Dirk Lehmann versteht die Welt nicht mehr. Eigentlich sollte er am Freitag, 14. Mai, in Weinfelden gegen Corona geimpft werden. Als Grenzgänger hat er sich Anfang April ganz legal und den Regularien entsprechend für eine Impfung angemeldet und die Zusage vor einigen Tagen erhalten – und auch der Termin für die zweite Impfung im Juni lag bereits vor. Der 48-Jährige gehört der Priorisierungsgruppe drei an und konnte sich daher bewerben.
Erst die Zusage, dann die Absage per SMS
Dann kam der Mittwoch – und die Ernüchterung per SMS aufs Handy: „Wir bestätigen Ihre Abmeldung. Der zuletzt empfangene Link ist nicht mehr gültig. Sie müssen sich neu registrieren, um sich wieder für eine Impfung einschreiben zu können.“
Dirk Lehmann ging von einem Versehen aus und wollte sich neu registrieren – wurde jedoch jedes Mal von der Seite geschmissen, als er die Kennung eingeben musste, die ihn als Grenzgänger identifizierte.
Keine Grenzgänger, bitte...
Ein Anruf brachte die Gewissheit: „Mir wurde gesagt, dass ich als Grenzgänger im Thurgau nicht mehr geimpft werde. Und das, obwohl ich seit 15 Jahren im Kanton arbeite, im Thurgau Quellensteuer und Krankenversicherung bezahle und es Verträge gibt zwischen Deutschland und der Schweiz. Das ist skandalös und diskriminierend.“
Auf der Homepage des Thurgauer Gesundheitsamtes findet sich diese Erklärung: „Der Kanton Thurgau konzentriert sich im Moment auf die Impfung seiner Wohnbevölkerung ... Impfwillige, die im Kanton wohnen, werden aktuell gegenüber Außerkantonalen und Grenzgängern bevorzugt.“

Und weiter heißt es: „Personen, die nicht im Thurgau wohnhaft sind, werden momentan nur dann zu einer Impfung zugelassen, wenn Sie im Gesundheitswesen des Kantons arbeiten. Damit werden Personen, die außerhalb des Kantons wohnen oder Grenzgänger sind, aus dem Anmeldungstool gelöscht und erhalten keine Impftermine. Sie werden gebeten, sich in ihrem Wohnkanton bzw. Landkreis zu registrieren.“
Zuvor hieß es auf der Homepage des Bundesamtes für Gesundheit: „Grenzgänger, die in der Schweiz eine obligatorische Krankenpflegeversicherung abgeschlossen haben, können sich gemäß Impfempfehlungen in der Schweiz impfen lassen. Die Kosten werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, dem Bund und den Kantonen übernommen.“ Schnee von gestern.
Dirk Lehmann ist verärgert über dieses Gebaren der Eidgenossen. „Ich kann das einfach nicht verstehen. Ich als Grenzgänger bin doch in gewisser Hinsicht ein Risiko, da ich auf beiden Seiten der Grenze Kontakte habe und eben täglich hin- und herfahre.“ Die Streichung seines Termines betreffe nun seine Kollegen im Thurgau und seine Familie in Konstanz. „Das macht für mich keinen Sinn, und es ist ungerecht.“ Schon am Mittwoch machte er sich auf die Suche nach einem neuen Termin. Auf deutscher Seite.