Jubel bei den Zuschauern und eine Verwaltung, die nun andere Wege finden muss, eine Millionensumme einzusparen: Pläne, am Theater Konstanz bis zu 1,2 Millionen Euro pro Jahr zu kürzen, sind gescheitert. Zeitweise war sogar von 1,4 Millionen Euro die die Rede gewesen. Damit ist auch die drohende Schließung der kleinsten Spielstätte, der Werkstattbühne, vorerst vom Tisch. Intendantin Karin Becker sprach in der Folge von einem „Etappensieg“.

Zwei Stunden und eine erneut leidenschaftliche Debatte später stand am späten Abend des Donnerstag, 26. Oktober, außerdem fest: Bei der Südwestdeutschen Philharmonie müssen keine Musiker-Stellen abgebaut werden. Der Rat gab sich hier mit den bisherigen Einsparungen von 60.000 Euro jährlich zufrieden, zudem muss das Orchester vor allem über höhere Einnahmen 200.000 Euro jährlich zusätzlich erwirtschaften. Hier stand zeitweise eine Kürzung von bis zu 600.000 Euro im Raum.
Bei den Kürzungen am Theater hat der Gemeinderat mit 23 Stimmen einen entsprechenden Vorschlag der Stadtverwaltung abgelehnt. 15 Stadträte, überwiegend aus dem bürgerlichen Lager, waren dafür. Damit bleibt es bei den Einsparungen von 300.000 Euro im Jahr, die das Theater bereits von sich aus vorgenommen hatte.
Werkstattbühne und Spiegelhalle bleiben Orte für Theater
Wäre der Beschluss anders ausgegangen, hätte dies aller Wahrscheinlichkeit nach bedeutet, dass die Werkstattbühne geschlossen worden wäre. Dort werden vor allem kleine, intime Stücke aufgeführt. Außerdem findet dort sehr viel Theater für Kinder und Jugendliche statt. Sogar eine weitere Spielstätte, die beliebte Spiegelhalle direkt am Hafen, stand zeitweise zur Debatte.
Karin Becker und Gabriel Venzago werben leidenschaftlich für ihre Kunst
Intendantin Karin Becker hatte nochmals leidenschaftlich für die Kultur geworben und dankte nach dem durchaus überraschend klaren Ausgang für das Vertrauen. Auch der erst vor kurzem nach Konstanz berufene Philharmonie-Chefdirigent Gabriel Venzago zeigte sich erleichtert, dass nun nicht noch mehr Druck auf dem Führungstrio liegt. Er leitet den Verbund aus Philharmonie und Musikschule kommissarisch zusammen mit Dieter Dörrenbacher und Rouven Schöll, bis eine neue Intendantin oder ein neuer Intendant gefunden ist.
Viele Zuschauer im Saal und eine zeitweise aufgeheizte Stimmung
Im Ratssaal und in angrenzenden Räumen verfolgten über 100 Menschen die Debatte, darunter auch die fast komplette Belegschaft des Theaters. Nach der Abstimmung brachen sie in lauten Jubel aus. Auch viele Musiker und weitere Mitarbeiter der Südwestdeutschen Philharmonie waren vor Ort und reagierten auf die Redebeiträge der Stadträte ebenfalls je nach Inhalt mit lautem Beifall oder deutlichen Unmutsbekundungen.

Auch langjährige Beobachter konnten sich nicht erinnern, wann eine Gemeinderatssitzung zuletzt so gut besucht war und so emotional mitverfolgt wurde. Oberbürgermeister Uli Burchardt hatte sich zu Beginn gesagt, er „begrüße öffentlich, wie sich die Stadtgesellschaft laut und öffentlich für Anliegen einsetzt“ und zugleich eine sachliche Debatte gefordert. Am Ende hatten er und die Verwaltungsspitze keinen ihrer weitergehenden Sparvorschläge durch den Gemeinderat gebracht.