So mancher Konstanzer Autofahrer dürfte beim Blick auf die Tankrechnung erschrocken sein. Seit Monaten steigen die Spritpreise im Land in die Höhe, teilweise sogar über die 2-Euro-Marke. Ein Ende scheint vorerst nicht in Sicht. Während alle Autofahrer in Deutschland tief in die Tasche greifen müssen, sollen die Konstanzer noch tiefer in die Tasche greifen.
Der durchschnittliche Benzinpreis in Deutschland liegt aktuell knapp unter 1,70 Euro pro Liter, in Konstanz zahlt man im Durchschnitt fast 15 Cent mehr.
Wie kann das sein? Lohnt es sich für alle Konstanzer, in der Schweiz zu tanken? Und wie kommen die Preisunterschiede zu unseren Nachbarn zustande? Wir haben alles Wissenswerte zusammengefasst:
Die Gründe für das Ansteigen der Preise
Dass die Benzinpreise aktuell steigen, hat viele Gründe. Vor allem liegt es aber am steigenden Rohölpreis. Wie die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem aktuellen Monatsbericht schreibt, sinke derzeit die Nachfrage nach Rohöl. Ein Grund dafür sei beispielsweise eine steigende Zahl von Corona-Fällen in asiatischen Ländern. Langfristig zeigt die Nachfragekurve aber nach oben. Die IEA erwartet, dass die Nachfrage nach Öl in diesem Jahr um 5,2 Millionen Barrel pro Tag steigen wird. Für das nächste Jahr wird eine Steigerung von 3,2 Millionen Barrel pro Tag erwartet.
Das Problem: Die Nachfrage steigt schneller als die Fördermenge. Zwar beschlossen die Ölförderländer (OPEC+), zu denen auch Russland, Mexiko oder der Oman zählen, ihre Produktion ab November um 400.000 Barrel pro Tag zu steigern. Dennoch liegt die Rohölförderung zwischen Oktober und Dezember damit 700.000 Barrel unter der erwarteten Nachfrage. Hinzu kommen Ausfälle in der Förderung beispielsweise durch den Hurrikan Ida an der US-amerikanischen Ostküste. Ereignisse wie dieses führten dazu, dass die Erdölvorräte vielerorts schrumpften. Auch der ungünstige Dollarkurs für Importe begünstigt aktuell die steigenden Preise.
Der Preis setzt sich aus drei Faktoren zusammen
Den größten Teil des deutschen Spritpreises machen die staatlichen Abgaben aus. Bei Benzin fallen dafür 65,45 Cent pro Liter an. Bei Diesel sind es aktuell 47,04 Cent pro Liter. Zusätzlich werden noch 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnet. Das bedeutet, dass insgesamt rund 64 Prozent der Tankrechnung an den Staat gehen. Bei Diesel sind es knapp unter 60 Prozent. Ein weiterer Teil ist der Einkaufspreis der Produkte. Hier kommen die zuvor genannten Rohölpreise und Wechselkurse ins Spiel. Schließlich kommen noch weitere Kosten wie Lagerhaltung, Vertrieb oder Transport hinzu, die sich auf den Preis auswirken.
In Konstanz müssen Autofahrer aber trotzdem viel mehr ausgeben als in dem meisten anderen Regionen Deutschlands. Als ein Faktor dafür wird seitens der Industrie immer wieder der Rheinpegel angeführt: Je niedriger der Rheinpegel, desto weniger Öl kann transportiert werden, weil das Schiff sonst Gefahr läuft, aufzusetzen.
Zudem hält sich die Vielfalt der Anbieter in der Konzilstadt in Grenzen; diese schrumpfte in den vergangenen Jahren durch die Nähe zur Schweiz und den günstigeren Spritpreisen dort sogar. Die fehlende Konkurrenz innerhalb von Konstanz führt zu weniger Wettbewerb an der Zapfsäule. Das bestätigt auch Eva Kelm, Pressesprecherin von Bp-Deutschland: „In Konstanz gibt es die Besonderheit, dass es im Stadtgebiet nur sehr wenige Anbieter gibt und der Wettbewerb insofern eher über die Qualität und das Serviceangebot geführt wird.“
Dass die Preise in der Schweiz niedriger seien, würde bei der Preisstrategie gar nicht berücksichtigt werden, führt Kelm weiter aus. Während der Konstanzer Verbraucher also die Preise in der Schweiz im Blick hat, liegen diese nicht im Fokus der Konzerne. In Ermangelung der Konkurrenz innerhalb der EU kann hier also an der Preisschraube gedreht werden.
Welche Faktoren schließlich den Ausschlag geben und zu den täglichen Schwankungen führen, lässt sich kaum sagen. Aber dass die Preise in Zukunft fallen werden, scheint eher unwahrscheinlich. So geht beispielsweise im kommenden Jahr auch die CO²-Abgabe in ihre zweite Stufe und steigt damit von 25 auf 30 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid. Und auch in den weiteren Jahren wird dieser Preis noch weiter steigen.
In der Schweiz sind die Abgaben geringer
Auch bei unseren Schweizer Nachbarn machen die staatlichen Abgaben den größten Anteil aus. Die Abgaben machen etwa 73 Rappen pro Liter aus. Hinzu kommt wie in Deutschland auch die Mehrwertsteuer, die in der Schweiz mit 7,7 Prozent aber geringer ausfällt. Die restlichen Faktoren decken sich mit denen aus Deutschland, sodass auch hier der Preis steigt.
„Zwischen Januar 2021 und September 2021 ist der durchschnittliche Zapfsäulenpreis von rund 1,40 auf 1,80 Franken pro Liter gestiegen“, erklärt Roland Bilang, Geschäftsführer von Avenergy Suisse, der Interessenvertretung von Importeuren von Brenn- und Treibstoffen. Insgesamt bleiben die Preise aber wegen der geringen Abgaben niedriger als in Deutschland – außer für Diesel.
Lohnt es sich, in der Schweiz zu tanken?
Diese Frage lässt sich nicht einfach mit Ja oder Nein beantworten. Zum einen lässt sich schwer herausfinden, wie die genauen Preise in der Schweiz sind. Anders als in Deutschland, werden die Preise der einzelnen Tankstellen nicht veröffentlicht – außer an der Säule vor Ort. Bei Super Plus beispielsweise liegt aber schon der Landesschnitt der Schweizer Preise unter dem in Deutschland. Geht man davon aus, dass Konstanzer Preise tendenziell deutlich höher sind als der Landesschnitt, würde sich die Fahrt in die Schweiz lohnen. Nur Diesel ist in Deutschland preiswerter.
Ob es sich am Ende aber wirklich lohnt, hängt auch von der Entfernung ab. Das erklärt auch Sarah Wahlen, Mediensprecherin des Schweizer Automobilklubs TCS, auf Anfrage des SÜDKURIER. Sie nennt eine Faustregel: „Um einen Cent je Liter günstiger zu tanken lohnt sich maximal ein Kilometer Hin- und Rückweg beziehungsweise zwei Kilometer Umweg. Wenn man ohnehin jenseits der Grenze tanken kann, ist es auch sinnvoll, dort zu tanken sofern günstiger. Extra zu einer günstigen Tankstelle hinzufahren, macht jedoch aus oben genannter Kostenberechnung oft keinen Sinn“, erklärt Wahlen.
Wie sieht es denn in der Schweiz aktuell aus?
Wie viel günstiger es momentan in der Schweiz ist, zeigten Stichproben am Montagmorgen an neun Kreuzlinger Tankstellen. Zum einen: Die Preise an den überprüften Tankstellen unterscheiden sich kaum – egal von wem sie betrieben werden. Der Tiefstpreis für Benzin an diesem Morgen liegt bei 1,74 Schweizer Franken. Der höchste Preis beträgt 1,78 Franken.

Im gleichen Zeitraum liegen die Preise bei den meisten Tankstellen im Konstanzer Stadtgebiet schon über 1,80 Euro. Rechnet man die Schweizer Preise also in Euro um, lassen sich beim Benzin pro Liter laut aktuellem Kurs rund 15 Cent sparen. Dies dürfte besonders für Grenzgänger, die sowieso in die Schweiz pendeln, attraktiv sein: Ist der Preis beim vorbeifahren gerade attraktiv, lohnt sich das Tanken. Weil die Tankpreise aber im Internet kaum zu finden sind, könnte es für alle anderen zu einer Lottofahrt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es günstiger wird, scheint jedoch hoch.