Es ist ein Weckruf: Die Narrengesellschaft Niederburg feiert erstmals ihren Fasnachtsauftakt im Inselhotel. Das Konzil ist für die Narren mittlerweile zu teuer. Mit dem Wegfall des Wollmatinger Gasthauses Linde im Jahr 2019 hat sich die Situation verschärft, denn gleich zwei Narrenvereine – Schneckenburg und Fürstenbergler – hatten dort ihre Heimat, um die Tradition der Bühnenfasnacht zu pflegen. Immerhin hatten sie Glück: Es gibt Menschen, die ihnen Unterschlupf gewährt haben. Aber eine Dauerlösung sind die Interims-Spielstätten nicht.
Wer sich für den Saisonauftakt des Narrenvereins Schneckenburg interessiert, stutzt ob der Örtlichkeit: Freie Waldorfschule Konstanz. Das letzte Mal waren die Schneckenbürgler doch noch in der Radsporthalle? „Ja, aber“, beginnt Schneckenburg-Präsident Arthur Bruderhofer und fährt fort: „es ist das Domizil der Hofpeter und vor allem braucht der Velo-Club die Halle zum Training.“
Er und seine Narrenschar hatten sich sehr über das Entgegenkommen gefreut, umso selbstverständlicher ist es, dass man Freundlichkeit nicht ausnutzt. So veranstalteten die Schneckenbürgler nur einmal, und zwar im Jahr 2019, ihre bunten Abende in der Radsporthalle. Dann kam Corona und die Schneckenbürgler suchten nach einem anderen Veranstaltungsort.
Konzil und Bodenseeforum? Nicht leistbar!
Konzil und Bodenseeforum kommen überhaupt nicht in Betracht. „Zu teuer. Nicht leistbar“, stellt Bruderhofer schlicht fest. Schließlich gestaltet der Verein vier Veranstaltungen an zwei Wochenenden und benötigt noch mindestens eine Woche zum Auf- und eine weitere zum Abbau.
Turnhallen kämen ebenfalls nicht in Betracht, schließlich seien die Kapazitäten für Schulen und Sportvereine schon mehr als ausgeschöpft. Kirchliche Gemeindezentren kämen für die Schneckenbürgler ebenfalls nicht infrage, denn „unsere Veranstaltungen sind in der Voradventszeit“, das gehe nicht mit der Kirche konform.
Fürstenbergler sind auch wieder auf der Suche
Im Gemeindezentrum von St. Suso sind die Fürstenbergler untergekommen, um während der drei Wochenenden vor Fasnacht ihre bunten Abende zu gestalten. Die Narrenschar ist glücklich mit den Räumlichkeiten und über das Entgegenkommen der Kirche, dass sie hier das Fasnachts-Brauchtum pflegen kann. Allerdings: „Die Seelsorgeeinheit selbst hat Raumprobleme“, berichtet Fürstenbergler-Präsident Marco Rinderspacher.

„Im nächsten Jahr können wir noch bleiben, aber es wurde uns nahegelegt, dass wir uns für 2024 eine neue Location suchen.“ Die Fasnachter haben dafür Verständnis. Trotzdem stellt sich für die Fürstenbergler jetzt die Frage nach dem Wohin. „Konzil und Bodenseeforum können wir uns nicht leisten. Zu groß wären die Säle auch, denn wir haben es lieber heimelig und gemütlich, davon lebt unser Programm“, so Rinderspacher.
Ein Glücksfall für die Schneckenbürgler
Von einem „großen Glücksfall“ berichten die Schneckenbürgler. „Der Neffe von unserem Vize ist auf der Freien Waldorfschule. Der Förderverein hat das ganze ehemalige Straub-Areal gekauft, um die Schule weiterzuentwickeln“, erzählt Arthur Bruderhofer. Und dann gab es eine Schulaufführung in einer Halle und der Schneckenburg-Vize Florian Trempa hat sofort geschalten und gemeint: „Das wäre was!“
Allerdings haben die Fasnachter erst einmal dicke Bretter bohren müssen, denn viele haben bei den Stichworten Fasnacht und Narren „Horrorszenarien vom Schmotzige Dunschtig auf der Marktstätte“ vor Augen, zeigt Arthur Bruderhofer Verständnis, der dann Aufklärungsarbeit zum Thema Brauchtum und Brauchtumspflege leistete. Er war erfolgreich, denn die Schneckenbürgler können jetzt die Halle der Schule nutzen. „Wir sind sehr dankbar, denn sie haben uns viele Zugeständnisse gemacht“, so Bruderhofer.
Es geht um das immaterielle Kulturerbe
Und doch ist die Verwandlung einer Industriehalle zu einem gemütlichen Narrennest für eine Bühnenprogramm-Veranstaltung nicht nur zeit-, sondern auch sehr kostenintensiv. „Es ist eine nackte Halle. Es gibt keinen Küchenbereich. In den Hof müssen wir einen Toilettenwagen stellen“, gibt er Beispiele. Stühle für 192 Gäste muss der Verein auch organisieren.

„Die Ausgaben summieren sich, aber die Eintrittspreise – 10 Euro im freien Vorverkauf – wollen wir nicht erhöhen“, so Bruderhofer. Warum nicht? „Jeder soll Spaß haben und nicht überlegen müssen, ob er sich das leisten kann. Die Leute sollen kommen, sich wohlfühlen, einen lustigen Abend verbringen und nicht den ganzen Abend an einem Mineralwasser rumnuckeln.“ Schließlich gehe es um die Pflege der schwäbisch-alemannischen Fasnacht und damit um den Erhalt des – wie Arthur Bruderhofer betont – „immateriellen Kulturerbes“.
Der Ruf nach einer Vereinshalle wird laut
„Es fehlt eine echte Mehrzweckhalle“, bringt Arthur Bruderhofer das Thema auf den Punkt. „Dörfer haben alle eine, für Laientheater, Musikvereine, Narren, Halloween-Party. Nur wir haben in Konstanz keine.“ Dabei könnte es so einfach sein, ist er überzeugt. Er sieht aber die öffentliche Hand dennoch in Verantwortung. „Eine vollausgestattete Halle bekommt man schon unter 250.000 Euro“, sagt Bruderhofer und fügt an: „Das kannst du mittlerweile im Katalog bestellen.“
Zwecks der Auslastung sieht er keine Probleme – im Gegenteil: „Wenn der Musikverein Wollmatingen probt, sitzen die Musiker wie Hühner auf der Stange“, gibt er ein Beispiel. Balletts aller Narrenvereine bräuchten ebenso wie Guggenmusiken Proberäume. „So eine Vereinshalle wäre eine richtig gute Idee“, pflichtet Fürstenbergler Marco Rinderspacher bei, schließlich bräuchten viele Vereine eine dauerhafte Bleibe.