Das schriftliche Urteil von Richter Stefan Schroth liegt ihnen noch nicht mal seit einer Stunde schriftlich vor, da sind sich Michael Breuninger und sein Anwalt Sascha Händle schon einig. „Wir gehen auf jeden Fall vor das Landgericht Karlsruhe“, sagt Breuninger.

Denn Anwalt Händle, auf das WEG-Recht (Wohnungseigentümergesetz) spezialisiert, sagt: „Ich bin der Meinung, dass wir juristisch gute Chancen haben, in der Berufung ein positives Urteil erwirken zu können.“
Stefan Schroth vom Amtsgericht Konstanz hatte in der Verhandlung am 12. Januar zwar klargemacht, dass Eigentümer wie Michael Breuninger ohne die Zustimmung der Mehrheit der Eigentümergemeinschaft keine bauliche Veränderung an ihrer Wohnung vornehmen dürfen. Somit hatte Breuninger sein Balkonkraftwerk gegen geltendes Gesetz aufgehängt.
Was ist wichtiger: Optik oder Klimaschutz?
Doch der Amtsrichter ließ durchaus anklingen, dass sich hier in Zukunft rechtlich etwas bewegen könnte und der Klimaschutz in Abwägung gegen die Optik eventuell mehr Gewicht verliehen bekommt. Darauf setzt auch Breuninger, aber nicht nur: „Nach den Gründen im schriftlichen Urteil lässt sich nicht ausschließen, dass es zu einer unterschiedlichen Behandlung von Eigentümern und Mietern kommen kann“, erklärt Anwalt Sascha Händle.
Denn Mieter haben unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch gegenüber ihrem Vermieter, ein Balkonkraftwerk auch ohne dessen Zustimmung anzubringen – während Eigentümer nach dem Urteil die mehrheitliche Zustimmung der Eigentümergemeinschaft benötigen.
Bis zur Berufung kann viel Zeit vergehen
Bis der Kläger und sein Anwalt aber einen Termin vor dem Landgericht Karlsruhe bekommen, können ein bis zwei Jahre ins Land gehen. „In rechtlicher Hinsicht handelt es sich um eine spannende Streitfrage, da diese höchstrichterlich noch nicht entschieden ist“, sagt Sascha Händle. Er und sein Mandant sind bundesweite Vorreiter.
Das spürt auch Michael Breuninger deutlich: „Es gibt so viele Leute, die in derselben Situation sind wie ich und gespannt darauf warten, was bei uns herauskommt.“ Deshalb ärgert ihn auch die Aussage eines Mitbürgers, er würde wegen 200 Euro gesparter Stromkosten im Jahr so einen Wirbel veranstalten.

„Es geht doch schon längst nicht mehr nur um mich“, so der Konstanzer. „Unsere Strompreise sind derzeit noch gedeckelt, aber wie lange kann der Staat das durchhalten?“, fragt er sich. „Da braucht es andere Lösungen.“
Bundesweite Resonanz auf seinen Fall
Seit dem SÜDKURIER-Bericht über seine Verhandlung vor dem Konstanzer Amtsgericht ging Breuningers Geschichte bundesweit durch die Medien. „Unglaublich, welche Resonanz da auf mich zurollte“, sagt er. Der Stimmung in seiner Hausgemeinschaft war das Ganze allerdings nicht zuträglich. „Das war vorauszusehen, schließlich war eine knappe Mehrheit dagegen, dass ich das Balkonkraftwerk aufhängen darf“, so Breuninger.
Doch seine Anlage ist weiterhin in Betrieb, weil der Beschluss der Eigentümergemeinschaft, dass er die Anlage abbauen muss und rechtlich belangt wird, falls er es nicht tut, vom Amtsrichter wegen formaler Fehler nicht anerkannt wurde. Breuninger versteht die teilweise Ablehnung ohnehin nicht: „Ich mache doch nichts Schlimmes, ich will ja kein Bordell in meiner Wohnung etablieren, sondern nur etwas für den Klimaschutz tun.“