Unter dem Motto „Wir sind die Brandmauer“ haben in Konstanz erneut tausende Menschen für eine offene und friedliche Gesellschaft sowie gegen Rechtsextremismus demonstriert. Vom Herosé-Areal aus setzte sich ein Demonstrationszug in Richtung Klein Venedig in Bewegung. Als die Spitze des Demonstrationszugs das Theater erreichte, waren die letzten Teilnehmer noch nicht einmal losgegangen.

Treff zur Demo war im Herosé-Park. Hier erklärt gerade Lisa Kreitmeier, eine der Organisatorinnen, den Ablauf.
Treff zur Demo war im Herosé-Park. Hier erklärt gerade Lisa Kreitmeier, eine der Organisatorinnen, den Ablauf. | Bild: Jörg-Peter Rau

Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl beim Umzug gegen 14.40 Uhr auf über 5000. Nachdem der Zug Klein Venedig erreicht hatte, verlief es sich allerdings recht schnell. Zum Ende der Reden waren noch rund 2000 Menschen auf dem Platz. Mit vielen Transparenten sprachen sie sich für Toleranz und gegen rechtsextreme Tendenzen aus. Rosa Buss, eine der Initiatorinnen, sprach zum Abschluss von einem „überwältigenden“ Erfolg, obwohl deutlich weniger Menschen kamen als wohl erhofft – bei der Stadt angemeldet waren 8000 Menschen.

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Auf vielen Transparenten bekennen Demonstrationsteilnehmer Farbe.
Auf vielen Transparenten bekennen Demonstrationsteilnehmer Farbe. | Bild: Jörg-Peter Rau

Viel Applaus erhielt Anselm Vendey, einer der beiden Sprecher des neuen Konstanzer Bündnisses für Demokratie. Der frühere Stadtrat der Freien Wähler sagte auf Klein Venedig: „Eure Bereitschaft zu demonstrieren, macht mich zuversichtlich, dass wir es anders als 1933 schaffen, die braunen Umtriebe nochmals zu stoppen.“ Zugleich positionierte er sich klar gegen die AfD und betonte, wie wichtig eine offene Gesellschaft auch für die Wirtschaft und die soziale Infrastruktur ist. Auch viele Transparente übten Kritik an der Partei und ihren Plänen insbesondere in der Ausländer- und Migrationspolitik.

Die Spitze des Zuges auf dem Weg zur Marktstätten-Unterführung. Es dauert mehrere Minuten, bis all die tausenden Demonstranten durch das ...
Die Spitze des Zuges auf dem Weg zur Marktstätten-Unterführung. Es dauert mehrere Minuten, bis all die tausenden Demonstranten durch das Nadelöhr durch sind. | Bild: Jörg-Peter Rau

Reza Omid, der vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet war, forderte unter dem Jubel der Demonstranten alle dazu auf, sie sollten „für die Grundrechte eintreten, die unsere Demokratie ausmachen“. Er forderte: „Lasst uns gemeinsam die Stimme erheben geben Hass und Intoleranz“, bevor Julian Mantaj vom Jungen Theater aus einer Rede las, die die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek jüngst in Wien vorgetragen hatte. „Ich höre ein Ungeheuer atmen“, hieß es darin.

Er kam aus Afghanistan, hat in Deutschland Zuflucht gefunden und tritt bei der Kundgebung in einer beeindruckenden, auf Deutsch ...
Er kam aus Afghanistan, hat in Deutschland Zuflucht gefunden und tritt bei der Kundgebung in einer beeindruckenden, auf Deutsch gehaltenen Rede für eine offene Gesellschaft ein: Reza Omid. | Bild: Jörg-Peter Rau

Die Demonstrationsteilnehmer kamen aus allen Generationen und den unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen. Gesicht zeigten unter anderem auch Oberbürgermeister Uli Burchardt, der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung, seine Landtagskollegin Nese Erikli von den Grünen sowie Stadt- und Kreisräte aus dem links-grünen wie auch dem bürgerlichen Lager. Die Hauptorganisatorinnen, beide Spitzenkandidatinnen der Grünen bei der Kommunalwahl am 9. Juni, hatten erklärt, es handele sich um eine überparteiliche Veranstaltung.

Auf Klein Venedig ist das Platz anfangs gut gefüllt, doch schnell verläuft es sich ein wenig. Zum Abschluss der Reden sind vielleicht ...
Auf Klein Venedig ist das Platz anfangs gut gefüllt, doch schnell verläuft es sich ein wenig. Zum Abschluss der Reden sind vielleicht noch 2000 Demonstranten hier. | Bild: Jörg-Peter Rau

Schon auf dem Demonstrationszug, der zeitweise den Verkehr in der Altstadt, aber auch auf dem Sternenplatz lahmlegte, herrschte eine teils ausgelassene Stimmung. Auch zu den Liedern der Band Vom Hörensagen, die auf Klein Venedig spielte, tanzten einige Teilnehmer. In einem der vorgetragenen Rock-Songs hieß es: „Im Haus lodern die Flammen, jetzt ist es zu spät zum Warnen“.

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Fast genau ein Monat zuvor hatte eine Großkundgebung mit, je nach Angaben, 14.000 bis 20.000 Menschen alle Erwartungen der Ausrichter übertroffen. An einem verregneten Mittwochabend musste sogar der Münsterplatz wegen Überfüllung gesperrt werden. Bei der neuerlichen Auflage – an einem Sonntag und bei herrlichem Sonnenschein – war auf Klein Venedig dagegen reichlich Platz, die gekieste Fläche war nur zu Beginn weitgehend gefüllt. Zu Ausschreitungen kam es damals bei der ersten Demo nicht, auch am Sonntagnachmittag blieb alles ruhig und geordnet.