Drei Monate lang sind die Beamten allen Hinweisen nachgegangen, haben Indizien geprüft und Beweise gesammelt. Zwischenzeitlich wurde wegen der Gewalttat in der Wessenbergstraße, bei der in der Nacht zum 2. Februar dieses Jahres drei junge Menschen schwer verletzt worden waren, eine nach dem Tatort benannte Ermittlungsgruppe (EG Wessenberg) eingerichtet.
Nun ist nach umfangreicher Prüfung der Ermittlungsergebnisse, der SÜDKURIER berichtete bereits, klar: Die Staatsanwaltschaft Konstanz hält den zum Tatzeitpunkt 28-jährigen Nordmazedonier, der seit seiner Festnahme am 6. Februar in Untersuchungshaft sitzt, für dringend tatverdächtig. Sie hat unter anderem wegen des mehrfachen versuchten Totschlags Anklage vor dem Schwurgericht erhoben. Das bestätigt die Staatsanwaltschaft auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Anklage vor dem Schwurgericht
„Die Ermittlungen sind abgeschlossen“, teilt Nathalie Werth, Staatsanwältin und Pressesprecherin, mit. „Es wurde Anklage zum Schwurgericht erhoben.“ Sollte es zur Eröffnung des Hauptverfahrens kommen, wird also vor der großen Kammer des Landgerichts wegen einer besonders schweren Straftat verhandelt.
Zunächst war unklar, worauf die Anklage lauten würde. Nun steht fest: „Laut Anklage wird dem Angeschuldigten der versuchte Totschlag in drei tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, und vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen.“ Der 28-Jährige muss sich also wegen versuchter Tötungsdelikte verantworten, nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzungen. Ein Merkmal, das für eine Anklage auf versuchten Mord sprechen würde, sieht die Staatsanwaltschaft aber wohl nicht als erfüllt an.
Doch das ist nicht alles, was die Staatsanwaltschaft Konstanz in dem Fall, der für großes öffentliches Interesse über Konstanz hinaus sorgte, an neuen Informationen preisgibt. So scheint außerdem nach bisherigen Erkenntnissen klar, dass sich der mutmaßliche Täter und die Opfer zuvor nicht gekannt hatten. Vermutlich wurden der Jugendliche und die beiden Heranwachsenden im damaligen Alter von 17, 18 und 19 Jahren zu Opfern brutaler Gewalt, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren.
Die Tatwaffe wurde sichergestellt
Bislang war darüber hinaus noch unklar gewesen, um welche Art Messer es sich bei der Tatwaffe gehandelt hat. Wie Nathalie Werth auf Nachfrage mitteilt, konnte die Tatwaffe im Zuge der umfassenden Ermittlungen jedoch von den Beamten sichergestellt werden. Demnach handelt es sich um ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von lediglich knapp vier Zentimetern.
Wie es dem Tatverdächtigen gelungen ist, die Opfer damit durch mehrere Stichwunden dermaßen zu verwunden, wird wohl erst die Verhandlung zeigen können. Die drei jungen Männer waren bei der Gewalttat alle schwer verletzt worden, nach SÜDKURIER-Informationen kam mindestens einer von ihnen nur knapp mit dem Leben davon. Die Opfer sollen dabei teilweise an lebenswichtigen Organen sowie am Hals und am Rücken verletzt worden sein.
Ferner ist laut der Staatsanwaltschaft nun abschließend klar, dass der damals 24-Jährige, nach dem in der Folge der Tat ebenfalls gefahndet und der auch im Zuge der Ermittlungen festgenommen worden war, unschuldig zu sein scheint. „Die Ermittlungen ergaben keine Beteiligung an den versuchten Tötungsdelikten“, teilt die Staatsanwaltschaft Konstanz dazu mit. „Das Verfahren gegen den 24-Jährigen wurde eingestellt.“
Ob er als Zeuge aussagen wird – und damit seine Rolle in dem Ganzen klarer wird – bleibt offen. Der 28-jährige Angeschuldigte wiederum sei nicht vorbestraft. Bereits bei seiner Festnahme hieß es, dass er zuvor nicht kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten war.
Motiv und genauer Tathergang bleiben im Dunkeln
Doch einiges bleibt im Fall der Gewalttat in der Wessenbergstraße vom 2. Februar weiterhin noch im Dunkeln – und kann vermutlich nur im Zuge einer öffentlichen Hauptverhandlung geklärt werden. So ist beispielsweise weiterhin unklar, aus welchem Motiv heraus der mutmaßliche Täter gehandelt haben könnte.
Im Raum steht, dass dieser und der 24-Jährige die weiblichen Begleitungen der späteren drei Opfer verbal angegangen und beleidigt hatten. Die drei jungen Männer hatten danach möglicherweise versucht, die jungen Frauen – von denen eine später ebenfalls körperlich verletzt worden war – vor den beiden anderen Männern zu schützen. Was genau zu der brutalen Tat geführt hat und wie genau deren Hergang war, kann wohl nur eine rechtliche Aufarbeitung zeigen.
Das zuständige Gericht hat laut Angaben der Staatsanwaltschaft Konstanz über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens noch nicht entschieden. Ob und wann es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung kommen wird, ist daher noch unklar. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung für den 28-jährigen Angeschuldigten.