„Traumhafte 3,5-Zimmer-Eigentumswohnung im Musikerviertel mit großem Balkon“ – und das alles für eine Warmmiete von nur 990 Euro! Welchem Konstanzer Wohnungssuchenden läuft da nicht das Wasser im Mund zusammen? Klar, man weiß ja, dass sich auf den zahlreichen Immobilienportalen im Internet allerlei gefälschte Wohnungsanzeigen tummeln.

Das könnte Sie auch interessieren

Aber nach unzähligen Anfragen und Wohnungsbesichtigungen, die einfach ins Leere verlaufen sind und angesichts der Ebbe an bezahlbaren Wohnungen, die auf Immobilienportalen herrscht, wagt man dann doch ein bisschen zu träumen. Davon, dass es vielleicht wirklich jemanden gibt, der – aus welchen Gründen auch immer – ein Herz für Normalverdiener auf Wohnungssuche hat.

Die Verdachtsmomente

Diese Träumerei hätte man sich von Anfang schenken können, wie die Aussage von Heidrun Angele vom Referat Prävention des Konstanzer Polizeipräsidiums deutlich macht. Bei Wohnungsangeboten auf Immobilienplattformen gebe es „Verdachtsmomente, bei denen die Alarmglocken laut schrillen sollten“.

Zu schön um wahr zu sein: Eine 3,5-Zimmerwohnung im Konstanzer Musikerviertel für nur 990 Euro warm.
Zu schön um wahr zu sein: Eine 3,5-Zimmerwohnung im Konstanzer Musikerviertel für nur 990 Euro warm. | Bild: Maxi Stach

Etwa, wenn der Mietpreis der Wohnung für die Lage und Ausstattung im Vergleich sehr günstig sei. Oder, so Angele, „die Bilder und das Angebot der Traumimmobilie sind ‚zu schön, um wahr zu sein‘“. Ist das der Fall, liege der Verdacht des Wohnungsbetrugs nahe, erklärt Angele.

„Gerade in größeren Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt und höherer Studentendichte, so auch in Konstanz, kommt es regelmäßig zu dieser Masche, bei der Miet- und Kaufinteressenten von Betrügern mit gefälschten Wohnungsinseraten auf Immobilienportalen um ihr Geld gebracht werden.“

Das könnte Sie auch interessieren

Nichtsdestotrotz: Die erste Nachricht an den Anbieter der Traumwohnung im Konstanzer Musikerviertel ist bereits verschickt. Postwendend kommt eine Antwort: Man solle den Anbieter bitte direkt über eine private E-Mail-Adresse anschreiben, anders sei ein Kontakt nicht möglich.

Die anrührende Familiengeschichte

Auch auf die Mail, die daraufhin verschickt wird, folgt schon bald eine Reaktion: Der vermeintliche Vermieter, der sich „Stiegler Timo“ nennt, stellt sich nun als Eigentümer der günstigen Mietwohnung vor. Er habe sie von seinem Großvater geerbt, der vor zwei Jahren verstorben sei. Von seinen Kindern wolle leider niemand in Deutschland leben. Er selbst wohne in den Niederlanden.

Bild 2: Betrügerische Konstanzer Wohnungsangebote in Immobilien-Portalen: Zwiegespräch mit einem Wohnungsbetrüger – und was die Polizei dazu sagt
Bild: Screenshot/Marcel Jud

Auch das scheint wie aus einem Lehrbuch für Wohnungsbetrug zu stammen, wie Heidrun Angele vom Polizeipräsidium erklärt. Häufig würden Betrüger vorgeben, sich im Ausland aufzuhalten. „Zusätzlich wird meist ein vermeintlicher moralischer und persönlicher Aspekt mit eingebracht, wie Tod eines Familienangehörigen und die persönliche Verbundenheit mit dem Objekt.“ Etwa als Grund, weshalb ein verlässlicher Mieter einem hohen Mietpreis vorgezogen werde, so Angele weiter.

Das könnte Sie auch interessieren

Das Inserat auf der Immobilienplattform hat der Anbieter der Musikerviertel-Wohnung kurz nach dem ersten Mail-Kontakt deaktiviert, „aufgrund der vielen Anfragen“, wie er schreibt. Bestehe weiter Interesse an der Wohnung, solle man doch bitte noch einige private Informationen nachreichen zu Alter, Berufstätigkeit, Mietdauer und so weiter.

Der Identitätsdiebstahl

Bei der Frage nach persönlichen Daten ist absolute Vorsicht geboten, wie Heidrun Angele vom Polizeipräsidium betont. Keinesfalls dürfe man vermeintlichen Vermietern Kopien des eigenen Personalausweises oder Reisepasses übersenden. Es bestehe die Gefahr des Identitätsdiebstahls. Also, dass Betrüger sich als die Personen ausgeben, die ihnen eine Kopie ihres Ausweises geschickt haben und deren Identität für Straftaten missbrauchen.

In Kontakt mit einem Wohnungsbetrüger.
In Kontakt mit einem Wohnungsbetrüger. | Bild: Maxi Stach

Für das Schnäppchen im Konstanzer Musikerviertel jedenfalls werden dem Anbieter keine privaten Daten preisgegeben. Aber das scheint ihn nicht zu kümmern. Nachdem man ihm noch einmal per E-Mail versichert hat, dass durchaus weiterhin Interesse an der Wohnung bestehe, folgt fast postwendend eine längere Mail des vermeintlichen Wohnungsbesitzers. Leider könne er nicht persönlich vor Ort sein – klar, er wohnt ja in den weit entfernten Niederlanden.

Die Geldforderung

Typisch für Wohnungsbetrüger, sagt Heidrun Angele: „Sie geben vor, sich im Ausland aufzuhalten und bieten an, den Schlüssel für das Mietobjekt per Post oder Vermittler zukommen zulassen, verlangen aber hierfür die Vorauszahlung einer Kaution oder ersten Monatsmiete. Des Weiteren gaukeln sie fälschlicherweise vor, mit dem Immobilienportal, zum Beispiel Airbnb, zusammenzuarbeiten, um Seriosität vorzutäuschen.“

Das könnte Sie auch interessieren

Der angebliche Inhaber der Musikerviertel-Wohnung steht dem in nichts nach. „Wir benötigen einen sicheren Weg zur Abwicklung“, schreibt er. Deshalb habe er die Wohnung auch auf Airbnb veröffentlicht. Über die Vermietungs-Internetseite könne die Bezahlung abgewickelt werden – und zwar der ersten Monatsmiete in Höhe von 990 Euro sowie einer Kaution in Höhe von 1980 Euro. Danach erhalte man Schlüssel und Mietvertrag innerhalb von 48 Stunden zugestellt. Dazu benötige er Name und Adresse des Interessenten.

Bild 4: Betrügerische Konstanzer Wohnungsangebote in Immobilien-Portalen: Zwiegespräch mit einem Wohnungsbetrüger – und was die Polizei dazu sagt
Bild: Screenshot/Marcel Jud

Die Polizei ermittelt inzwischen gegen den vermeintlichen Erben der Musikerviertelwohnung aus den Niederlanden. Wie Heidrun Angele vom Präventionsreferat des Polizeipräsidiums erklärt, sei der Fall gemeldet worden. Wohnungsbetrug stelle mittlerweile ein Massenphänomen dar, führt Angele aus. Genaue Fallzahlen gibt es keine, denn: „Im Einzelnen kann es statistisch nicht selektiert werden, da es in der Regel deliktisch unter besonders schwerer Fall des Betrugs fällt und so bearbeitet wird.“

Was man jedoch wisse: Die Täter gingen meist gewerbsmäßig und bandenmäßig vor. In der Regel agierten sie in einem Netzwerk aus dem Ausland. „Die Aufklärungsquote ist sehr niedrig, da eine Rückverfolgung in vielen Fällen nicht möglich ist“, so Angele. Im Zuge von Corona hätten Betrugsfälle allgemein nochmals zugenommen, „während die Anzahl Einbrüche gesunken ist.“

Das könnte Sie auch interessieren

Zum Schluss passt ein Zitat aus der letzten Mail des vermeintlichen Vermieters der Traumwohnung im Konstanzer Musikerviertel ganz gut. Nachdem er die Details der Zahlungsabwicklung erklärt hat, schreibt er: „Ich hoffe, dass nun alles klar ist.“ Danach herrscht Funkstille.

Worauf Wohnungssuchende laut Polizei achten sollten

Das könnte Sie auch interessieren