„Integrationsleistungen an Volkshochschulen (VHS) umfassen die komplette Palette, von Erstorientierungs- bis Berufssprachkursen. Damit sind wir ein wichtiger Partner für die Kommunen vor Ort.“ Mit diesen Worten berichtet Verbandsdirektor Tobias Diemer beim Pressegespräch in Konstanz von der Integrationsarbeit der VHS im Land. Ihm gegenüber sitzt Iman Kharazi, Dozent an der Konstanzer VHS und Beispiel für gelungene Integration durch selbige.

Erst wurde ihm geholfen, jetzt hilft er anderen

Kharazi floh aus dem Iran und kam im Dezember 2012 in die Konzilstadt. Seine erste echte Berührung mit Deutschland sei in der VHS Konstanz gewesen, im Sekretariat: „Für mich hat sich da eine Welt verändert, ich habe mich bei den Sekretärinnen so willkommen gefühlt – seitdem fühle ich mich hier zu Hause“, erzählt Kharazi.

Wenig später, im April 2013, begann er, Deutschkurse zu besuchen, und fasste den Entschluss Deutschlehrer zu werden. Eine ziemliche Umschulung für den Mann, der im Iran als Wirtschaftsingenieur in einer Atomenergiebehörde gearbeitet hatte. Aber als er bei seinen Sprachkursen erfahren habe, wie wichtig diese Arbeit ist, sei für ihn klar gewesen: „Das will ich auch machen.“

Iman Kharazi, hier neben Susanne Berenbach von der VHS Konstanz, sagt, dass er sich durch die verschiedenen Angebote der VHS leicht in ...
Iman Kharazi, hier neben Susanne Berenbach von der VHS Konstanz, sagt, dass er sich durch die verschiedenen Angebote der VHS leicht in Deutschland integrieren konnte und schnell Anschluss fand. | Bild: Nagel, Marvin

Deshalb war der nächste logische Schritt für Kharazi ein Studium der Sprachwissenschaften an der Universität Konstanz, das er 2018 abschloss. Über die Sekretärinnen, die er bei seiner Ankunft in Konstanz kennengelernt hatte, kam er dann an einen Deutschlehrer-Job an der VHS in Stockach. Mittlerweile ist er an der VHS Konstanz Dozent für Deutsch und Integration und hilft zusätzlich dabei, Menschen fit für den Arbeitsmarkt zu machen. So weit, so beeindruckend.

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VHS hilft bei unterschiedlichsten Voraussetzungen

Doch erreichen die Integrationsangebote der VHS auch Menschen, die nach Deutschland kommen und nicht auf eine umfangreiche akademische Ausbildung in ihrem Herkunftsland zurückblicken können? Immerhin kam Iman Khazari mit einem abgeschlossenen Studium nach Deutschland, sprach zwar kein Deutsch, dafür aber fließend Englisch.

Khazari berichtet: „Wir haben Sozialarbeiter in den Flüchtlingsunterkünften, mit denen wir im ständigen Austausch sind, Prospekte in allen dort gesprochenen Sprachen liegen aus – aber natürlich müssen die Menschen auch auf die Sozialarbeiter zugehen.“ Gerade die Prospekte würden gut anlaufen: „Es spricht sich langsam herum, dass die Angebote der VHS weit über Sprachkurse hinausgehen“, sagt Susanne Berenbach, Fachbereichsleiterin für Deutsch und Integration.

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Tobias Diemer merkt an, dass genau dieser Zustand eine der größten Herausforderungen für die VHS darstellt: „Menschen mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen kommen zu uns. Hier bieten Volkshochschulen verschiedene Anschlussqualifizierungen an, zum Beispiel Schulabschlüsse auf dem zweiten Bildungsweg oder in Kooperation mit Hochschulen oder Unternehmen einen Weg für den Einstieg ins Berufsleben zu bauen.“

Allerdings, das gibt er zu, müsse die VHS hier noch mehr investieren, denn der Fachkräftemangel steige in den kommenden Jahren – bis 2035 würden in Baden-Württemberg 900.000 neue Fachkräfte fehlen, so Zahlen der Industrie- und Handelskammer.

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„Ein Ort der gelebten Demokratie“

Wie wichtig die Arbeit der VHS ist, betont auch Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter und bei dem Gespräch in der VHS Konstanz ebenfalls anwesend: „Die VHS hat eine ganz wichtige Funktion zu erfüllen, nämlich Menschen zu ermöglichen, barrierefrei Kurse zu buchen. Damit leistet sie einen großen Beitrag bei der Integration in unsere Gesellschaft.“ Gerade in einer Zeit, in der es viele demokratiefeindliche Strömungen gäbe, sei die Arbeit der VHS nicht hoch genug einzuschätzen, so der CDU-Vize.

Dass diese Demokratiefeindlichkeit auch vor der VHS nicht haltmacht, zeigen die Abschlussworte von Stephan Kühnle, Programmdirektor der Konstanzer Niederlassung. Er merke, dass die Zwischenrufe bei politischen Vorträgen in der VHS häufiger werden, diese würden zunehmend kritischer gesehen.

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Dabei stellt er deutlich klar: „Die VHS ist ein Ort der gelebten Demokratie, ein Raum für Begegnungen von unterschiedlichsten Menschen. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir das nicht mehr sein können, würde auch unsere Arbeit nicht mehr möglich sein.“