Der Fasnachts-Fan wird hellhörig: Die Hofnarrenzunft Mainauer Paradiesvögel und die Narrengemeinde Hofpeter haben ihre Bunten Abende für die aktuelle Fasnachtssaison abgesagt. Es sind zwei kleine, sehr beliebte Vereine, deren Programmabende immer rasch ausverkauft waren.
Was ebenfalls stutzig macht: Auch der Kartenvorverkauf für die Narrenspiele der Narrengesellschaft Niederburg im Schulterschluss mit der Kamelia Paradies und sogar für die Fernsehübertragung am 7. Februar, die sonst umgehend ausverkauft war, läuft eher schleppend. Was ist da los?
Nachwuchsmangel nicht erst seit heute
Die Elefanten AG hat ihre ruhmreiche Zeit schon lange hinter sich gelassen. Einstmals war die Elefanten AG wichtiges Aushängeschild der karnevalistischen Fasnacht in Konstanz, deren Bühnenprogramme zur Legende wurden.
Mit Karle Steuer und Helmut Fasnacht hatten die Elefanten in den 1950er- und 1960er Jahren närrische Schwergewichte und Vorreiter in ihrer Narrengilde. Helmut Fasnacht, der im Jahr 2005 verstarb, war ein Meister der politischen Bütt und brillierte noch in den 1990er Jahren als „Karle Dipfele vu Deutschlands letschtem Zipfele“.
Doch neben den großen Bühnenhelden hatte es der Nachwuchs nicht leicht, in dem Schatten der Großen gedeihen zu können. Statt der großen Elefantenabende gab es später nur noch ein närrischer Programmfrühschoppen am Schmotzige Dunschtig im Barbarossa, der dann jedoch Ende der 2010er Jahre sang- und klanglos aus dem Veranstaltungskalender verschwunden ist.
Ähnlich erging es den Seehasen, die zwar nur im Kleinen ein buntes Programm veranstaltet hatten – aber auch diese Bühne ist schon lange leer. Dafür aber pflegen die einstigen Narren karnevalistischen Gepräges längst die alemannische Straßenfasnacht; seit dem Jahr 1995 hüpfen nun kleine und große Hasen munter in Konstanz herum. Just in jener Zeit erfuhr die Straßenfasnacht einen Boom. Die Vielfalt an Maskenträger nahm zu, während die Bühnenfasnacht schmerzhafte Einbußen erlitt.
Zwei Jahre Müßiggang
Nun scheint wieder eine Zeitenwende eingeläutet worden zu sein. In den zwei fasnachtslosen Jahren haben es sich doch einige Narren sehr gemütlich auf ihren heimischen Sofas eingerichtet. Natürlich zwickt auch sie das Fasnachts-Gen weiterhin, aber das Engagement hat offenkundig nachgelassen.
Hinter einem Bühnenauftritt – sei es Sketch oder Büttenreden (die mittlerweile Mangelware geworden sind) – steckt viel Zeit und harte Arbeit. Die Protagonisten jener Vereine, die in diesem Jahr keine eigenen Programmabende bieten, sind nun als Leih-Stars auf Bühnen anderer Fasnachtsgesellschaften aktiv und werden mit Kusshand genommen, denn gute Bühnenaktivisten sind schwer zu finden.
Dieser Mangel hat vielerlei Gründe. Manch Verein hat zu spät mit der Nachwuchsförderung begonnen, gleichzeitig aber ist das Anspruchsdenken der Fernseh-Comedy-verwöhnten Zuschauer gestiegen. Hinzu kommen die Nebenwirkungen der Live-Sendung „Konstanzer Fasnacht aus dem Konzil“. Der Einstieg in die Bühnenfasnacht wird damit noch einmal erschwert.
Wo soll sich der Nachwuchs ausprobieren können, wenn der Fasnachtsauftakt der Niederburg mittlerweile einer Casting-Show gleichkommt? Da trauen sich nur wenige, ihre ersten Bühnenerfahrungen zu sammeln. Eine weitere Nebenwirkung der Live-Ausstrahlung ins weite Land: Der fasnachtstypische Lokalkolorit mit Spitzen gen Lokal- und Kommunalpolitik ist zwischenzeitlich vom Aussterben bedroht.
Runter vom Sofa!
Derweil haben sich auch viele Bühnenaktiven und solche, die das Potenzial zu guten Nachwuchsakteuren hätten, in den vergangenen zwei Jahren zu sehr zurückgelehnt. Viel bequemer ist es nämlich, einfach nur das Häs anzuziehen und ganz nach Lust und Laune auf der Straße Schabernack zu treiben. Eben diese Bequemlichkeit und das persönliche Begehren, sich nicht binden zu wollen, erschwert das (Über-)Leben nicht nur der karnevalistisch geprägten, sondern auch aller anderen Vereine, die Brauchtumsveranstaltungen auf die Beine stellen.
Diese Erfahrung musste jetzt sogar der Narrenverein Schneckenburg machen. Ein vielseitiges Programm haben sie zum 11.11. auf die Bühne gebracht; die Schnecken-Akteure sind fit. Aber genügend tatkräftige Helfer für das Monsternarrenbaumstellen mit vorherigem Umzug zu finden, ist nicht einmal ihnen gelungen. So findet in diesem Jahr auch diese beliebte Brauchtumsveranstaltung nicht statt.
Hinzu kommt auch noch der Saalmangel in Konstanz, der das Überleben der Bühnenfasnacht erschwert. Ob damit jetzt wirklich die Endzeit der Saalfasnacht eingeläutet ist? Vielleicht entsteht aber auch Neues, wenn man in die Geschichte der Konstanzer Fasnacht zurückblickt. Saalmangel herrschte auch vor mehr als 55 Jahren.
Dies war ein Grund dafür, dass sich Elefanten, Kameler, Schneckenbürgler und Seehasen zur Vereinigung Konstanzer Narrengesellschaften zusammengeschlossen und im Januar 1967 erstmals gemeinsame Narrenkonzerte veranstalteten. Bruno Helmle, der seinerzeit amtierende Oberbürgermeister, sprach im Geleitwort zum ersten Narrenkonzert einen weiteren Punkt an: Auf die „Konzentration der Talente“ würde große Hoffnungen gesetzt. Also hatte in Konstanz auch damals schon der Bühnennachwuchs gefehlt.
Wiederholt sich die Geschichte?
1968, also nur ein Jahr später, organisierte die Vereinigung den großen Fasnachtsumzug am Fasnachtssonntag. Auch Fasnachtsbälle veranstaltete die Vereinigung, die allerdings nicht einmal 25 Jahre später aufgrund der Publikumsgeschmacks-Trendwende schon wieder abgeschafft wurden.
Dafür aber führte Philipp Blum das internationale Frühschoppenkonzert am Sonntagvormittag vor dem Schmotzigen Dunschtig ein. Dieses närrische Spottpourri mit den besten Nummern aller beteiligter Narrengesellschaften ist bei den Zuschauern immer noch sehr beliebt.
Dem närrischen Viererbund schloss sich im Jahr 1992 die Narrengesellschaft Niederburg an, und zwar aus der Not heraus. Mit Schließung des St. Johann war das Niederbürgler Narrenvolk heimatlos geworden. Vielleicht entwickelt sich jetzt aus der Not heraus wiederum etwas Neues oder die Fasnacht kehrt zurück zu alten alemannischen Wurzeln, die sich in den Straßen, Gassen und Plätzen abspielt.