Fremdelt das politische Konstanz zunehmend mit der Wirtschaft und dem Wirtschaftsstandort? Und gibt es im mehrheitlich links-grünen Gemeinderat kein Interesse mehr an Gesprächspartnern aus den Unternehmen der Stadt? Diese Fragen stellten sich nicht nur Stadträte in den vergangenen Wochen. Auch in der Wirtschaft wurde die Frage laut, wie groß der Rückhalt aus der Politik noch ist.
Der Auslöser waren Überlegungen, ausgerechnet den Wirtschaftsausschuss des Gemeinderats abzuschaffen und damit einen der wenigen festen Termine, bei dem sich Vertreter aus den Fraktionen, den Firmen, Banken und Hochschulen der Stadt regelmäßig begegnen.
Mindestens zweimal im Jahr trifft sich die Runde – oft bei einem Konstanzer Unternehmen oder zuletzt an der Universität. Dabei sind gewählte Stadträte sowie Vertreter aus verschiedenen Branchen – zum Beispiel die Hochschul-Chefinnen Katharina Holzinger (Universität) und Sabine Rhein (HTWG), Paul-Georg Friedrich von den Kliniken Schmieder, Armin Karl von Ingun, Jürgen Riedlinger vom Fruchthof, aber auch Mathias Auch von der Arbeitsagentur. Und jetzt musste genau diese Runde über ihre eigene Zukunft sprechen – beziehungsweise sich damit auseinandersetzen, dass Teile der Politik sie für verzichtbar halten.
Politisches Schaulaufen oder gemeinsame Arbeit an wichtigen Themen?
Tanja Rebmann von der SPD offenbarte sich als eine, die dem Wirtschaftsausschuss bisher kritisch gegenüberstand. Zu viele Vorträge, zu wenig echter Austausch und kaum tatsächliche Beschlüsse, lautete ihre Kritik. Auch in der Freien Grünen Liste (FGL) gibt es offenbar solche Vorbehalte, aber nicht bei allen Fraktionsmitgliedern, wie Dorothee Jacobs-Krahnen auf Nachfrage von Oberbürgermeister Uli Burchardt zugab. Und Beobachter hatten zeitweise auch den Eindruck, dass ausgerechnet die Vertreter der Wirtschaft eher Zaungast-Status hatten und den Debatten der gewählten Politiker mehr zuhörten als eigene Punkte beitrugen.
Doch nun kommt genau aus dieser Richtung der Wunsch, den Wirtschaftsausschuss noch nicht sterben zu lassen, und nach eindeutigen Stellungnahmen ist zu erwarten, dass auch der neue Gemeinderat die Abschaffung nochmals auf den Prüfstand stellt. So sagte Paul-Georg Friedrich, der Austausch sei „für beide Seiten hilfreich, um bessere Ergebnisse zu erzielen“.
Verwaltung will am Austausch mit der Wirtschaft festhalten
Sowohl Charlotte Biskup aus dem Hauptamt als auch die beiden Hochschul-Rektorinnen betonten, dass insbesondere der Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik eher noch mehr Gewicht bekommen müsse. Wie es weitergeht, entscheidet sich nach den Wahlen und der politischen Sommerpause. Dass der Gemeinderat der Wirtschaft – und sei es nur symbolisch – die Tür vor der Nase zuschlägt, ist jedenfalls unwahrscheinlicher geworden.