In der vergangenen Woche berichtete die Polizei über mehrere Fälle, bei denen Personen in Konstanz mittels gefälschter Impfpässe an digitale Impfzertifikate gelangen wollten: Am Donnerstag versuchten es zwei Männer in Apotheken der Altstadt, wie der SÜDKURIER berichtete, und am Wochenende legten insgesamt sechs Personen in Konstanzer Apotheken gefälschte Impfausweise vor, um den digitalen Nachweis über eine Covid-Schutzimpfung zu erhalten (auch über diese Fälle haben wir berichtet).
Ob sich Vorfälle wie diese derzeit tatsächlich so stark häufen, wie es auf den ersten Blick scheint, daran zweifelt Daniel Hölzle. Der Inhaber der Tiergarten-Apotheke in der Konstanzer Altstadt betont aber, dass er und andere Apotheker „schon die ganze Zeit Abklärungsfälle“ hätten, seit sie digitale Impfzertifikate ausstellen. Im Zweifelsfall müssten sie auch immer wieder Personen wegschicken: Zum Beispiel wenn am Wochenende ein Impfzentrum oder Arzt nicht erreichbar sei, um eine vermeintliche Corona-Impfung zu bestätigen.
Aber, so Hölzle weiter, nicht jeder Impfpasseintrag, der ihn und andere Apotheker stutzig mache und zu weiteren Abklärungen führe, müsse automatisch eine Fälschung sein. „Erst heute Morgen hatten wir etwa einen Fall, wo der Chargen-Aufkleber des Impfstoffes im Impfausweis fehlte.“ Die Erklärung des Kunden: Er habe seine Hose aus Versehen mit Impfpass in der Tasche in die Waschmaschine gesteckt. Aufgrund des Stempels im Pass und einer Nachfrage beim zuständigen Arzt stellte sich schließlich heraus, dass der Mann tatsächlich vollständig gegen Corona geimpft war, so Hölzle.
Sind vermehrt gefälschte Impfpässe im Umlauf?
Eine konkrete Zahl, wie oft es bisher in seinem Zuständigkeitsgebiet zu Delikten in Zusammenhang mit gefälschten Impfpässen gekommen ist, kann das Polizeipräsidium Konstanz nicht nennen. „Da hier oft der Tatbestand der Urkundenfälschung angezeigt wird, und darunter nicht nur Fälschungen von Impfpässen erfasst werden“, erklärt Pressesprecher Dieter Popp auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Gefälschte Impfpässe
Allerdings, so Popp weiter: „In unserem Zuständigkeitsgebiet wurden mehrere Impfpässe im Landkreis Konstanz, Rottweil und Schwarzwald-Baar-Kreis vorgelegt.“ Eine möglicherweise hohe Dunkelziffer von Fällen gefälschter Impfpässe sei zwar möglich, könne vom Polizeipräsidium jedoch nicht abschließend bestätigt werden. Es handele sich um ein „relativ neues Deliktphänomen“, das seit Anfang September vermehrt auftrete.
Das baden-württembergische Landeskriminalamt (LKA) wertet „mit Blick auf das deliktische Phänomen ‚gefälschte Impfpässe‘ seit März 2021 das Fallaufkommen in Baden-Württemberg täglich manuell aus“, wie LKA-Pressesprecher Jürgen Glodek erklärt. Die Fallzahlen bewegten sich allerdings auf sehr niedrigem Niveau. „In Baden-Württemberg wurden bisher Fälle im mittleren zweistelligen Bereich polizeilich bekannt. Ein eindeutiger Trend lässt sich unter Berücksichtigung der geringen Gesamtanzahl von Fällen nicht erkennen“, so Glodek.
Stammen die Täter vor allem aus der Schweiz?
Was beim Lesen der Polizeimeldungen zu gefälschten Impfpässen in Konstanz auffällt: Meist ist von „Personen aus der Schweiz“ die Rede, die in der Konzilstadt mithilfe eines gefälschten Impfnachweises an ein Corona-Impfzertifikat gelangen wollten. Apotheker Daniel Hölzle sagt, die Grenznähe „macht es ein Stück herausfordernder“, da sowohl Schweizer als auch in der Schweiz wohnhafte Deutsche sich teilweise in Konstanzer Apotheken digitale Impfzertifikate ausstellen lassen wollen.
Dass aber primär Personen aus der Schweiz gefälschte Impfpässe vorlegen, kann Hölzle ebenso wenig bestätigen wie das Polizeipräsidium Konstanz. Und das Landeskriminalamt teilt auf die Frage, ob es bestimmte Schwerpunkte von Impfpassfälschungen gibt und in Grenzstädten wie Konstanz die Täter vor allem aus der Schweiz stammen, einzig mit: „Aktuell ist eine Häufung im unteren zweistelligen Bereich im Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz feststellbar.“
Impfpass-Fälscher haben kein leichtes Spiel
Von wo auch immer die Personen nun stammen, die sich Corona-Impfzertifikate mit gefälschten Dokumenten ergaunern wollen: Erfolg dürften sie in Konstanzer Apotheken kaum haben. „Eine Fälschung ist möglich, wird aber schnell von den Verantwortlichen erkannt“, betont etwa Dieter Popp vom Polizeipräsidium.
So hätten bei den bislang bekannten Fällen die Mitarbeiter der jeweiligen Apotheken die gefälschten Impfpässe erkannt und die Polizei darüber informiert. „Es blieb also jeweils beim Versuch, mit den gefälschten Vorlagen eine Impfbestätigung zu erhalten“, so Popp.
Apotheker Daniel Hölzle erklärt, er und seine Berufskollegen orientierten sich an einem klaren Regelwerk, welches bestimmt, wie bei der Ausstellung digitaler Impfzertifikate vorzugehen sei. Sie hätten zudem – unter anderem dank gefälschter Rezepte – „ein geübtes Auge“, um Fälschungen, etwa von Arztstempeln, zu erkennen. Darüber hinaus werde auch das Datenmaterial immer besser, um Impfpässe zu überprüfen, erklärt er, ohne weiter ins Detail zu gehen.
Und schließlich sind die Konstanzer Apotheken über eine Art Warnsystem miteinander verbunden, wie Hölzle ausführt: Egal ob Impfpass-Eintrag oder Rezept – fällt in einer Apotheke eine Fälschung auf, werden alle anderen sofort darüber informiert.