Der erst im vergangenen Oktober in Ruhestand gegangene Mühlinger Pfarrer Hartwig-Michael Benz ist am vergangenen Donnerstag verstorben. Stockachs Stadtpfarrer Michael Lienhard arbeitete nicht nur in den Jahren nach dem Beitritt Mühlingens in die Seelsorgeeinheit Stockach mit ihm zusammen, sondern erlebte ihn auch im Privaten als einen von Lebensweisheit geprägten Mann, der alle Menschen, die ihm begegneten, gleichermaßen wertschätzte, wie Lienhard betont.
„Die letzten Wochen, in denen er beschlossen hatte, seine Krankheit in ihrer Endlichkeit anzunehmen, war er ganz offen gegenüber dem Tod und hat auch so darüber mit mir gesprochen“, so Lienhard. „Dies erinnerte mich an die Überlieferungen um das Sterben von Papst Johannes Paul dem II., welcher kurz vor seinem Tod sagte: ,Ich freue mich, freut ihr euch auch.‘“
Kindheitslektionen auf dem Gemüsefeld
Noch Ende Mai feierten sie gemeinsam das goldene Priesterjubiläum in der Stadtkirche St. Oswald. Sichtlich gezeichnet von seiner mit großer Stärke getragenen Krankheit war dieser Tag für Benz ein Etappenziel seines Wirkens als Priester gewesen. In diesem Gottesdienst gab er einen Einblick in sein Aufwachsen, welches stark geprägt wurde durch die Kriegsjahre und die Nachkriegszeit, in welcher für die Familie das Gemüsefeld, welches sie bewirtschaftete, überlebenswichtig war.

Er selbst verbrachte dort viel Zeit, denn anstatt mit anderen Kindern zu spielen, baute er Salat und Gemüse an, um mit dessen Verkauf Geld für die Familie zu erwirtschaften. Seine Mutter, so erzählte Benz, sah stets mehr in ihm, als seine schulischen Leistungen zeitweise widerspiegelten, schließlich waren letztere ja auch durch sein Sorgen für die Familie bedingt. Und er sagte, dass er als Kind gern Gärtner werden wollte.
Guter Draht zu Jugendlichen
Benz hatte immer einen guten Draht zu vielen Kindern und Jugendlichen an all seinen Wirkungsorten. Seine Ministranten waren ihm stets wichtig, und er bemerkte schnell, wenn einen von ihnen etwas bedrückte. Ganz gleich, ob in seiner Zeit in Buchen-Waldhausen in den Jahren 1978 bis 1992, aus der er immer noch Kontakte hatte, oder in Mühlingen, wo er in den darauffolgenden 29 Jahren der Seelsorge und pastoralen Arbeit ganze Heerscharen von Ministranten, Kommunionkindern, Sternsingern oder Grundschülern mit seiner Begeisterung für den Glauben angesteckt hat.

Keine Kommunionsvorbereitung verging ohne lustige Geschichten aus seiner Jugend und die Fragen zu den Tageslesungen, welche die Kinder frei beantworteten. Mit den Antworten baute er die Brücke zu der Bedeutung des Tageslosungstextes.
„Er verstand es, das Menschliche im Vordergrund zu sehen“
Für ihn war jeder Mensch wichtig, auch Kinder und Erwachsene am Rande der Gesellschaft. Er unterstütze wo immer möglich das Haus Samaria in Irndorf, um dort die Beratung von schwangeren Frauen in Konfliktsituationen zu ermöglichen. Viele Menschen kamen in Notsituationen zu ihm. Seine ruhige, besonnene und weitsichtige Art war beliebt.
Bürgermeister a.D. Manfred Jüppner sagt über Benz: „Er war ein Priester, der es verstand, das Menschliche im Vordergrund zu sehen.“ Gern erinnere er sich daran, dass Benz gemeinsam mit ihm anlässlich der 725-Jahr-Feier der Gemeinde in Soutane am Festumzug teilnahm.
Ein Pfarrer mit Humor
„Auch besuchte er in den Anfangsjahren die bunten Abende im Dorf. Sein Humor und sein schauspielerisches Talent offenbarte er in der Vertretung des heiligen Nikolaus beispielsweise beim Zoznegger Seniorennachmittag“, schildert Jüppner. Und: Der ehemalige Bürgermeister kennt Benz auch als Duo-Partner beim Musikmachen. Mit klassischem Gitarrenspiel traten die Beiden bei einem Benefizkonzert für die Renovation der Pfarrkirche St. Martin in Mühlingen als Instrumentalisten auf.
Benz verstand es gut, sich in seinem Pfarrhaus oberhalb der Kirche sein eigenes Reich einzurichten, hielt einst Wellensittiche und Schildkröten. Auch war er ein begeisterter Koch. Seine Liebe zu selbst angebautem Gemüse konnten die Mühlinger über viele Jahre im Garten neben dem Pfarrhaus sehen.
Benz war nicht nur in Mühlingen bekannt und tätig, von 2003 bis 2008 leitete er das Dekanat Östlicher Hegau und war bis 2011 stellvertretender Dekan, was er jedoch aus seinem Pflichtbewusstsein für ihm gestellte Aufgaben heraus und nicht aus einem Geltungsbedürfnis heraus tat. Für ihn waren es die Begegnungen mit den Menschen und die Begleitung in allen Lebenslagen, die sein pastorales Wirken ausmachten.
Der Erhalt und die Restauration der ihm zur Verwaltung übertragenen Kirchen und Kapellen lag ihm stets sehr am Herzen, und so begleitete er viele Renovationen in seiner Pfarrgemeinde mit. Benz war ein Wahrer von Traditionen, so waren ihm Prozessionen im Kirchenjahr wichtig. Die Vitusprozession in Zoznegg ebenso wie die Lichterprozession, welche zwischen der St.-Otmar-Kapelle auf dem Madachhof und der Pfarrkirche St. Peter und Paul in Mainwangen stattfand.
Martinsumzüge und das Martinsfeuer, mit Ross und Reiter, brachten sein Gesicht beim Erzählen der Legende des Heiligen Martin für die Kinder zum Strahlen. Jedes Jahr hielt er den Erntedankgottesdienst in der Wendelinuskapelle in Hecheln und organisierte die Wallfahrt zum Schenkenberg, bei welcher die erste Rast an der Raithaslacher Hütte bei Tagesanbruch stattfand. Kommunionkinderausflüge mit Wanderung durch das Donautal sowie das Ministrantenzeltlager gehörten für ihn ebenfalls Jahr für Jahr stets dazu.