Zum Schluss entschuldigten sich die drei Angeklagten vor dem Amtsgericht Konstanz – der Vater und seine beiden Söhne. Einer davon ist 30 Jahre alt und süchtig nach Kokain. Seine Sucht war der Anlass dafür, dass der Vater und der andere Sohn versuchten, an einem mutmaßlichen Dealer Selbstjustiz zu üben. Sie kommen beide mit Bewährungsstrafen davon.

Der 30-jährige Vorbestrafte aber wurde am Amtsgericht Konstanz unter der Richterin Friederike Güttich zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, unter anderem weil er seine frühere Ehefrau lebensgefährlich verletzte, seinen mutmaßlichen ehemaligen Dealer körperlich traktierte und ohne Führerschein durch Konstanz raste. Wichtigster Punkt der Verurteilung: Der 30-Jährige muss in eine Anstalt zum Entzug.

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Der Verurteilte bekommt nun eine Chance, sich von der Sucht zu lösen. Ein vor Gericht befragter Fachmann geht davon aus, dies Erfolg haben könne. Der psychologische Gutachter sagte: Der Angeklagte müsse zum Entzug verpflichtet werden. Er brauche einen stationären Aufenthalt und den Zwang dazu. Sein Hang, Kokain zu konsumieren, sei ein Grund dafür, dass er so leicht reizbar sei, völlig unangemessen reagiere und Probleme ausblende.

Kokain und ein unberechenbares Wesen – eine brisante Kombination

Die Sucht und die Persönlichkeit des Mannes seien problematisch, so der Gutachter: Bei den angeklagten Taten sei seine Fähigkeit, das Handeln zu steuern, in Teilen beeinträchtigt gewesen. Zusammen mit seiner Persönlichkeit, die von Impulsivität geprägt sei, und seiner Neigung, Regeln und Gesetze zu missachten, sei dies eine brisante Mischung.

Der Experte geht davon aus, dass der 30-jährige zwar ein Problem hat, mit Frustrationen umzugehen, und an einer Sache zu bleiben, er aber dennoch Ressourcen mobilisieren könne. Als positiv wertete er, dass der Mann eine Ausbildung machen und zeitweise in seinem Fach sogar selbständig war. Dazu komme der Wunsch, ohne Drogen zu leben. Der Experte vermutet, dass der Mann unerkannt unter der Aufmerksamkeitsstörung ADHS leidet. Eine besondere Wirkweise des Kokains deute darauf hin.

Er würgte die Frau, bis sie ohnmächtig war

Die ehemalige Ehefrau des Süchtigen berichtete das Zusammensein als Martyrium. Er soll sie unter anderem verprügelt, mit der Faust ins Gesicht geschlagen und sie gewürgt habe, bis sie ohnmächtig wurde. Das Gericht folgte den Ausführungen der Frau. Der Angeklagte wurde unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Richterin Güttich nimmt an, dass das alles lebensgefährdend war.

Vor dem Konstanzer Amtsgericht mussten sich zwei Brüder und ihr Vater für ihnen vorgeworfene Straftaten verantworten, die mit ...
Vor dem Konstanzer Amtsgericht mussten sich zwei Brüder und ihr Vater für ihnen vorgeworfene Straftaten verantworten, die mit Drogenkonsum zu tun hatten.

Die Richterin sagte: Die Frau habe sich so gut wie möglich erinnert, und glaubhaft die Vorfälle berichtet. Sie habe auch exakt differenziert, und es gesagt, wenn eine Verletzung aus einer anderen Sache stammte, und nichts mit ihrem früheren Partner zu tun hatte. Dasselbe gelte für die Autofahrt, bei der der Angeklagte ohne Führerschein mit dem Fahrzeug des Schwiegervaters durch Konstanz raste, die frühere Partnerin, schwanger im siebten Monat, neben sich. Dabei sei der 30-Jährige immer wieder in den Gegenverkehr geraten und kurz vor einem Unfall in der Fürstenbergstraße über eine rote Ampel gebrettert.

Verteidiger bringt Bewährungsstrafe ins Spiel, Staatsanwalt fordert über drei Jahre

Der Rechtsanwalt des Angeklagten machte geltend, die Frau hätte mehrere Möglichkeiten gehabt, auszusteigen. Er erkannte in der Gesamtschau die Möglichkeit, eine Bewährungsstrafe zu verhängen. Aber auch er sah die Notwendigkeit, dass sich sein Mandant entweder freiwillig oder im Rahmen einer Strafe in eine stationäre Therapie begibt. Der Staatsanwalt hatte sich für drei Jahre und vier Monate Haft und die Unterbringung in einer Entzugsanstalt ausgesprochen.

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Neben dem 30-Jährigen mussten sich auch dessen Vater und Bruder vor Gericht wegen Taten verantworten, die als gefährliche Körperverletzung und Raub angeklagt waren. Vater und Sohn sollen angereist sein, weil sie die Nachricht bekamen, dass ein mutmaßlicher Dealer dem abhängigen Sohn in Konstanz gepanschten Stoff verkauft habe. Dem Süchtigen soll es nach dem Konsum schlecht gegangen sein.

Schlechtes Kokain verkauft? Vater und Bruder reisen nach Konstanz und wollen die Sache regeln

Auf Videos, die während der Verhandlung gezeigt wurden, war zu sehen, was dann geschah. Der Vater und die beiden Söhne bedrängten den mutmaßliche Dealer und schlugen ihn. Der Vater, selbst ein ehemaliger Kokainsüchtiger, hatte dabei eine führende Rolle inne. Sie verlangten das Geld für die Drogen zurück. Nicht zu sehen war, wie Vater und Sohn eine Geldsumme und das Handy des mutmaßlichen Dealers mitnahmen. Vor Gericht wurde die Frage diskutiert, ob dies ein Raub sei oder nicht.

Die Verteidiger sahen beim Süchtigen gar keine Beteiligung am Raub, und führten für den Vater und den Sohn an, es sei unrealistisch, anzunehmen, dass diese 200 Kilometer weit gefahren seien, um jemanden zu berauben. Sie hätten den Dealer nur zur Rede stellen wollen. Der Staatsanwalt kam zum Schluss, alle drei hätten sich des Raubes und der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht.

Richterin entscheidet: Das ist Selbstjustiz und nicht zu tolerieren

Richterin Friederike Güttich sagte, das Motiv sei nachvollziehbar, aber Selbstjustiz nicht tolerierbar. Der Vater bekam ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung, der Sohn ein Jahr und drei Monate, ebenfalls auf Bewährung. Beim Süchtigen sah das Gericht keine Beteiligung am Raub.

Dem 30-Jährigen steht eine große Aufgabe bevor. Der psychologische Sachverständige führte vor Gericht aus: Kokain mache schnell abhängig und beeinflusse die Stimmung massiv. Sobald die Wirkung des Stoffs nachlasse, beginne ein Leidensprozess. Der Körper und auch die Psyche seien erschöpft. Der Konsument sehne sich nach Ruhe und Rückzug. Diese Zeit sei durch Depression und Reizbarkeit geprägt.

Das Rauschgift hat eine Familie zerstört, und der Weg aus der Sucht ist extrem schwer

Schon der erste Verhandlungstag hatte gezeigt, wie sehr das Rauschgift eine ganze Familie zerstören kann. Nun bestätigt auch der Gutachter: Es brauche schon eine sehr starke Persönlichkeit, um durch dieses Tal gehen zu können. Bei Kokain gelte deshalb: Kontrollierter Konsum gehe in der Regel geht schief. Und die Therapie gelte als besonders kompliziert.

Die Urteile wurden nicht unmittelbar rechtskräftig. Die Verurteilten können Revision oder Berufung einlegen.