Die HTWG Konstanz, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung, gerät bundesweit in die Schlagzeilen. Denn ein Professor für Betriebswirtschaft stellte seinen Studenten im Rahmen einer Statistik-Klausur diese Aufgabe: „Der Imam einer Moschee kennt aufgrund einer Studie zu deutschen Moscheen, mit welcher Wahrscheinlichkeit in diesen radikale Moslems einen geringeren oder höheren Anteil ausmachen. Um in der eigenen Moschee den Anteil Radikaler zu schätzen, unterhält sich der Imam intensiv mit (...) zufällig ausgewählten Moscheemitgliedern und stellt fest, dass zwei als radikal einzustufen sind.“
Auf dieser Basis stellte er Fragen zur Bestimmung der Verteilung des Radikalanteils der Moschee des Imams. Studenten aller Glaubensrichtungen äußerten ihr Entsetzen über diese Aufgabenstellung. Sie werfen dem Professor Rassismus und Islamfeindlichkeit vor.
Sabine Rein, Präsidentin der HTWG, gab sich im Gespräch mit dem SÜDKURIER bestürzt. „Ich bin entsetzt“, sagte sie am Freitag. „Wir als Hochschule distanzieren uns klar und deutlich von Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. Das darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.“
Präsidentin verspricht komplette Transparenz
Als sie am Donnerstagabend von dem Vorfall erfuhr, nahm sie sofort Kontakt auf mit dem Professor. „Er hat mir den Sachverhalt bestätigt“, so Sabine Rein. Welche Konsequenzen das für den Lehrbeauftragten hat, konnte sie gestern noch nicht sagen. Nur so viel: „Derartige Verhältnisse haben an der HTWG keinen Platz. Welche Maßnahmen nun zum Tragen kommen, weiß ich noch nicht. Wir stimmen uns mit dem gesamten Präsidium ab. Ich kann versprechen, dass wir komplette Transparenz herstellen und nichts unter den Teppich kehren werden.“
Sie bat alle Betroffenen ausdrücklich um Entschuldigung für diesen Vorfall: „Die HTWG steht für Weltoffenheit und respektvollen Umgang miteinander. Wir schätzen Vielfalt außerordentlich und treten jeder Form von Hass, Gewalt, Rassismus und Diskriminierung entgegen. Dafür setze ich mich auch in Zukunft ein.“
Professor bittet um Entschuldigung
Am Freitagabend meldete sich der Professor auf dem Twitter-Account der HTWG zu Wort: „Bei erneuter Durchsicht meiner Prüfung habe ich festgestellt, dass die Aufgabenstellung in meiner Klausur dahingehend gedeutet werden kann, ihr läge die Vorstellung zugrunde, in jeder Moschee gäbe es einen gewissen Radikalanteil von Mitgliedern. Die damit ausgelöste Empörung kann ich verstehen. Ich versichere Ihnen, dass diese Vorstellung nicht meinem Weltbild entspricht. Ich bedaure diesen Mangel an Sensibilität sehr und bitte um Entschuldigung.“
Das sagt die Türkisch-Islamische Gemeinde
Die Türkisch-Islamische Gemeinde Ditib Konstanz vertritt nach eigener Aussage als einzige Konstanzer Moscheegemeinde neben den eigenen Mitgliedern auch die muslimische Bevölkerung in der Region. Sie schreib an den Professor diese Mail (liegt dem SÜDKURIER vor): „Als Anlaufstelle für viele Muslime wurden wir von einigen Mitgliedern kontaktiert wegen einer von Ihnen gestellten Statistik-Klausur, die am 30. Januar geschrieben wurde und wir dem Anhang beigefügt haben. Gerne möchten wir alle Perspektiven betrachten, um möglichst lösungsorientiert an die Sache herangehen zu können. Zunächst möchten wir sicher gehen, dass diese Klausur tatsächlich von Ihnen gestellt worden ist. Falls ja, würden wir uns freuen, wenn Sie uns eine Stellungnahme zu den Hintergründen bzw. zur Intention bezüglich der Auswahl bei der Fragestellung in Aufgabe 2 schicken würden.“ Unterschrieben ist die Mail von Abdullah Doksanoglu, dem Ersten Vorsitzenden.

Die Muslimische Hochschulgruppe schrieb den Professor an: „Uns ist es wichtig, alle Perspektiven einzunehmen und lösungsorientiert heranzugehen. Sollte die Klausur von Ihnen stammen, freuen wir uns über eine Erklärung der Hintergründe und insbesondere zur Intention bezüglich der Auswahl des Beispiels. Wir freuen uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, um Missverständnissen keinen Raum zu geben.“ Taoufik Skndrani, Ältestenrat der Hochschulgruppe, betont: „Wir verurteilen nicht die Person, sondern die Tat. Aber wir sind sehr enttäuscht.“