Cornelius Neidhart hat sich seit Beginn seiner medizinischen Laufbahn intensiv mit Virologie und Bakteriologie beschäftigt – genau genommen sogar schon davor. Nach dem Medizin-Studium wurde er zur Bundeswehr einberufen. In seiner Grundwehrzeit arbeitete er im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg in diesen Bereichen.

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Er war unter anderem zuständig für die Kochschule auf der Insel Sylt, die den Marine-Soldaten die Verpflegung für ihre Weltreisen anfertigte. „Das musste alles klinisch rein sein, damit sich die Personen auf ihren Weltreisen zur See nicht irgendwelche Bakterien oder Viren einfingen“, erinnert er sich.

Eine Packung mit Schnelltests.
Eine Packung mit Schnelltests. | Bild: Lippisch, Mona

Ebenso behandelte Cornelius Neidhart die Soldaten nach der Rückkehr – hier ging es auch um Geschlechtskrankheiten oder Infektionen der Harnröhren. „Ich habe sozusagen von klein auf die richtigen Abstrichtechniken gelernt, die mir heute zugute kommen.“

Die Praxis von Cornelius Neidhart ist wie eine Handvoll weiterer in Konstanz mittlerweile Corona-Schwerpunktpraxis. Diesen Schritt kann man nicht einfach so vollziehen. Die Kassenärztliche Vereinigung muss diesem Ansinnen nach einer Prüfung zustimmen.

„Anfang 2021 war klar, dass das Gesundheitsamt mit der Diagnostik überfordert ist“, erklärt er. „Für mich war der Punkt erreicht, etwas ändern und helfen zu wollen.“ Also machte er aus der Not eine Tugend und packte im Sinne der Gesellschaft mit an: Cornelius Neidhart ließ seine Beziehungen spielen und orderte umgehend in einem großen Augsburger Labor mehrere hundert Schnelltests, eine Mitarbeiterin holte die noch am Abend ab.

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Seither absolviert er Tests sozusagen im Schnelldurchlauf. Wer in seiner Praxis auch ohne Symptome getestet werden möchte, kann das Prozedere am Balkon direkt vor der Praxis über sich ergehen lassen. „Wir bitten die Menschen durch unser kleines Fenster neben dem Eingang, doch bitte vors Gebäude zu gehen“, so Cornelius Neidhart. „Dort erscheinen wir dann in Schutzkleidung und nehmen den Abstrich vor.“

An diesem Fenster vor der Praxis erhalten die Verdachtsfälle oder die Menschen mit Symptomen Krankmeldungen, Medikamente oder andere ...
An diesem Fenster vor der Praxis erhalten die Verdachtsfälle oder die Menschen mit Symptomen Krankmeldungen, Medikamente oder andere wichtige Unterlagen. Dadurch wird verhindert, dass das Virus in die Räume gelangen kann. | Bild: Schuler, Andreas

Mitarbeiter des Labors holen die Tests abends vom Balkon ab – das hat sich im Laufe der Zeit perfekt eingespielt. „Somit können wir unsere Räume klinisch rein halten.“ Wenn der Schnelltest positiv ist, macht er sofort einen PCR-Test, der noch genauer ist.

Cornelius Neidhart und Medizinstudentin Paulina Schimmelfennig auf dem Balkon.
Cornelius Neidhart und Medizinstudentin Paulina Schimmelfennig auf dem Balkon. | Bild: Schuler, Andreas

Der Allgemeinmediziner übernahm somit freiwillig Aufgaben des Gesundheitsamtes. „Die Menschen dort hatten so viel zu tun, die waren wirklich überlastet“, sagt er. „Wir haben die positiv getesteten Menschen gleich in Quarantäne geschickt und täglich mit ihnen telefoniert.“

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Und nun wartet er darauf, auch in seiner Praxis Patienten gegen das Virus impfen zu können. „Wir sind bestens vorbereitet“, sagt Cornelius Neidhart. Er geht in den Raum, in dem Medikamente, andere Impfdosen und weitere Utensilien des täglichen Bedarfs einer Hausarztpraxis auf Anwendung warten.

Einer der Kühlschränke für Impfdosen. „Wir könnten morgen loslegen“, sagt Cornelius Neidhart. Der Mediziner rechnet aber ...
Einer der Kühlschränke für Impfdosen. „Wir könnten morgen loslegen“, sagt Cornelius Neidhart. Der Mediziner rechnet aber nicht vor Ostern mit einem Impfstart in Arztpraxen. | Bild: Schuler, Andreas

„Dadurch, dass wir eine zertifizierte Gelbfieber-Impfstelle sind, haben wir große Erfahrung mit dieser Thematik. Wir impfen jeden Tag. Grob gesagt, gibt es 40 Impfstoffe. Wir stehen Gewehr bei Fuß und sind in Sachen Lagerung und Dokumentation bestens vorbereitet und könnten sofort im Akkord impfen.“ Jetzt fehle nur noch das Wesentliche – der Impfstoff.

Cornelius Neidhart in seiner „Vorratskammer“. Hier findet er alles, was er für die Impfung benötigt.
Cornelius Neidhart in seiner „Vorratskammer“. Hier findet er alles, was er für die Impfung benötigt. | Bild: Schuler, Andreas

Er erwartet, dass die Dosen für die Arztpraxen nicht wie üblich über die Apotheken verteilt werden, sondern direkt über die Länder. „Bisher sind wir als letztes Zipfele des Landes da sehr schlecht weggekommen“, sagt er. „Das sollte nicht noch einmal passieren.“

Seine Eltern und Schwiegereltern sind alle über 80 Jahre alt. „Sie wurden in Ulm, Offenburg und Stuttgart geimpft“, erzählt Cornelius Neidhart. „Zehn Tage haben wir vergeblich versucht, Termine in Singen zu erhalten.“ Er wurde in Freiburg geimpft, seine Frau in Singen.

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Sie ist Medizinische Fachangestellte in der Praxis ihres Mannes, derzeit hilft Sibylle Neidhart im Impfzentrum in Singen einmal pro Woche aus. „Auch ich wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer im Dezember gefragt, ob ich mit meiner Erfahrung dort mitarbeiten könne“, erinnert sich Cornelius Neidhart. „Das fand ich toll und habe gleich zugesagt. Bis vor drei Wochen dann ein Brief kam, in dem stand, dass man mich doch nicht brauchen könne, da so wenig zu tun sei.“

Die Kurve eines Covid-Krankheitsverlaufes.
Die Kurve eines Covid-Krankheitsverlaufes. | Bild: Schuler, Andreas

Gleichzeitig berichten ihm Patienten, dass sie seit vier Wochen auf der Warteliste stünden und seither nichts mehr gehört hätten. „Wir hier unten sind echt abgehängt. Schlimm.“

Das Schild vor der Praxis in der Sepp-Biehler-Straße in Allmannsdorf.
Das Schild vor der Praxis in der Sepp-Biehler-Straße in Allmannsdorf. | Bild: Schuler, Andreas

In seiner Praxis liegt ein Block aus, in den sich Patienten mit Impfwunsch eintragen können. Vier DINA-4-Seiten sind bereits voll. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir vor Ostern impfen. Wir könnten aber morgen schon loslegen.“