Die Polizei Konstanz schickte am Mittwochmorgen eine dringende Warnung an die Presse: Senioren in der Region seien höchst gefährdet, Opfer von Betrugsanrufen zu werden. Der häufigste Trick: die Falsche-Polizisten-Masche. Der falsche Polizist ruft an, behauptet, dass Einbrecher hinter dem Vermögen des Seniors her seien, und fordert ihn auf, alles Gold, Schmuck, Erspartes in einer Tüte vor die Tür zu legen. Der „Polizist“ hole es dann ab.

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Zur gleichen Zeit, als die Polizei die Warnung herausschickte, saß ein solcher Abholer im Landgericht Konstanz auf der Anklagebank. Er hatte schon beim Prozessauftakt zugegeben, dass er Beute zu den Hintermännern in die Türkei weitergereicht habe.

Schaden mehr als 400.000 Euro

Im Wert von geschätzt mehr als 400.000 Euro. Allerdings „hat er nur haargenau das zugegeben, was wir ihm auch nachweisen konnten“, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Dospil bei der Urteilsverkündung. Das gelang zum Beispiel per Telefonüberwachung.

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Der Täter bekam vier Jahre Haft wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug. Die wird er jedoch nicht absitzen. Denn der psychologische Gerichtsgutachter stellte eine Drogensucht bei dem Familienvater fest. Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen für Entzug statt Gefängnis gegeben.

Das funktioniert so: Der Süchtige muss sich zwei Jahre in einer geschlossenen Anstalt einer strengen Therapie unterziehen. Wenn er es durchhält, darf er nach diesen zwei Jahren in die Freiheit. Das ist der Anreiz, die Therapie mitzumachen.

Er will es nicht gewusst haben

Dass es sich bei der ganzen Sache um die Masche „Falscher Polizist“ gehandelt hat, will der geständige Angeklagte nicht gewusst haben. Wenn er gewusst hätte, dass „alte Leute abgezockt“ werden sollten, hätte er nicht mitgemacht, sagte er. In die Beute-Tüten habe er nie hineingesehen.

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Die Staatsanwältin machte in ihrem Plädoyer aber klar, dass sie den 36-Jährigen keineswegs für ein kleines, unwissendes Rädchen im Getriebe der von der Türkei aus gesteuerten Bande halte. Eindeutig nachweisen konnte ihm das Gericht aber nur die Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug.

Manche Opfer bis heute beschämt

Außerdem schuldet er den Opfern nun knapp 200.000 Euro. Richter Joachim Dospil: „Wenn Sie jemals zu Geld kommen, wird immer der Staat anklopfen. Sie werden das Ihr Leben lang abstottern.“

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Nur fair, wenn man bedenkt, dass die Opfer für eben dieses Geld ihr Leben lang gespart haben. Opfer wie der 79-jährige Mann, der vor Gericht am ersten Verhandlungstag als Zeuge ausgesagt und bei den Beteiligten großen Eindruck hinterlassen hatte. Denn viel schlimmer für ihn als der materielle Verlust war die Scham, auf Betrüger hereingefallen zu sein. Eine Scham, die ihn bis heute quält.

Richter: „Ganz, ganz üble Sache“

„Die Falsche-Polizisten-Masche ist eine ganz, ganz üble Sache“, sagte Dospil, „sie richtet sich gegen alte Leute, die sich nicht wehren können, die zeitlebens gearbeitet haben und sich nun so sehr schämen, dass manche davon die Tat nicht einmal anzeigen.“

Der Angeklagte ist keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit. Es geht auch ohne ihn: Die Masche „Falscher Polizist“ breitet sich ungehemmt weiter aus. Die Polizei Konstanz meldete am Mittwoch, dass allein am Vortag 50 Senioren von Betrügern angerufen worden sind.