jugendschöffengerichts nicht einverstanden. Die Richtersprüche sind damit noch nicht rechtskräftig – es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.

In der nächsten Instanz muss sich nun das Landgericht tatsächlich auch inhaltlich mit dem Fall beschäftigen. Stattgefunden hatte die erste Verhandlung bereits dort, denn die Räumlichkeiten des zuständigen Amtsgerichtes waren wegen der Vielzahl der Beteiligten zu klein.

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Prozess gegen einen mutmaßlichen Räuber steht noch aus

Begonnen hatte der Prozess mit fünf Angeklagten. Die jungen Männer sollen laut Anklageschrift in der Nacht zum 27. Juli und während einer Tatserie am 5. August 2022 vorrangig auf der rechten Seerheinseite mehrere Menschen ausgeraubt und dabei zum Teil auch auf sie eingeprügelt haben.

Das Verfahren gegen den Ältesten wurde nach dem Auftakt abgetrennt, weil sein Anwalt erkrankte. Gegen ihn wird nun ab 26. April extra verhandelt. Drei der jungen Syrer wurden nach vier Verhandlungstagen zu Jugendstrafen verurteilt, nur einer von ihnen kam auf Bewährung frei. Der Fünfte erhielt lediglich eine Verwarnung mit einigen Auflagen.

Aus erzieherischen Gründen muss es eine Jugendstrafe sein, sagt der leitende Konstanzer Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth.
Aus erzieherischen Gründen muss es eine Jugendstrafe sein, sagt der leitende Konstanzer Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth. | Bild: Norbert Trippl | SK-Archiv

Genau damit ist die Staatsanwaltschaft Konstanz nicht einverstanden – und legte Rechtsmittel ein. „Wir sind der Auffassung, dass es aus erzieherischen Gründen zur Einwirkung auf sämtliche Angeklagte einer Jugendstrafe, gegebenenfalls auch zur Bewährung, bedarf“, erklärt dazu der Leitende Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth. Mildere Mittel würden den Erziehungszweck nicht ausreichend erfüllen.

Björn Bilidt, Verteidiger des betroffenen 19-Jährigen, glaubt allerdings nicht an einen Erfolg dieser Berufung. „Abgesehen davon, dass die Tatbeteiligung meines Mandanten sehr gering war, sollte auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass er sich bis zum Prozess-Ende insgesamt fast ein halbes Jahr lang in Untersuchungshaft in Stuttgart-Stammheim befand. Diese Zeit hat meinen sehr jungen Mandanten sehr geprägt und ist bereits als nicht unerhebliche Strafe für ihn zu bewerten.“

Der Radolfzeller Rechtsanwalt Björn Bilidt vertritt den einzigen Angeklagten, der bei der Urteilsverkündung im ersten Prozess keine ...
Der Radolfzeller Rechtsanwalt Björn Bilidt vertritt den einzigen Angeklagten, der bei der Urteilsverkündung im ersten Prozess keine Jugendstrafe erhielt. | Bild: Eva Marie Stegmann | SK-Archiv

Bilidt geht daher auch davon aus, dass der junge Mann die Zeit, die bis zu einer etwaigen Berufungsverhandlung vergeht, nutzen wird. Und zwar um zu zeigen, dass er ein straffreies und gesellschaftlich sinnvolles Leben in Deutschland führen kann.

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Bei der Neuauflage des Prozesses nicht mit dabei wäre der Konstanzer Strafverteidiger Gerhard Zahner. Sein 18 Jahre alter Mandant hatte vom Jugendschöffengericht eine Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, ausgesetzt auf Bewährung, bekommen. Damit können offenbar sowohl Anklage als auch Verteidiger leben, denn niemand legte dagegen in der mittlerweile verstrichenen Frist sein Veto ein.

Anwältin: „Ich habe unbeschränkte Berufung eingelegt“

Anders Vera Eberz, Vertreterin des mit 17 Jahren jüngsten Angeklagten, der wegen besonders schweren Raubs, schwerer Körperverletzung sowie Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte eine Jugendstrafe von drei Jahren und vier Monaten erhielt und hinter Gittern blieb (eine Aussetzung auf Bewährung ist bei Strafen von über zwei Jahren nicht möglich). „Ich habe unbeschränkte Berufung eingelegt“, sagte die Rechtsanwältin dem SÜDKURIER. Das heißt, sie richtet sich gegen das gesamte Urteil und nicht nur einen Teilaspekt wie das Strafmaß.

Die Konstanzer Strafverteidigerin Vera Eberz hält das Urteil gegen ihren Mandanten für fehlerhaft.
Die Konstanzer Strafverteidigerin Vera Eberz hält das Urteil gegen ihren Mandanten für fehlerhaft. | Bild: Eva Marie Stegmann | SK-Archiv

Auch der zweite mutmaßliche Haupttäter (18 Jahre, Jugendstrafe drei Jahre und ein Monat) wird wohl noch einmal in den Sitzungssaal zurückkehren. Denn sein Verteidiger Andreas Hennemann legte ebenfalls Berufung ein.

Da die Staatsanwaltschaft bei diesen beiden Urteilen auf Rechtsmittel verzichtet hat, gilt für die Angeklagten das Verschlechterungsverbot. Das heißt, die Berufungen dürfen nicht zum Nachteil derer gereichen, die diese Möglichkeit nutzen. Eine noch höhere Jugendstrafe als beim ersten Prozess können sie also nicht bekommen.

Wann und wie das Verfahren neu aufgerollt wird, ist momentan unklar. Mit dieser Frage muss sich nun das Landgericht Konstanz befassen.