Stuttgart/Konstanz (mit dpa)- Wegen Hausfriedensbruchs müssen sich drei zum Teil prominente Stuttgarter Stadträte des Linksbündnisses am Freitag vor dem Amtsgericht Stuttgart verantworten, darunter der in Konstanz knapp gescheiterte Oberbürgermeisterkandidat Luigi Pantisano (SÖS). Pikant an der ganzen Sache: Die Anzeige wurde laut den Stadträten ursprünglich vom Landtagsabgeordneten Heinrich Fiechtner initiiert. Derjenige, der früher in der AfD war und bereits mehrfach von Polizisten aus dem Landtag getragen werden musste – weil er mit Zwischenrufen massiv störte. Dokumente davon gibt es auch auf Youtube.

Organisator von Anti-Corona-Protesten

Mitte des Jahres organisierte Fiechtner zudem Proteste gegen die Corona-Ordnung in Stuttgart. Neben Pantisano betrifft die Anzeige auch Hannes Rockenbauch, OB-Kandidat und Fraktionssprecher des Linksbündnisses sowie Fraktionskollege Thomas Adler.

Den Männern wird laut einer Gerichtssprecherin vorgeworfen, am 2. Mai 2018 in eine leerstehende Wohnung in der Landeshauptstadt eingedrungen zu sein und dort ein Interview gegeben zu haben, das gefilmt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Hausbesetzer in dieser und einer weiteren Wohnung des Mehrfamilienhauses niedergelassen. Pantisano stellte gegenüber dem SÜDKURIER klar: „Was wir gemacht haben, war keine Hausbesetzung.“ Stattdessen habe man dort mit den Bewohnern gesprochen und im besetzten Haus gefilmt. Ihnen sei es darum gegangen, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass unter anderem eine Mutter mit Kindern in Stuttgart so verzweifelt auf Wohnungssuche sei, dass sie sogar ein Haus besetze.

Zahlreiche andere Personen mit dabei – angeklagt aber nur drei

Zahlreiche andere Personen hätten sich dort aufgehalten, auch Politiker anderer Parteien und Medien. „Das ganze ging über Wochen“, so Pantisano. Ähnlich wie im Mitte des Jahres besetzten Haus in Konstanz. „Dort waren ebenfalls Stadträte und der Oberbürgermeister.“ Angezeigt wurde allerdings niemand. Obwohl es theoretisch möglich gewesen wäre.

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Auch in Stuttgart nicht – außer den drei besagten Politikern. Rockenbauch, Pantisano und Adler riefen zu einer Kundgebung 30 Minuten vor Beginn des Prozesses auf. Es gebe einen massiven Mangel an bezahlbaren Wohnungen. „Wer in so einer Situation Wohnungen unbegründet leer stehen lässt, handelt gegen das Gemeinwohl“, sagte Adler, wohnungspolitischer Sprecher und Fraktionsvorsitzender der Fraktion Linke, SÖS, Piraten und Tierschutzpartei. Rockenbauch sagte: „Die Hausbesetzung war eine Reaktion auf die Untätigkeit der Stadtspitze und Mehrheit im Gemeinderat.“

Pantisano: Skandal liegt woanders

Und Pantisano meinte: „Nicht diejenigen, die auf den Skandal von Tausenden leerstehenden Wohnungen aufmerksam machen, gehören angeklagt, sondern diejenigen, die Wohnungen leer stehen und verfallen lassen.“ Laut der Gerichtssprecherin erging gegen die drei Stadträte ein Strafbefehl. Gegen diesen legten sie einen Einspruch ein. Deswegen kommt die Angelegenheit nun vor das Amtsgericht.