Stuck an der Decke, historische Kachelöfen in den Zimmern, eine alte Standuhr und Gemälde an den Wänden: Wer das Stadtpalais an der Hofhalde 1 betritt, wähnt sich fast in einem Museum für bürgerliche Kultur im ausgehenden 18. Jahrhundert. Doch das Haus dient heute einem sehr weltlichen Zweck: Seit Ende 2023 beherbergt es eine Patentanwaltskanzlei.
In den Jahrhunderten zuvor allerdings erfuhr das Gebäude, das unter Bürgern liebevoll Schlössle genannt wurde, viele unterschiedliche Nutzungen. Erbaut wurde es 1781/82 hinter der Stadtmauer als neues Amts- und Wohnhaus der Domfabric, dem weltlichen Vermögensfonds zum Unterhalt der Konstanzer Bischofskirche (dem heutigen Münster).

„Grundriss und Fassadengliederung sprechen für einen guten Baumeister seiner Zeit, dem Übergang vom Spätbarock zum Klassizismus“, sagt Alexander Stiegeler, der heutige Besitzer des Stadtpalais. Die Ausstattung vereint mehrere Stile, wie seinem Text in einer Broschüre zum Tag des offenen Denkmals zu entnehmen ist: „So spricht das repräsentative Treppenhaus noch die Sprache des Barock in seiner etwas massigen Ausformung, wohingegen der spätbarock-klassizistische Stuck des Festsaals eine zur Bauzeit hochmoderne Gestaltung aufweist.“

Kurze Zeit später, als die Säkularisierung einsetzte, fiel das Gebäude an den jungen badischen Staat. „Der Staat ließ das Haus im Jahr 1814 in einer heftigen Bieterschlacht versteigern“, erzählt Alexander Stiegeler. Den Zuschlag erhielt der Zimmermeister und Stadtrat Benedikt Milz. Anschließend wechselten die Eigentümer häufig, bis Alexander Stiegelers Großvater, Kommerzienrat Wilhelm Stiegeler, das Haus 1916 kaufte.
Doch die Familie zog nie in das Gebäude ein, sondern vermietete es an Verwandte und Fremde. Die Ausstattung blieb dennoch weitgehend erhalten. Die wohl gravierendste Veränderung gab es nach dem Zweiten Weltkrieg, als vier der sieben Kachelöfen ausgebaut und durch Gas- und Ölöfen ersetzt wurden.

Stadtpalais erhielt einen Denkmalschutzpreis
Auch über 200 Jahre nach seiner Errichtung ist das Stadtpalais immer noch ein repräsentativer Bau. Das liegt auch daran, dass Familie Stiegeler darauf achtet, es gut instandzuhalten. Zwischen 1996 und 2001 wurde das Haus grundlegend saniert. Unter anderem wurden Stuckarbeiten von alten Anstrichen befreit und Fenster, Türen, Böden und Wandschränke überarbeitet.
Sogar die Öfen kehrten zurück. „Die Kacheln waren einst dem Rosgartenmuseum übergeben worden, das sie dankenswerterweise während der Sanierung zurückgab“, sagt Alexander Stiegeler. So konnten die ursprünglichen Öfen wieder hergestellt und mit einem neuen Heizsystem verbunden werden. Nach der Sanierung wurde das Haus im Jahr 2001 mit dem baden-württembergischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet.

Viele Jahre später ernteten die Eigentümer Elisabeth und Alexander Stiegeler eine erneute Auszeichnung: im Juli 2018 überreichte ihnen die Stiftung Stadtbild Konstanz eine Bronzeplakette und eine Urkunde. „Besser kann man sich so eine Renovierung nicht vorstellen“, lobte damals die Stiftungsrätin und frühere Leiterin der städtischen Denkmalschutzbehörde, Ilse Friedrich.
Alexander Stiegeler wollte mehr über sein Haus wissen und recherchierte nach eigenen Angaben drei bis vier Jahre lang zur Geschichte des Gebäudes, unter anderem im Diözesanarchiv. „Das ist ein beachtliches Wohnkulturdenkmal, das seit 110 Jahren im Familienbesitz ist“, sagt der 77-Jährige stolz.
Nach Abschluss der Sanierung machte er das Stadtpalais zu einem Veranstaltungshaus für Vereine, Verbände, Parteien und private Gäste. „Das wurde gut angenommen und hat wahnsinnig Spaß gemacht“, blickt er zurück. „Ich habe das Tagungshaus mit einem befreundeten Ehepaar gemeinsam betrieben, aber die sind jetzt fast 90 Jahre alt.“
Das Ganze sei aber auch „ein riesiger Aufwand“ gewesen. Die Zwangspause durch die Corona-Pandemie nutzte Alexander Stiegeler, um neue Mieter für das Haus mit seinen rund 200 Quadratmetern Fläche plus schmucke Eingangshalle zu suchen. Das war gar nicht so einfach.
Viele Interessenten für repräsentatives Haus
„Es haben sich alle möglichen Leute beworben, die ein repräsentatives Haus wollten“, erzählt der 77-Jährige und ergänzt lachend: „Vom Schönheits-Chirurgen bis zu Vertretern halbseidener Geschäfte.“ Parallel war die Patentanwaltskanzlei Thum und Partner mit Sitz in München auf der Suche nach Räumen für eine Filiale in Konstanz.

Frank Eichelhardt, der seit Anfang 2024 einen Schreibtisch im Stadtpalais hat, erzählt: „Wir hatten zuvor einen Sitz in München, wollten aber auch einen Konstanzer Standort aufbauen und haben uns mehrere Immobilien angeschaut. Diese hat das Rennen gemacht, weil wir hier ein eigenes Haus mit vielen kleineren Räumen haben. Das passt, weil wir oft vertrauliche Telefonate führen müssen.“
Die Ausstattung blieb weitgehend so, wie sie davor schon war. „Wir haben nur Möbel und Lampen mitgebracht, aber Tapeten, Bilder, die alte Standuhr und Kamine mieten wir quasi mit“, sagt Frank Eichelhardt. Er hat früher in modernen Räumen gearbeitet, schätzt aber die nicht ganz ebenen Böden und Decken im Stadtpalais. „Das hat mehr Charme“, findet der Patentanwalt. „Ein altes Haus hat keine Nachteile, im Gegenteil.“

Und für die vielen US-amerikanischen Klienten der Kanzlei sei nicht nur die Nähe zum Flughafen Zürich wertvoll. „Die schätzen auch das alte Haus, viele kennen sowas aus ihrer Heimat nicht“, so der 47-Jährige.