Endlich geht es bei dem Neubauquartier „Am Horn“ weiter. Das Gros der Stadträte im Technischen und Umweltausschuss atmet auf. „Seit zehn Jahren ist das Modellprojekt im Gespräch“, sagt Jürgen Ruff (SPD). „Es kann ein gutes Projekt werden“, meint er. Und doch gibt es ein Aber, einen Haken, eine Unwägbarkeit.
Ohne Anker kein Gesamtprojekt
Als Erstes werden Baufelder als Ankergrundstücke in Erbpacht ausgeschrieben. Der sogenannte Anker ist Dreh- und Angelpunkt des gesamten Wohnbauvorhabens. „Er übernimmt Schlüsselthemen für die weiteren Anlieger“, so Marion Klose, Leiterin des Amtes für Stadtplanung und Umwelt (ASU).
Der Erwerber der Ankerflächen ist nicht nur für den Bau des Flexhauses, in dem sich unter anderem Parkplätze für Autos, Fahrräder sowie Carsharing-Plätze für alle künftigen Bewohner des Neubaugebiets befinden, zuständig. Er muss unter anderem auch die innere Erschließung des gesamten Areals planen und umsetzen sowie die teilöffentlichen Parkflächen anlegen und später pflegen.
Eigentlich war früher immer im Gespräch, die Wobak würde diese Ankerleistungen erbringen. Die städtische Wohnbaugesellschaft hat allerdings von diesem Vorhaben Abstand genommen. Sie habe nur beschränkte Ressourcen und würde sich aktuell auf die Projekte Bücklestraße und Marienweg konzentrieren, erläutert Liegenschaftsamtsleiter Christoph Sigg die Gründe.
Erst wenn der Anker fix ist, können die weiteren Bauflächen an Baugemeinschaften, Genossenschaften oder ähnliche vergeben werden. Für die Vergabe wurde bereits ein Anforderungs- und Bewertungskatalog ausgearbeitet. Die Konzepte der Bauwilligen würden dementsprechend mit Punkten bewertet.
Räte sehen ein Risiko
Die Räte vertrauen der Wobak, einem anderen Investor hingegen nicht unbedingt. „Was passiert, wenn der Anker wegbricht?“, fragt Gisela Kusche (FGL), die dann Stillstand befürchtet.

Auch Jürgen Ruff (SPD) ist skeptisch, denn: „Wenn es mit dem Anker nicht klappt, dann dauert es länger.“ Peter Müller-Neff stößt in die gleiche Richtung, als er sagt: „Ob neue Investoren das stemmen können, wage ich zu bezweifeln.“

„Auch wir waren uns nicht sicher, ob das funktioniert“, bekennt Christoph Sigg zum Ankerrisiko. Aber „wir haben mit Akteuren gesprochen“. Auch eine Markterkundung sei durchgeführt worden, so Marion Klose. Damit sind die Bedenken einiger Räte allerdings nicht ausgeräumt.
Ist Erbbaurecht das richtige Instrument?
Alle Baufelder sollen im Erbbaurecht vergeben werden. Gisela Kusche von der FGL findet dies begrüßenswert, weil die Stadt damit ihr Grundstück nicht aus den Händen gebe. Dies findet auch Holger Reile (Linke Liste). Andere Fraktionen sehen das Erbbaurecht eher kritisch. Gerade Achim Schächtle (FDP) und Daniel Groß (CDU) bezweifeln, dass sich dies für die Investoren, respektive die Bauwilligen rechne.
Dadurch, dass alle Baufelder ausschließlich im Erbbaurecht vergeben würden, könne die Spekulationsfreiheit gewährleistet werden, so Marion Klose. Christoph Sigg ergänzt, dass Erbbau mit all den Abhängigkeiten das richtige Instrument sei.
Bei dem Bauprojekt „Am Horn“ will die Stadt eine Zielgruppenbindung erreichen: Vorgesehen sind 30 bis 50 Prozent geförderter Wohnungsbau und 40 bis 60 Prozent im mittleren Segment. Der Bindungszeitraum soll „mindestens 25 Jahre“ betragen.
Räte setzen sich durch
Diese Punkte diskutieren die Räte eingehend, denn viele wünschen sich sowohl eine längere Bindungsdauer als auch eine höhere Quote im geförderten Wohnungsbau. Der TUA beschließt letztlich, dass die Bindefrist für den geförderten Wohnungsbau von mindestens 25 Jahre auf 25 bis 40 Jahre geändert und entsprechend der Höhe gepunktet wird.
Über einen Satz in der Sitzungsvorlage ist Gisela Kusche nicht nur gestolpert, sondern sogar „erschreckt“: „Dem Bewerber ist es freigestellt, aufgrund der aktuellen Kostenmiete vom mittleren Segment ganz oder teilweise abzuweichen.“ Sie stellt den Antrag, dass dieser Satz gestrichen wird, denn „sonst gäbe es kein mittleres Segment“; vielmehr sei zu befürchten, dass es zu Luxusbauten käme. Ihrem Wunsch wird entsprochen.
Der Anschluss ist verpflichtend
Das Projekt „Am Horn“ soll auch, was die Energieversorgung anbelangt, ein Vorzeigeprojekt werden. Die Stadtwerke prüften nun, ob ein Seewärme-Wärmenetz realisierbar sei. Sollte dies möglich sein, so würde den Bauwilligen – laut Vorlage – „ein Anschluss empfohlen“.
Das ist Gisela Kusche zu wenig. Sie stellte den Antrag, dass der Anschluss nicht nur empfohlen, sondern verpflichtend sein sollte. Das ginge allerdings nur unter der Voraussetzung, dass es ein Wärmenetz vorhanden sei, merkt Jürgen Ruff (SPD) an. „Diese Klausel braucht es halt schon.“
Der TUA stimmt mehrheitlich dem Antrag zu, der wie folgt geändert wurde: „Hinsichtlich der Wärmeversorgung gibt es eine Anschlusspflicht an das Seewärme-Wärmenetz, wenn es rechtlich möglich ist und zum Zeitpunkt des Bedarfs angeboten wird.“