Seit Dienstag impfen auch Konstanzer Hausärzte gegen das Corona-Virus – und das quasi nebenher. „Wir haben ja auch noch unsere normalen Patienten, die versorgt werden müssen“, sagt Cornelius Neidhart stellvertretend für seine Zunft. „Derzeit sind unsere Arbeitstage sehr lange.“
Er fährt in der Pause und nach Schließung seiner Praxis in Allmannsdorf von Hausbesuch zu Hausbesuch. Am Mittwochnachmittag ist er bei Irmgard Sutter in Petershausen. Die 88-Jährige sitzt auf der Couch im Wohnzimmer. „Ich hätte meine Dosis gerne jüngeren Menschen überlassen, die es dringender brauchen“, sagt sie lächelnd.
Ihre Tochter Monika Weiß organisiert mit dem Arzt Formalien wie Aufklärung über Nebenwirkungen. „Ich freue mich aber, dass jetzt so viele Menschen geimpft werden können“, sagt Irmgard Sutter schließlich und macht ihren rechten Oberarm frei – in wenigen Sekunden ist alles erledigt.

„In zwei bis drei Wochen melde ich mich wegen der zweiten Impfung“, erklärt Cornelius Neidhart und verabschiedet sich – die nächsten Patienten warten. Er transportiert das Serum in einer Kühlbox – aufgetaut und zubereitet ist es mehrere Stunden brauchbar.
Termine werden nach Prioritätenliste vergeben
Ortswechsel. Praxis Ines Ahlhelm in Litzelstetten. Monika Renner nimmt den Telefonhörer ab. „Arztpraxis Dr. Ahlhelm. Guten Tag.“ Ein paar Augenblicke Stille. „In welchem Bereich arbeiten Sie denn? Im Lebensmittelbereich?“
Monika Renners Chefin Ines Ahlhelm beobachtet ihre Mitarbeiterinnen, wie sie ein Telefonat nach dem anderen annehmen. „Es wäre hilfreich, wenn nicht so viele Menschen anrufen und nach einem Termin fragen würden“, sagt die Ärztin. „Wir haben eine Liste, nach der wir Termine nach einer exakten Prioritätenliste vergeben.“
Der Andrang impfwilliger Patienten sei enorm. „Natürlich sind auch frustrierte Menschen dabei, wenn sie erfahren, dass sie noch nicht an der Reihe sind. Dafür habe ich Verständnis.“
Lächelnd und augenzwinkernd verrät sie: „Wenn es um die Vergabe von Impfterminen geht, gibt es plötzlich sehr viele sehr gute Freunde. Aber wir sind da eisern.“
Sie müsse zusammen mit ihrem Team nun erst einmal den exakten Ablauf der Impfungen kennenlernen, bevor sie für ihre Praxis mehr Vakzin bestellen kann – derzeit bekommt sie 18 Dosen pro Woche.
Ines Ahlhelm möchte zunächst Sicherheit bei der Zubereitung des Vakzins gewinnen, bevor sie versucht, mehr zu bestellen und zu verabreichen. „Das ist für uns auch neu“, erklärt Ines Ahlhelm.
„Diese Impfungen sind anders als die gewöhnliche Grippeimpfung.“ Beim Grippeschutz greift sie in den Kühlschrank, holt die vorbereitet gelieferte Spritze heraus und verabreicht sie den Patienten – ein einstudierter und routinierter Prozess, tausendfach umgesetzt.
Bei der Corona-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech ist das etwas komplizierter. Nachdem das Mittel vom Apotheker aufgetaut in die Praxis geliefert wurde, kommt es in den Kühlschrank.
„Hier ist es fünf Tage haltbar“, erklärt Ines Ahlhelm. Die Ärzte und ihre organisieren nun pro Fläschchen sechs oder maximal sieben Patienten – und bereiten die Dosen vor.
So wird der Impfstoff in der Praxis vorbereitet
„Wir vermischen das Vakzin mit Natriumchlorid, also Kochsalz“, sagt die gelernte Krankenschwester Judith Schellinger, während sie die Flüssigkeit mit einer Spritze aufzieht und vorsichtig in das Vakzin hineingibt. Der Inhalt wird nun vorsichtig vermischt, in dem Judith Schellinger das Fläschchen sachte dreht.
Erst dann zieht sie die sieben Dosen in sieben Spritzen heraus – immer darauf achtend, dass sie nicht zu viel Luft mitnimmt. Auf dem Weg in den messbaren Bereich der Einwegspritzen befindet sich ebenfalls Serum, so dass auf der Skala lediglich 0,25 Milliliter aufgezogen wird. „Zusammen mit der Flüssigkeit im Schaft sind das dann 0,3 Milliliter – die perfekte Menge.“
Judith Schellinger hat in dieser Woche eigentlich Urlaub – und doch verbringt sie täglich Stunden in der Praxis und bereitet die Vakzine vor. „Wir machen das gerne in unserer Freizeit“, sagt sie. „Wenn wir damit helfen, die Welt wieder etwas normaler zu machen, sind wir mit Spaß und Freude dabei.“
In der Praxis von Ines Ahlhelm werden am Donnerstag die ersten Impflinge erwartet. Dann erklärt die Ärztin: „Wir haben eigentlich jeden Donnerstag zu. Daher nutzen wir den Tag, um zu impfen.“